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Das geschenkte Leben

Das geschenkte Leben

Titel: Das geschenkte Leben
Autoren: Robert A. Heinlein
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nicht, daß ihr Verstand nicht klar ist – lichte Augenblicke wechseln ab mit Perioden der Gestörtheit. Entscheidend ist für mich, daß die motorische Kontrolle mehr und mehr verfällt. Der kräftige junge Körper erhält den Kreislauf aufrecht – aber offen gesagt, Doktor, ich habe keine Ahnung, wie lange noch. Es könnte jeden Moment zu einem Versagen kommen. Verdammt, ich wünschte, ich hätte die Einrichtungen einer Intensivstation!«
    Der ältere Arzt schüttelte seinen Kopf. »Wir haben hier eine; sie ist ständig überbelegt. Wir leben an der Grenze, Doktor, und haben nicht die Zeit und die Mittel, ein einzelnes Leben mit einem gewaltigen Aufwand an Technik und Personal künstlich zu verlängern. Unsere Intensivstation ist für Fälle reserviert, bei denen die Wahrscheinlichkeit der Heilung gegeben ist. Ich will Ihr Spezialgebiet nicht herabsetzen – aber dies ist nicht der richtige Ort dafür. Hier versorgen wir Knochenbrüche, nehmen Blinddärme heraus und versuchen zu verhindern, daß ansteckende Krankheiten durch die Kolonie rasen. Und wenn die Zeit zum Sterben kommt, dann sterben wir und machen den Lebenden Platz. Angenommen, Sie hätten alles, was Sie sich wünschen – könnten Sie den Prozeß der Immunreaktion aufhalten? Rückgängig machen? Bestünde die Möglichkeit spontaner Remission, wenn Sie ihre volle lebenserhaltende Ausrüstung hätten?«
    »Nein. Wir könnten die Zeit verlängern, mehr nicht.«
    »So sagt die Literatur, aber ich wollte es von Ihnen hören. Nun, Doktor? Es ist Ihre Patientin.«
    »Wir holen das Kind.«
    »Gut. Ich werde sofort die Vorbereitungen treffen.«
     
    *
     
    Joan Eunice erwachte, als sie durch den Korridor gefahren wurde. »Roberto?«
    »Ich bin hier bei dir, Liebste.«
    »Wohin bringen sie mich? Soll ich wieder unter das Messer?«
    »Ja, Joan.«
    »Warum, Liebster?«
    »Weil die Wehen nicht eingesetzt haben. Also werden wir es jetzt auf die leichte und elegante Weise machen – Kaiserschnitt. Du brauchst keine Angst zu haben. Es ist noch einfacher als einen Blinddarm herausnehmen.«
    »Roberto, du weißt, daß ich mir keine Sorgen mache. Tust du es selbst?«
    »Nein, der Chefarzt der gynäkologischen Abteilung. Er ist viel erfahrener und geübter als ich. Doktor Frankel. Du hast ihn gesehen, er untersuchte dich heute morgen.«
    »Ja? Ich habe es vergessen. Roberto, ich muß Winnie etwas sehr Wichtiges sagen. Es handelt sich um den Namen meines Kindes.«
    »Sie weiß es, Joan; sie hat es aufgeschrieben. ›Jacob Eunice‹ oder ›Eunice Jacob‹.«
    »Oh, gut. Dann ist alles in Ordnung. Aber sag ihnen, sie sollen schnell machen. Ich liege nicht gern herum und warte.«
    »Es wird schnell gehen, Joan, und du wirst es gar nicht merken.«
    »Das ist komisch, du hast mich ›Joan‹ genannt. Mein Name ist ›Johann‹, Doktor. Agnes wird es gut überstehen, nicht wahr?«
    »Ja, Johann. Agnes – wird es gut überstehen.«
    »Ich sagte es ihr. Doktor, ich fühle mich schläfrig. Falls ich einschlafen sollte, werden Sie mich wecken, bevor Agnes ihr Baby bekommt?«
    »Ja, Johann.«
    »Danke … Doktor …«
     
    *
     
    »Roberto? Wo bist du? Ich kann dich nicht sehen.«
    »Hier neben dir, Liebe.«
    »Faß mich an. Leg deine Hand an mein Gesicht, weiter unten kann ich nichts fühlen. Roberto, was ich kaufte, war ein wundervolles Jahr – und ich bedaure es nicht. Haben sie angefangen?«
    »Noch nicht ganz. Wolltest du nicht schlafen, Joan?«
    »Muß ich? Ich würde es lieber nicht tun. Ich fühle mich schläfrig – träumerisch und gut … aber ich möchte noch nicht einschlafen. Die Götter haben das Los geworfen, nicht? Zeit, die Kugel zu beißen und Kopf hoch und all das.
    Aber ich brauche das nicht, ich bin glücklich. Komm näher, Liebster, ich muß dir sagen, warum. Näher … kann nicht … sehr laut sprechen.«
    »Verdammt, Schwester, gehen Sie mir aus dem Weg!«
    »Alles schmerzt immer, Roberto – alles. Immer. Aber manche Dinge sind alle die Schmerzen wert, ›Ich hab’ mein Herz in Heidelberg verloren!‹ Das … war nicht … was ich sagen wollte; das ist Jake, er singt wieder. Singt immer, wenn er glücklich ist. Komm ganz nahe … damit ich es dir sagen kann, bevor ich schlafe. Ich danke dir, Roberto … für deine Liebe, deine Gesellschaft … Es ist nicht gut, zuviel allein zu sein. Du hast mich gesegnet, Lieber … mit deiner Freundschaft und mit deinem Körper. Nun werde ich eine Weile schlafen, wenn ich darf … aber vorher mußte ich dir das sagen.
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