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Das Geschenk

Das Geschenk

Titel: Das Geschenk
Autoren: ikarus 2.0
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beruhigend ein. Aber der schob trotzig den Arm der Honigschnitte weg, und drückte sich ein Taschentuch auf die Stirn. Ich beobachtete im Rückspiegel wie sie zu mir kamen. Drei Große und ein Kleiner. Die beiden Großen glichen sich wie ein Ei dem anderen, und sie sahen auch der Honigschnitte total ähnlich. Garantiert Brüder. Der Kleine passte gar nicht dazu. Entweder war er das Ergebnis eines Seitensprungs, oder irgendein Freund oder Verwandter.
     
    Honigschnitte setzte sich zu mir nach vorne, die drei anderen auf den Rücksitz. … Wohin auch sonst? … Sie redeten lautstark auf türkisch aufeinander ein. Ich verstand kein einziges Wort. Schließlich fragte ich meinen Beifahrer:
     
    „Wo soll's denn hin gehen?“
     
    „Isch glaub' isch muss Döner. Isch hab' voll krass Hunger, ehj!“
     
    Von hinten hörte ich:
     
    „Mensch Cem, wie oft habe ich dir schon gesagt, dass du vernünftiges Deutsch sprechen sollst. Dein 'Kaja-Yanar-Sprech' kannst du dir für deine Kumpels aufheben.   
    Wenn unser Vater dich so hören könnte!“ - und zu mir - „Fahren sie uns zum Humboldhain, nach Wedding.“
     
    Ich fuhr los. Eine gute Tour nach da oben. Meine Fahrgäste waren schweigsam.
    Ich bemerkte beim Blick in den Spiegel, dass sich der eine Bruder, der Aufgeregte, immer noch das Taschentuch an die Stirn hielt. Selbst in dem schlechten Licht sah ich, dass es blutdurchtränkt war. Ich reichte ihm ein Frisches über die Schulter nach hinten und hielt ihm meinen Müllbeutel für das rote Kleenex hin.
     
    „Danke!“, sagte er und tupfte sich noch mehr Blut von der Stirn.
     
    „Sollen wir nicht lieber ins Krankenhaus fahren?“, fragte ich. „Das Urban ist nicht weit. Vielleicht muss das genäht werden. Das blutet ja wie Sau.“
     
    „Nee, auf keinen Fall Krankenhaus. Das ist bloß ein Kratzer.“
     
    Aber das Tempo war schon wieder ganz voll von seinem Blut.
     
    „Das sollten sie nicht so lassen“, sagte ich und reichte ein weiteres Tuch nach hinten.
    „ Soll ich mir das mal ansehen? Ich hab' mal in der Pflege gearbeitet und den Notarztkasten hinten drin.“
     
    „Nee, Nee, nachher stehen fünfzig Euro auf der Uhr. Das geht schon irgendwie.“
     
    Ich sah kurz nach hinten, blinkte, fuhr rechts ran und schaltete das Taxameter aus.
     
    „Also daran soll es nicht scheitern. Heute ist das Fest der Nächstenliebe und des Schenkens. Ich lasse sie nicht blutend in meinem Taxi sitzen. Soweit kommt's noch!“
     
    Ich stieg aus, holte den Verbandskasten aus dem Kofferraum und bat Honigschnitte  nach hinten zu gehen, und seinen Bruder, nach vorne zu kommen. Im Licht des Beifahrersitzes sah ich mir die Wunde an. Es war doch nicht so schlimm wie es ausgesehen hatte. Eine kleine Platzwunde. Ich nahm meine Wasserflasche, befeuchtete ein Stück Mull und tupfte ihm das Blut rund um die Wunde ab und suchte nach dem Desinfektionsspray.
     
    „Das brennt jetzt ein bisschen!“, sagte ich und sprühte ein paar Stöße drauf.
     
    „AAAAUUUAAAHHH!!!“, schrie der harte türkische Macho auf.
     
    „Sorry, das muss sein! Aber das hört gleich auf !“
     
    Die drei von hinten sahen gespannt zu was ich da mit ihrem Bruder, beziehungsweise Freund oder Verwandten so anstellte.
     
    „Ehj, iss ja voll krass Alter! Bissu 'n Doktor?“, fragte Honigschnitte aufgeregt.
     
    Sein Bruder, der neben ihm saß, gab ihm einen leichten Klaps auf den Hinterkopf.
     
    „Hast du nicht gehört was unser Bruder gesagt hat? Du sollst hochdeutsch reden. Und duze den Taxifahrer nicht. Was soll der denn von uns denken?“
     
    „Ach was!“, sagte ich. „Ich war doch auch mal so jung. … Ich war sogar schon mal viel jünger als er! … Von mir aus kann er ruhig 'Du' sagen. Da fühl' ich mich nicht mehr so alt.“
     
    Das Spray war inzwischen getrocknet, und ich fischte ein großes Pflaster aus dem Kasten.
     
    „So, tut mir leid, aber ich muss ihnen nochmal weh tun. Die Wundränder müssen zusammen gezogen werden, damit es keine Narbe gibt. Vielleicht sieht man hinterher noch einen kleinen Cut. Aber ich tue was ich kann!“
     
    Ich machte mir an der Wunde zu schaffen. Sie war ja wirklich nicht groß!
     
    „AAAAHHHH … PASS' DOCH AUF!!!“
     
    „Das war's schon. Das Pflaster wird halten. Sieht gar nicht schlecht aus. Steht ihnen gut!“
     
    Der junge Mann stöhnte leidend.
     
    „Danke! … Aber ich finde, wir sollten uns jetzt alle duzen. Schließlich sind wir jetzt ja so eine Art Blutsbrüder. Und unter Brüdern sagt man
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