Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Gelobte Land

Das Gelobte Land

Titel: Das Gelobte Land
Autoren: Einar Kárason
Vom Netzwerk:
weiterzufahren. Er nickte mit dem Kopf, rief dann nach mir, als ich mich schon wieder umgedreht hatte.
    – Leih mir etwas Geld.
    Ich zog ein paar Scheine aus der Tasche, zwanzig, dreißig Dollar, und wollte sie gerade zählen, aber er riss mir das Geld aus der Hand. Ging dann hinüber zu den Männern, die ihn im Poker besiegt hatten, und forderte sie zu einem Billardspiel heraus. Sagte zu mir, ich solle einen Augenblick warten.
    Sie spielten zwei Spiele. Das erste gewann Bóbó ganz knapp, so dass beim zweiten um größere Einsätze gespielt wurde. Da räumte er den Tisch mit einer Mustervorstellung ab. Und die Männer standen mit offenen Mündern und waren verblüfft, aber auch ein bisschen hingerissen, nannten Bóbó The Champ, und er gab eine Runde für die ganze Bar aus. Bóbó stand eine Weile zwischen all den Männern, die sich um ihn drängten, und erzählte ein wenig von sich, während Manni und ich zusammengesunken über unseren Bierdosen in einer Ecke warteten.
Dann kam Bóbó, lächelnd und glänzend gelaunt, warf Manni und mir etwas Geld hin und fragte: – Was schulde ich euch? Wollten wir uns nicht vom Acker machen?
     
    Ich hatte halbwegs erwartet, dass Bóbó sich bei Manni entschuldigen würde, ich fand, er schuldete ihm das, doch nichts dergleichen tat sich. Aber er war in guter Stimmung, pfiff und war laut, und als wir uns an der Bushaltestelle Fahrkarten besorgten, kniff er Manni in den Hintern. – Lassdas!, sagte Manni, und Bóbó lachte und ahmte ihn nach: – Lasssdasss!
    Manni bereute es mittlerweile, Bóbó mitgenommen zu haben. Das vertraute er mir an, während wir auf den Bus warteten und Bóbó für einen Moment weggegangen war.
    – Du wolltest doch unbedingt, dass er mitkäme, sagte ich.
    – Ja, man hat eben nicht gleich begriffen, was für ein Irrer er ist, sagte Manni bitter und sah sich schnell um, als ob er fürchtete, dass jemand ihn belauschte. – Vielleicht ist diese Fahrt eine einzige, verdammte Dummheit!
    – Wir werden nicht umkehren deshalb, sagte ich.
    – Ja, warum nicht?, sagte Manni. – Wir haben einen Geisteskranken bei uns, an den wir denken müssen. Dann verstummte er und biss sich auf die Unterlippe und begann, den Boden durch seine dicke Brille zu studieren, da Bóbó in diesem Augenblick zurückkam.
    – Gott, wie traurig ihr da zusammen rumhängt, sagte er.
    – Ist irgendwas? Zog dann eine Zeitung hervor und begann zu lesen, leise vor sich hinsummend.
     
    Dann fuhr der Bus ab. Wir setzten uns in die hinterste Sitz-reihe, und Bóbó breitete sich zwischen uns aus und erzählte weiter Geschichten. Sprach pausenlos. Klapperte mit seinem Ring an der leeren Bierdose. Nun erzählte er Geschichten vom
Billard. Manni hatte aufgehört zu zwitschern und zu rufen, wie toll das alles wäre, und versuchte, nicht zu lachen, doch ohne Erfolg. Bóbó begann, ihm eine Geschichte von einem Familienvater zu erzählen, der ein leidenschaftlicher Billard-spieler war und regelmäßig seinen Monatslohn verspielte, bis Frau und Kinder es nicht mehr ertragen konnten und ihn verließen. Als der Mann auf diese Weise alles durch seine Spielsucht verloren hatte, beschloss er, niemals wieder einen Billardstock anzurühren.
    – Hochheiliges Ehrenwort. Wurde gläubig. Traf seine beiden Kinder jeden zweiten Sonntag. Spendierte ihnen Eis und Würstchen und Kinokarten. Aber eines Sonntags besitzt er keine einzige Krone mehr. So steht es einfach um den armen Kerl. Er will natürlich nicht, dass die Kinder begreifen, wie elend sein Zustand ist, fängt an herumzutelefonieren, und versucht, irgendwo Geld für Kinokarten herzukriegen, aber nichts geht. Am Ende ist er so mit den Kindern auf den Fersen unten im Stadtzentrum angekommen und fängt an, um die Billardsalons herumzuschleichen. Sagt ihnen schließlich, sie sollen einen Moment warten, und geht auf eine Partie Kugelschach hinein. Und kommt eine halbe Stunde später mit einem dicken Packen Geldscheine wieder heraus und lädt sie alle ins Kino ein.
    – Da war nun sein Enthaltsamkeitsgelübde dahin, sagte Bóbó und drehte sich zu Manni. – Findest du das nicht bemerkenswert? Mein Kleiner?
    – Doch, sagte Manni.
    – Entschuldige, wenn ich mich danebenbenommen habe, ich bin einfach so gestresst von dem Gedanken, dieses Pack wiederzutreffen.
    Manni verzieh und lachte wieder. Und ich fragte Bóbó doch nicht, warum er immer mein Kleiner sagte, als ob er mit Windelkindern spräche.

    Spät abends kamen wir zu dem Ort, in dem Omas Brief
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher