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Das geht auf keine Kuhhaut

Das geht auf keine Kuhhaut

Titel: Das geht auf keine Kuhhaut
Autoren: Gerhard Wagner
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Minute entscheidend. Die Armbrust war in Treffgenauigkeit, Reichweite und Durchschlagskraft überlegen, jedes Spannen und Laden dauerte aber eine Minute. Daher war sie zwar für Belagerungen gut geeignet, für Schlachten blieb aber der Bogen die wirkungsvollere Waffe. Die Schlacht von Azincourt 1415 wurde durch – zahlenmäßig weit unterlegene – englische Bowmen gegen französische Armbrustschützen gewonnen, und in der Siegesparade sollen die Bogenschützen als Hinweis auf den Grund ihres Sieges die gespreizten „Schützenfinger“, nämlich Zeige- und Mittelfinger, dem jubelnden Volk gezeigt haben. Die grausame Pointe ist, dass Bogenschützen, die in Gefangenschaft gerieten, diese beiden Finger abgeschnitten wurden, damit sie nie wieder schießen konnten.
    „Etwas aus dem Hut ziehen“
    ein überraschendes Argument bringen
    D ie Vermutung liegt nahe, dass diese Redewendung aus der Welt des Varietés oder des Zirkus kommt. Weiße Kaninchen scheinen ja nachgerade dazu geschaffen worden zu sein, von einem Zauberer aus dem Zylinder gezogen zu werden. Aber die Wurzel dieser Redensart könnte sehr viel tiefer in der Geschichte wachsen. Sie soll nämlich zurückgehen auf die Gewohnheit von Bogenschützen, unter ihrem Helm, auch eiserner Hut genannt, Ersatzsehnen mit sich herumzutragen. Diese konnten im Falle, dass die Sehne ihres Bogens riss, aus dem Hut gezogen und gespannt werden; der Kampf konnte ohne wesentliche Verzögerung weitergehen. Weil das Ersatzteillager nicht sichtbar gewesen war, kam die Reparatur für den Feind überraschend, weshalb die Redewendung bis heute diesen Charakter hat.
    |22| „Etwas im Schilde führen“
    schlechte Absichten haben
    W appen waren so etwas wie die Nummernschilder des Mittelalters. Genau wie heute Insassen von Blechkarossen, konnte man Ritter nicht identifizieren, weil sie von Kopf bis Fuß in einer Rüstung steckten. Die Kampfspiele des 12. Jahrhunderts waren deshalb für die Zuschauer unübersichtlich; sie konnten die Teilnehmer nicht erkennen. Also markierte man die Kämpfer durch farbige Symbole auf den Schutzschilden und Helmen. (Die Redewendung Farbe bekennen mit der Bedeutung „sich zu jemandem bekennen“ hat übrigens damit nichts zu tun, sondern mit dem Kartenspiel, in dem oft eine bestimmte Kartenfarbe gespielt werden muss.) Wenn ein gewappneter Ritter auf eine Burg zuritt, führte er meist nichts Gutes im Schilde, sonst wäre er mit offenem Visier gekommen; deshalb hat diese Redensart einen negativen Sinn. Auch wir führen in unseren Autokennzeichen noch etwas im Schilde, nämlich Wappen des zulassenden Landkreises oder der Stadt. Der Ausdruck Flagge zeigen kommt aus der Seefahrt, in der Schiffe durch Flaggen kenntlich gemacht werden.

    „Eine Lanze brechen“
    jemanden verteidigen, für jemanden eintreten
    D iese Redewendung lautet eigentlich korrekt „eine Lanze einlegen“ und entstammt dem mittelalterlichen Turnierwesen. Wenn man sich im Kampfgetümmel für einen Freund einsetzte, legte man seine Lanze ein – das bedeutet, man klemmte sie sich zwischen rechten Oberarm und rechten Brustpanzer, wo zu diesem Zweck meist ein passender Haken angebracht war – und ritt auf den betreffenden Gegner los. Bei diesen durchaus brutalen Zweikämpfen riskierte man den Bruch seiner Lanze, was die andere Version der Redewendung erklären mag. Im übertragenen Sinne wurde sie erst im 18. Jahrhundert verwendet. Heute legt man aber – statt einer Lanze – ein gutes Wort ein. Das Wort „Lanze“ wurde übrigens erst ab 1200 als Lehnwort aus dem Französischen benutzt, im Mittelhochdeutschen hieß sie „sper“.
    |23| „Nach einer Devise leben“
    ein Lebensmotto haben
    I m Gegensatz zu den Devisen, den ausländischen Zahlungsmitteln, die naturgemäß immer im Plural vorkommen, gibt es die hier gemeinte Devise nur im Singular, denn ein Mensch, der eine Devise hat, folgt einem Lebensziel. „Amor vincit omnia – Liebe besiegt alles“ war zum Beispiel die Devise hochmittelalterlicher Ritter. Heraldiker nennen die Devise auch „Panier“, wenn sie in einem Spruchband unter dem Wappenschild steht. Auch heute noch haben viele Staaten einen Wahlspruch. Vor allem bei Staaten, die eine nicht einheitliche Bevölkerung haben, beschwört dieser bezeichnenderweise oft Einigkeit: „In der Einigkeit liegt die Kraft” ist der Wahlspruch von Belgien, und die Devise der Europäischen Union formuliert es andersherum, meint aber dasselbe: „In varietate concordia – In Vielfalt
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