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Das Geheimnis von Vennhues

Das Geheimnis von Vennhues

Titel: Das Geheimnis von Vennhues
Autoren: Holtkoetter Stefan
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so sonderbare Weise angesehen. Dieser Blick hatte sich in sein Gedächtnis gebrannt. Er hatte ihn angesehen, als blickte er in einen Abgrund.
    Mit dem Wagen jagte er die ausgestorbene Straße hinunter. Im Rückspiegel sah er die Bauern mit ihren Forken und den Gewehren, die aufgeregt hinter ihm herliefen. Doch sie waren langsam, und Manfred wusste bereits, wohin Peter fliehen würde. Er war im Vorteil. Bis die ersten von ihnen ihre Wagen erreicht hatten, würde er einen guten Vorsprung haben. Er brauchte jetzt nur noch Peter einzuholen. Um ihn dann davon zu überzeugen, dass ein Fremder diese Morde begangen haben musste. Kein Vennhueser wäre zu solchen Taten fähig. Wenn er erst davon überzeugt wäre, ginge alles wieder in Ordnung.
    Manfred wusste, dass Peter die Wahrheit nicht verstehen würde. Er konnte die Dinge einfach nicht in ihrer Tiefe erkennen. Manfred selbst wusste, dass es richtig war, was er getan hatte. Doch Peter würde es nicht begreifen. Er hatte eine so reine Seele, und er war so unbekümmert in diesen Dingen. Manfred konnte ihm daraus keinen Vorwurf machen. Peter war wie ein kleines Kind, das man beschützen musste. Er musste das Böse von ihm fernhalten.
    Die Straßen waren menschenleer, und es dauerte weniger als eine Minute, bis Manfred die Dorfmitte vor sich hatte. Er sah eine Gestalt über den Platz zur Kirche laufen und wusste sofort: Das war Peter. Er war auf dem Weg ins Moor.
    Manfreds Scheinwerfer erfassten ihn, und er blickte erschrocken auf. Wie ein gehetztes Tier sprang er auf den Parkplatz und versuchte sich in Sicherheit zu bringen. Doch Manfred fuhr im Bogen auf den Platz und schnitt ihm den Weg ab. Dann machte er eine Vollbremsung.
    Peter erkannte, wer im Wagen saß und kam zögernd näher.
    Manfred beugte sich zur Seite und stieß die Beifahrertür auf.
    »Steig ein, schnell!«, rief er. »Ich bringe dich über die Grenze.«
    Peter sah ihn unschlüssig an und blieb schwer atmend vor der Motorhaube stehen.
    »Was ist denn!«, rief Manfred. »Sie sind bereits auf dem Weg hierher. Beeil dich!«
    Peter schüttelte den Kopf und stützte sich keuchend auf seine Knie.
    »Nein«, sagte er. »Nein, Manfred. Ich gehe allein.«
    Dann raffte er sich auf und lief weiter.
    »Peter! Bist du verrückt? Ich bringe dich in Sicherheit.«
    Er blieb noch einmal stehen und wandte sich zu Manfred um.
    »Hast du etwas mit den Morden zu tun?«, fragte er.
    »Nein!« Manfred spürte Panik in sich aufsteigen. »Nein, natürlich nicht. Wie kannst du das denken?«
    Doch offenbar hatte er Peter nicht überzeugt.
    »Geh nach Hause, Manfred. Ich komme allein zurecht.«
    Er wandte sich ab und lief weiter zum Prozessionsweg. Es dauerte nur Sekunden, dann war er hinter der Kirchenmauer verschwunden.
    Manfred sah ihm wie gelähmt hinterher.
    Er konnte doch nicht zulassen, dass Peter ihn für ein Monster hielt. Das würde er weniger ertragen als alles andere. Ihm blieb keine Wahl. Hektisch blickte er sich um. Am Ortsausgang sah er die Scheinwerfer herannahender Autos. Sie überholten einzelne Bauern, die sich zu Fuß dem Dorfkern näherten.
    Die Zeit lief ihnen davon. Er musste Peter in Sicherheit bringen. Sonst würden die Bauern ihn schnappen. Oder die Polizei, die bestimmt schon auf dem Weg hierher war. Er durfte nicht zulassen, dass Peter wieder eingesperrt würde. Für etwas, das er niemals getan hatte.
    Er stieß die Tür auf und sprang auf den Parkplatz. Den Motor ließ er laufen. Wahrscheinlich zählte von jetzt an jede Sekunde. Er musste Peter einholen und ihn zurückbringen. Er musste ihn über die Grenze bringen und von dort weiter ins Landesinnere. Ein letztes Mal sah er sich um zu den Bauern. Dann lief er los und folgte Peter ins Moor.

29
    Hambrock fuhr in hohem Tempo über die Wirtschaftswege. Er achtete nicht auf die vielen Schlaglöcher, die ihn durchschüttelten. Er durfte keine Zeit verlieren. Der Schuss stammte aus einem Jagdgewehr, und er konnte nur hoffen, dass niemandem etwas passiert war.
    Am Ende des Birkenwalds bog er auf eine asphaltierte Straße und fuhr in das Neubaugebiet hinein. Bereits von weitem sah er die hell erleuchtete Auffahrt von Manfred Heesing. Nachbarn standen verwirrt auf der Straße und redeten miteinander. Kempers Gruppe hatte sich offenbar längst aufgelöst.
    Hambrock hielt mit dem Mercedes vor Manfreds Haus. Auf dem Bürgersteig stand Jürgen, sein Schwager. Er winkte ihm zu, lief zur Fahrerseite und öffnete die Tür.
    »Hallo, Jürgen«, sagte Hambrock und stieg
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