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Das Geheimnis von Vennhues

Das Geheimnis von Vennhues

Titel: Das Geheimnis von Vennhues
Autoren: Holtkoetter Stefan
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Sein Mund verzog sich, und er begann erneut zu schluchzen. Seine Mutter schaukelte ihn und steckte ihm dann einen Schnuller in den Mund.
    »Was das bringen soll?« Hambrock sah sie wenig überzeugt an. »Manchmal bekommen wir nach vielen Jahren ein Geständnis. Ich möchte mit ihm in Ruhe über den alten Fall reden.«
    »Du denkst, er gibt heute den Mord zu, den er damals verleugnet hat?« Sie zog skeptisch die Stirn in Falten. »Wieso sollte er das tun?«
    »Vielleicht um sein Gewissen zu erleichtern.«
    Diese Option schien sie nicht zu überzeugen. »Na dann, viel Glück!«, sagte sie und stand auf. »Vielleicht sollten wir jetzt den Tisch decken. Komm schon! Oder muss ich wieder alles alleine machen?«

6
    Peter Bodenstein hatte Rührei und Bratkartoffeln für seinen Vater gemacht. Nicht gerade ein Festessen, doch zu mehr reichten seine Kochkünste nicht aus. Werner Bodenstein war aus dem Dorf zurückgekehrt und hatte sich schweigend an den Küchentisch gesetzt. Peter ahnte bereits, dass es beim Frühschoppen noch einigen Streit gegeben haben musste. Offensichtlich hatte sich sein Vater nicht durchsetzen können.
    Doch das störte Peter gar nicht so sehr. Sollten sich die Leute im Dorf ruhig das Maul zerreißen. Sie würden nichts gegen ihn ausrichten können. Er hatte keine Angst mehr vor ihnen.
    Werner Bodenstein nahm ein Stück Weißbrot, wischte damit über den leer gegessenen Teller und steckte es in den Mund.
    »Was immer die Leute denken«, sagte er kauend. »Einen gibt es jedoch, auf den hast du heute großen Eindruck gemacht.«
    »Das habe ich bemerkt«, sagte Peter amüsiert. »Ich konnte bei dem Mädchen damit punkten, schon einmal Piraten gesehen zu haben.«
    Sein Vater sah ihn überrascht an. »Klara meinte ich nicht.«
    »Wen denn dann?«
    »Timo. Ihren großen Bruder. Er hat mich gefragt, ob er uns besuchen darf. Er möchte sich unbedingt ausführlicher mit dir unterhalten.«
    Peter schob den Teller von sich. »Möchte er wissen, wie ein skrupelloser Lustmörder aus der Nähe aussieht?« Es war ironisch gemeint, doch seine Stimme war voll Bitterkeit.
    Sein Vater versteifte sich. »Ich möchte nicht, dass du so redest. Es gibt genug Leute im Dorf, die solche Dinge sagen. Hier in meinem Haus will ich so etwas nicht hören.«
    Er stand auf und stellte seinen Teller in die Spüle. Ohne ein weiteres Wort verschwand er aus der Küche.
    Peter stocherte in den Resten seiner Bratkartoffeln. Er hatte keinen Appetit mehr.
    Bis in die napoleonische Zeit hinein, hatte er einmal gelesen, wurden verurteilte Verbrecher in der Gegend von Vennhues ins Moor gejagt. Man steckte sie nicht ins Gefängnis und hängte sie nicht an den Galgen, sondern schickte sie stattdessen ins Moor. Die meisten fanden dort den Tod, doch wer durchkam, wurde begnadigt. Manchen galten die Überlebenden gar als unschuldig, weil nur der Allmächtige allein sie vor dem Tod hatte bewahren können. Peter wünschte sich, seine Strafe wäre die gleiche gewesen. Den abergläubischen Menschen jener Zeit hätte er damit leicht beweisen können, dass er unschuldig war.
    Sein Vater hatte die Wohnzimmertür fest hinter sich verschlossen. Das bedeutete, dass er einen Mittagsschlaf machte. Peter nutzte die Zeit für einen Spaziergang. Er zog sich die Stiefel über und lief in den Wald hinein. Schnell bemerkte er, dass sich dort wenig verändert hatte. Die vertrauten Strecken existierten noch immer. Es waren lediglich einzelne Wege für Wanderer befestigt worden, und dann gab es Schilder und Wegweiser, die zu Orten jenseits der Grenze wiesen. Verwundert betrachtete er diese Neuerungen. Früher waren hier nachts die Schmuggler durch das Unterholz geschlichen. Heute bestimmten Picknickbänke und Feuerstellen das Bild. Alles für die grenzüberschreitenden Wanderer.
    Er spazierte so lange, bis ihm die Beine schmerzten. Als er ein paar Stunden später zum Hof zurückkehrte, brach bereits die Dunkelheit ein. Er nahm den Weg durch die Tenne und zog sich in der Waschküche die Stiefel aus. In der Diele hörte er Stimmen. Sein Vater war nicht allein. Werner Bodenstein hatte ihn offenbar kommen hören, denn er öffnete die Tür zur Waschküche und steckte seinen Kopf herein.
    »Da bist du ja«, sagte er. »Du hast Besuch.«
    Peter schlüpfte in die Hausschuhe. Sein Vater hatte in der Diele Feuer gemacht, und im flackernden Licht saß ein Mann im Lehnsessel, der sich umdrehte, als Peter eintrat. Es dauerte eine Zeit lang, bis dieser den Besucher
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