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Das Geheimnis von Sittaford

Das Geheimnis von Sittaford

Titel: Das Geheimnis von Sittaford
Autoren: Agatha Christie
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sehen.»
    «Der Bursche könnte Wyatt ganz gemütlich ermorden, und niemand würde es merken», überlegte Ronnie laut, als sie weitergingen. «Wochenlang könnte er sein turbanverziertes Haupt schütteln und sagen, der Herr wolle niemanden sehen. Und keiner von uns würde stutzig werden.»
    Mr Rycroft nickte zustimmend.
    «Allerdings stieße das Beseitigen des Leichnams auf Schwierigkeiten», führte er aus.
    «Ja, das ist immer der Haken, nicht? Lästige Sache, so’n menschlicher Leichnam.»
    Jetzt waren sie bei Major Burnabys Grundstück angelangt. Der Besitzer stand im Garten und blickte streng auf ein Unkraut, das an einer Stelle wuchs, wo kein Unkraut wachsen sollte.
    «Guten Tag, Major», rief ihm Mr Rycroft zu. «Kommen Sie auch zu den Willetts?»
    Burnaby rieb sich die Nase.
    «Glaube nicht. Sie schickten mir zwar eine Einladung, aber… kurz und gut, mir ist nicht nach Gesellschaft, was Sie wohl verstehen werden.»
    «Trotzdem möchte ich gern, dass Sie mitkommen. Ich habe einen Grund für diese Bitte.»
    «Einen Grund? Was für einen Grund?»
    Mr Rycroft zögerte. Offensichtlich störte ihn die Gegenwart Ronald Garfields, der das jedoch nicht zu merken schien oder nicht merken wollte.
    «Ich möchte ein Experiment machen», sagte Mr Rycroft endlich. «Was für ein Experiment?»
    Das kleine Männchen zögerte abermals.
    «Erlassen Sie mir die Erklärung. Aber wenn Sie kommen, bitte ich Sie herzlich, mich in allem, was ich sage, zu unterstützen.»
    Nun war Burnabys Neugier wach geworden.
    «Schön, ich komme mit. Muss nur meinen Hut holen.»
    Zu dritt setzten sie ihren Weg fort.
    «Wie ich hörte, erwarten Sie Besuch, Rycroft», sagte Burnaby.
    Ein Schatten von Ärger huschte über das Gesicht des Angeredeten.
    «Wer hat Ihnen das erzählt?»
    «Diese gesprächige Elster, die Curtis. Sie ist sauber und ehrlich, doch ihre Zunge kennt keine Pause, wobei es keinerlei Unterschied macht, ob man ihr zuhört oder nicht.»
    «Ja, ich erwarte morgen meine Nichte, Mrs Dering, und ihren Mann.»
    Inzwischen waren sie an der Haustür angekommen, die ihnen auf ihr Klingeln hin von Brian Pearson geöffnet wurde.
    Während sie in der Halle ihre Mäntel ablegten, ließ Mr Rycroft kein Auge von dem breitschultrigen jungen Mann. Interessanter Typ, lautete sein Urteil. Sehr viel Temperament. Beachtenswerte Form der Kinnladen. Unter gewissen Umständen dürfte mit ihm nicht gut Kirschen essen sein. Ungefähr das, was man als einen gefährlichen jungen Mann bezeichnet.
    Major Burnaby beschlich ein Gefühl der Unwirklichkeit, als er das Wohnzimmer betrat und Mrs Willett sich erhob, um ihn zu begrüßen. Sie gebrauchte fast die gleichen Worte wie vor einer Woche. Und das gleiche flackernde Feuer im Kamin, und die gleichen Kleider bei den beiden Damen – Letzteres mochte allerdings auch Einbildung sein.
    Wirklich, ein wunderliches Gefühl. Als ob es wieder vergangene Woche wäre… als ob Joe Trevelyan noch lebte… als ob sich nichts zugetragen, sich nichts verändert hätte. Halt, das stimmte nicht, Mrs Willett hatte sich verändert. Ein Wrack – das Wort war nicht übertrieben. Sie war nicht mehr die gewandte, sichere Dame von Welt, sondern ein gebrochenes, kraftloses Geschöpf, das offenkundige und rührende Anstrengungen machte, heiter zu erscheinen.
    Aber der Teufel soll mich holen, wenn ich weiß, warum Joes Tod ihr so zusetzt, dachte der Major. Und zum hundertsten Mal stellte er fest, dass irgendetwas mit den Willetts nicht stimmte.
    Wie gewöhnlich merkte er schließlich, dass er grübelnd dagesessen hatte und dass jemand zu ihm sprach.
    «Dies ist, fürchte ich, unser letztes Zusammensein hier, Major», lächelte Mrs Willett müde.
    «Wie? Wieso?» fuhr Ronnie aufgeregt dazwischen.
    «Ja. Wir werden den Rest des Winters nicht in Sittaford verleben. Ich persönlich liebe es natürlich – den Schnee und die Felsen und die weite Heide. Aber den Schwierigkeiten mit den Dienstboten fühle ich mich nicht gewachsen.»
    «Ich dachte, Sie wollten es mit zwei Dienern versuchen?», meinte Burnaby.
    Ein leises Zittern überflog die gealterte Frau.
    «Nein… ich habe den Plan fallen lassen.»
    «Das ist ein böser Schlag für uns alle», beteuerte Mr Rycroft. «Sehr traurig. Da werden wir nach Ihrem Fortgang wieder in unser altes Einerlei zurücksinken. Wann wollen Sie übrigens fort?»
    «Montag voraussichtlich. Wenn es sich ermöglichen lässt, auch schon morgen. Es ist so schrecklich ohne Dienstmädchen. Allerdings muss ich
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