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Das Geheimnis von Sittaford

Das Geheimnis von Sittaford

Titel: Das Geheimnis von Sittaford
Autoren: Agatha Christie
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gewendet hatte, durch das winterliche Gärtchen zur Haustür.
    Gleich darauf reagierte ein stämmiger, beleibter Mann auf den lauten Ton des Türklopfers. Zum ersten Mal sah Emily Trefusis Mr Duke von Angesicht zu Angesicht.
    «Mr Duke?» fragte sie, obgleich sie wusste, dass es niemand anders sein konnte.
    «Ja.»
    «Ich bin Miss Trefusis. Darf ich hineinkommen?»
    Ein sichtliches Zögern, doch schließlich trat er zur Seite, um sie vorbeizulassen.
    «Ich muss Inspektor Narracott sprechen. Ist er hier?»
    Wieder eine Pause. Mr Duke betrachtete seine Besucherin mit einem Ausdruck, den sie nicht zu deuten vermochte. Und dann lächelte er – ein noch merkwürdigeres Lächeln.
    «Ja, Inspektor Narracott ist hier», erwiderte er. «Um was handelt es sich?»
    Emily nahm das Paket, das sie unter den Arm geklemmt hielt, wickelte es aus und stellte den Inhalt auf die Tischplatte.
    «Es handelt sich um diese Stiefel…»

29
     
    « H allo! Hallo! Hallo!» schrie Ronnie Garfield.
    Mr Rycroft, der langsam den steilen Weg von der Post hinabstieg, blieb stehen, bis Ronald ihn eingeholt hatte.
    «Wie geht’s, Mr Rycroft? Einen Spaziergang gemacht? Ja, das ist heute ein anderes Wetter als vor einer Woche! Ich vermute, Sie gehen zu den Willetts, nicht wahr?»
    «Ja. Sie auch?»
    «Ich auch. Unser Lichtblick in Sittaford – die Willetts. Man darf sich nicht unterkriegen lassen, das ist ihr Standpunkt. Leben weiter, als sei nichts geschehen. Meine Tante zetert über Gefühlsroheit und dergleichen, weil die beiden Damen so bald nach dem Begräbnis wieder Gäste zum Tee einladen. Aber das ist ja leeres Geschwätz! Sie sagt es auch nur, weil ihr die Sache mit dem Kaiser von Peru an die Nieren gegangen ist.»
    «Kaiser von Peru?»
    «Ja, eine der blinzelnden Katzen. Es hat sich herausgestellt, dass der Kaiser eine Kaiserin ist; worüber sich Tante Caroline, die diese Geschlechtsprobleme nicht liebt, geärgert hat. Und ihren Ärger redete sie sich von der Leber, indem sie bissige Bemerkungen über die Willetts macht. Weshalb sollen sich die beiden nicht Bekannte zum Tee einladen, möchte ich wissen? Trevelyan gehörte doch nicht zu ihrer Verwandtschaft.»
    «Sehr wahr», erwiderte Mr Rycroft, legte den Kopf in den Nacken und beobachtete einen Vogel, der über ihnen flog und in dem er eine seltene Art zu erkennen glaubte. «Wie schade, dass ich mein Glas nicht bei mir habe!»
    «Oder meinen Sie, dass Mrs Willett den Captain doch besser gekannt hat, als sie behauptet?», plauderte Ronald weiter, dem Vögel genauso gleichgültig waren wie alle anderen Tiere.
    «Was veranlasst Sie zu dieser Frage?»
    «Die Veränderung, die mit ihr vorgegangen ist. Haben Sie so etwas schon mal gesehen? Eine Frau, die in einer Woche um zwanzig Jahre altert? Es muss Ihnen doch aufgefallen sein.»
    «Ja.»
    «Na also! Auf die eine oder andere Weise hat Trevelyans Tod ihr einen fürchterlichen Schock versetzt. Schöne Geschichte, wenn sie sich etwa als des Alten langverlorene Ehefrau entpuppte, die er in seiner Jugend verließ und nicht wiedererkannte!»
    «Das glaube ich kaum, Mr Garfield.»
    «Meinen Sie, es klingt zu sehr nach Film…? Pah, was für erstaunliche Dinge habe ich bisweilen im Daily Wire gelesen – Dinge, die man einfach nicht für möglich halten würde, wenn sie nicht schwarz auf weiß dastünden.»
    «Als ob sie dadurch an Glaubwürdigkeit gewönnen!», warf Mr Rycroft bissig hin.
    «Weshalb mögen Sie eigentlich Mr Enderby nicht leiden?»
    «Weil ich es verabscheue, wenn junge, ungezogene Dachse in Sachen herumschnüffeln, die sie nichts angehen.»
    «Aber sie gehen Mr Enderby doch sehr viel an; das Herumschnüffeln gehört sozusagen zu seinem Handwerk», wagte Ronnie den Geschmähten zu verteidigen. «Sie sehen, sogar der alte, brummige Burnaby verargt es ihm nicht.»
    Mr Rycroft erwiderte nichts.
    «Wahrhaftig ein prachtvolles Wetter!» sagte Ronald Garfield, von neuem den Himmel betrachtend. «Am vergangenen Freitag schleppten wir uns um diese Zeit mühselig durch Sturm und Schnee nach Sittaford House hinauf.»
    «Mir kommt es vor, als sei seitdem viel mehr Zeit vergangen.»
    «Soviel ereignet sich manchmal auch im Laufe eines ganzen Jahres nicht, wie…? Hallo, Abdul!»
    Sie gingen jetzt an Captain Wyatts Gartenzaun entlang, über den sich der schwermütige Inder lehnte.
    «Guten Tag, Abdul», sagte Mr Rycroft. «Wie geht es deinem Herrn?»
    «Master schlecht heute, Sahib», erklärte der Inder. «Niemand sehen. Für lange Zeit niemand
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