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Das Geheimnis des toten Fischers

Das Geheimnis des toten Fischers

Titel: Das Geheimnis des toten Fischers
Autoren: Marcia Muller
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hatte sich
Liz auf die entgegengesetzte Seite des Felsblocks zurückgezogen. Vorsichtig
begann ich nach oben zu klettern.
    Ich zog mich ganz auf den Felsblock,
duckte mich und versuchte erst einmal Luft zu bekommen. Liz war nur ein paar
Meter entfernt. Sie stand da, die Hände zu Fäusten geballt und in
Angriffsstellung. Auch unbewaffnet war sie noch gefährlich.
    Ich erhob mich. »Liz, es ist aus. Kommen
Sie mit mir zurück an Land.«
    Sie lachte nur.
    Ich ging, eine Hand ausgestreckt, auf
sie zu.
    Sie wich zurück, näherte sich dem Rand
des Felsblocks, schaute hinunter auf das tobende Wasser.
    »Verschwinden Sie!«
    »Nein.«
    »Ich meine es ernst.«
    Sie machte einen Satz und packte mich
an der Schulter, ihre Hand war an meiner Kehle. Sie schüttelte mich und
keuchte: »Hören Sie endlich auf, mich zu verfolgen. Alle haben mich verfolgt.
Alle haben etwas von mir gewollt. Alle. Mehr und mehr...« Ich konnte fast nichts
mehr sehen, und die Luft blieb mir weg. Ich klammerte mich wild an ihre Finger,
die sie um meinen Hals geschlossen hatte.
    »Mehr und mehr und immer mehr. Und
immer waren sie hinter mir her, immer...«
    Meine Knie knickten ein. Der graue
Nebel wich roten und goldenen Blitzen...
     
    Kaltes Wasser traf mein Gesicht. Ich
stöhnte. Salzwasser lief mir in die Augen. Ich hustete und kämpfte mich hoch.
    Ich lag auf dem Felsblock. Ich schaute
mich um, sah aber nichts. Die Brandung war höher als zuvor und tobte rings um
den Felsen. Liz war nicht mehr auf dem Felsblock. Wohin war sie verschwunden?
Ich konnte nicht lange bewußtlos gewesen sein. Wo war sie?
    Ich stand auf, zitterte vor Kälte und
spähte in die Dunkelheit. Die Treppe vom Strand war jetzt halb unter Wasser.
Noch konnte ich es schaffen, aber es war gefährlich. Und ich war so müde.
    Aber Liz. Wo...?
    Und dann sah ich sie, auf dem anderen
Felsblock, der noch über das Wasser herausragte, ein ganzes Stück entfernt. Sie
schaute hinüber zum Strand, als schätzte sie ihre Chancen ab.
    Ich rief ihren Namen, war aber nicht
sicher, ob sie mich beim Tosen der Brandung hören konnte.
    Dann drehte sie sich herum, sah mich
und wich zurück, die Hände hinter dem Kopf verschränkt.
    »Springen Sie von dem Felsblock!«
schrie ich.
    Sie schüttelte den Kopf und trat
zurück.
    Ich ging bis an den Rand des Felsblocks
und sah eine riesige Welle auf den Strand zurollen.
    »Vorsicht! Hinter Ihnen!«
    Die Welle schlug gegen den Felsen. Ich
sah Liz taumeln, sah das kochende Wasser, die haushohe Welle, die dem Strand
zustrebte. Liz entdeckte ich nicht mehr.
    Eine zweite Welle, noch höher
vielleicht, folgte der ersten. Diese Welle erreichte auch die Spitze meines
Felsblocks. Ich sprang in das wirbelnde Wasser und kämpfte mich auf die Treppe
zu.
     
     
     

Kapitel
21
     
    Als ich Abe Snellings Krankenzimmer
betrat, saß er bereits im Bett und las den New Yorker von dieser Woche.
Er war blaß, seine Augen hatten tiefblaue Ränder, aber ansonsten hätte man kaum
geglaubt, daß er noch vor zwei Tagen um sein Leben gekämpft hatte. Als er mich
sah, lächelte er und legte die Zeitschrift beiseite.
    »Wie geht es Ihnen?« fragte ich.
    »Nicht schlecht. Und selbst?«
    »Prächtig.« Es war die Wahrheit. Seit
der Nacht, als Liz Schaff vom Felsen gespült worden und ertrunken war, hatte
ich bei Don gewohnt. »Ich fahre heute nach San Francisco zu einem Prozeß, bei
dem ich aussagen muß, aber zum Wochenende bin ich wieder zurück. Ich wollte Sie
fragen, ob ich Ihnen etwas aus Ihrem Haus mitbringen soll.«
    »Danke, aber meine Schwägerin ist
bereits hingefahren und hat mir alles geholt, was ich brauchte.« Er machte eine
Geste auf einen selbstgepflückten Blumenstrauß, der neben seinem Bett stand.
Ein zweites, aufwendiges Bukett stand auf dem Sekretär - ein Arrangement aus
Rosen und Nelken. Ich schaute es fragend an.
    »Von ›The Tidepools‹«, sagte Snelling.
»Keller und Ann Bates befürchten wahrscheinlich, daß ich
Schmerzensgeldforderungen erhebe, weil es auf ihrem Grund passiert ist.«
    Ich lächelte und setzte mich auf den
Stuhl neben dem Bett. »Hat Ihnen die Polizei gesagt, daß man Liz’ Leiche
gefunden hat, ein Stück von hier entfernt an den Strand gespült?«
    »Ja. Lieutenant Barrow und ich haben
heute morgen ein längeres Gespräch geführt. Er ist sicher, daß er jetzt bei
allen diesen Mordfällen die Akten schließen kann.«
    Ich saß einen Augenblick schweigend da
und ließ die Opfer der Morde in Gedanken an mir vorüberziehen. Abe
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