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Das Geheimnis des toten Fischers

Das Geheimnis des toten Fischers

Titel: Das Geheimnis des toten Fischers
Autoren: Marcia Muller
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konnte, als
dunkle Silhouette gegen den helleren Horizont. Ich entschied mich dagegen und
schaute angestrengt hinüber, versuchte herauszubekommen, was das für ein Gebäude
sein mochte.
    Ein Werkzeugschuppen?
    Ich ging zurück und umrundete dann die
andere Seite des Hauptgebäudes. Aus dem Patiententrakt fiel noch immer das
Licht heraus auf den Rasen. Meine Armbanduhr zeigte auf zehn Uhr zwanzig. Ich
war bereits eine Viertelstunde hier und hatte Snelling nirgends entdeckt.
    Snellings Wagen parkte noch am Ende der
Auffahrt, ebenso die beiden Kombi und der Jaguar. Ich trat hinter einer
Wacholderhecke hervor, so daß ich in die Fenster des Büros hineinschauen
konnte. Gerade in diesem Augenblick wurde die Tür des Haupteingangs zugeworfen,
und hochhackige Schuhe klapperten die Treppe hinunter. Ich lugte über den Rand
der Hecke und sah, wie Ann Bates in den Jaguar einstieg.
    Die Personalchefin hatte offenbar
wieder mal Überstunden gemacht. War das üblich, oder war es die Folge von
Snellings Auftreten?
    Ann Bates wendete und fuhr die Auffahrt
hinunter, auf Snellings VW zu. Dort hielt sie an und warf einen Blick auf den
VW, ohne auszusteigen. Dann zuckte sie mit den Schultern und fuhr weiter.
    Doch wo zum Teufel steckte Abe
Snelling, und was trieb er hier?
    Ich war davon überzeugt, daß das Hospiz
durch eine raffinierte Alarmanlage geschützt war. Snelling hätte wahrscheinlich
das System nicht außer Betrieb setzen können. Das wäre wohl auch mir nicht
gelungen, nicht einmal mit dem geeigneten Werkzeug, und ich kannte mich aus mit
Alarmanlagen aus meiner Zeit als Kaufhausdetektivin.
    Das Gebäude, das ich für einen
Werkzeugschuppen hielt, hatte ich noch nicht überprüft. Und warum stand die Tür
offen?
    Ich lief zurück, vorbei am Wohntrakt.
Jetzt lagen schon fast alle Zimmer im Dunkeln, daher konnte ich es wagen, über
die Rasenfläche zu laufen, warf dabei immer wieder einen Blick zurück auf das
Hauptgebäude. Aber nichts rührte sich.
    Dann hörte ich ein Stöhnen. Es kam aus
dem Inneren des Werkzeugschuppens. Ich wartete, aber es wiederholte sich nicht.
Die Pistole in meiner Hand, bewegte ich mich auf die offene Tür zu. Rechts
neben der Tür stand ein Rasenmäher, und an der Rückwand konnte ich Rechen,
Hacken und anderes Gartengerät erkennen.
    Auf dem Boden lag Abe Snelling.
    Er lag auf dem Rücken. Sein helles Hemd
war mit dunklen Blutflecken getränkt. Aber er atmete noch, flach und stoßweise.
    Ich trat durch die Tür und rief
verhalten seinen Namen. Er gab keine Antwort. Ich wiederholte seinen Namen,
lauter diesmal.
    »Abe«, flüsterte ich, »verdammt, Abe,
was ist denn passiert?«
    Ich steckte die Pistole wieder in meine
Handtasche und kniete mich neben ihn, versuchte, seinen Puls zu ertasten. In
diesem Augenblick hörte ich hinter mir ein Geräusch. Bevor ich aufspringen
konnte, traf mich etwas am Kopf, und ich ließ die Pistole los. Jemand packte
mich bei den Schultern, und ich fühlte kalten Stahl an meinem Hals.
    »Nicht schreien«, zischte die Stimme
von Liz Schaff. »Nicht schreien — sonst schneide ich Ihnen die Kehle durch.«

Kapitel
20
     
    Ich erstarrte. Einen Augenblick lang
fühlte ich nur diesen eisigen Stahl an meiner Kehle. Dann hörte ich wieder
Snellings flaches Atmen. Fühlte die sehnige Kraft der Arme, die mich
festhielten. Ich roch die Feuchtigkeit in dem Schuppen und einen Hauch des
Parfüms von Fiz.
    Ich wollte sprechen, aber mein Mund war
trocken vor Angst. Snelling stöhnte lauter, und ich versuchte, in seine
Richtung zu schauen, merkte dann aber, daß ich dadurch den Druck der Klinge nur
verstärkte. Ich schluckte zweimal und sagte dann: »Diesmal klappt es nicht,
Liz. Sie haben einen Zeugen.«
    Sie lachte, und es war ein häßliches
Lachen, wie das Kreischen einer Krähe.
    »Er lebt noch.«
    »Bewußtlos. Im Sterben. Ich hätte ihn
erledigt, wenn Sie nicht aufgetaucht wären.«
    Sie begann mich rückwärts zu zerren in
Richtung auf die Wand, wo die Gartengeräte standen. Sie hielt mich fest,
dennoch — eine schnelle Bewegung... Ich spürte, daß ihr Herz wie rasend schlug.
    Und dann begann ich wieder zu sprechen,
merkte, daß meine Stimme ungewöhnlich hoch klang und ein wenig zitterte. »Liz,
Sie haben Jane und John Cala umgebracht. Und beinahe auch Snelling. Jetzt
wollen Sie mich umbringen. Aber Sie können so nicht weitermachen. Sie können
nicht einen nach dem anderen töten. Es wird immer wieder Leute geben, die einen
ganz bestimmten Verdacht hegen, die wissen —
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