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Das Geheimnis des toten Fischers

Das Geheimnis des toten Fischers

Titel: Das Geheimnis des toten Fischers
Autoren: Marcia Muller
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eine war Susan Tellenberg, die andere hatte ich nie zuvor gesehen,
nahm aber an, daß es Barbara Smith war. Sie wies eine entfernte Ähnlichkeit mit
Susan Tellenberg auf. Im Hintergrund erkannte ich einen Zypressenhain,
wahrscheinlich auf dem Gelände von ›The Tidepools‹.
    Aber was bedeutete das alles? Daß Snelling
einen nostalgischen Blick in seine Vergangenheit getan hatte?
    Ich nahm die Bühne aus dem
Vergrößerungsgerät und schaute die anderen Negative des Streifens durch. Es
waren Variationen derselben Pose. Ich langte unter den Rand des Lichttischs und
tastete nach einem Schalter, um festzustellen, woran Snelling gearbeitet hatte.
    Das weiße Plexiglas schimmerte weich.
Eine photographische Lupe lag auf dem Tisch, und ich betrachtete die Negative
genauer damit. In einem der Plastikbeutel waren weitere Negative von ›The
Tidepools‹ und von Barbara und Susan. Snelling mußte seine Kamera mitgenommen
haben, als er aus Port San Marco geflohen war. Jetzt schaute ich in das andere
Plastiktütchen. Drinnen steckten Bilder aus San Francisco. Ich beugte mich mit
Interesse darüber und stellte fest, daß eines davon das Negativ des Photos war,
das Snelling berühmt gemacht hatte.
    Da war im Negativ das entsetzte Gesicht
der Frau des Cafébesitzers zu erkennen, und das tote Gesicht ihres Mannes:
insgesamt zwölf Bilder, die rasch hintereinander aufgenommen worden sein
mußten, und ich fragte mich, wie Snelling genau das Photo herausgefunden hatte,
das danach um die Welt gegangen war.
    Aber an diesem Tag hatte er noch mehr
photographiert. Photos, die nach der Reihenfolge der Zahlen auf dem Negativ
früher gemacht worden sein mußten. Sie zeigten das Blue Owl Café, die
gestreiften Sonnenschirme, die Blumen in den Vasen auf den Tischen im Freien.
    Und sie zeigten ein weiteres Gesicht,
das ich kannte.
    Ich starrte genauer hin, hielt mich an
den Rändern des Lichttisches fest. Das Gesicht war der Grund, weshalb Snelling
damals am Blue Owl angehalten hatte, weshalb er, völlig unbeabsichtigt, berühmt
geworden war.
    Ich hatte nicht die Zeit, mir Snellings
Photokartei durchzusehen und war außerdem sicher, daß die Abzüge ohnehin nicht
hier sein würden. Die Person, die das Haus durchsucht hatte, hatte sie
zweifellos mitgenommen. Aber die Negative, die auf dem Lichttisch lagen, hatten
ihr offenbar nichts bedeutet. Jemand, der mit dem photographischen Prozeß nicht
vertraut war, konnte sie als Negative nicht erkennen und auch nicht wissen, daß
sie hier lagen, weil Snelling sie durchgegangen war, sie durch die Lupe
betrachtet und sich darauf vorbereitet hatte, davon Abzüge zu machen. Bevor...
    Bevor was?
    Ich wirbelte herum und rannte aus der
Dunkelkammer hinunter in das unterste Geschoß des Hauses. Schaute in die erste
Tür, die vom Korridor abzweigte und sah ein Schlafzimmer mit skandinavischen,
hellen Möbeln. Zwei Koffer standen auf dem Boden neben der Kommode, ein dritter
lag offen auf einem Stuhl. Er war halb gepackt. Ich ging hinein und schaltete
das Licht an. Überall lag eine dicke Staubschicht von den Abbrucharbeiten
draußen auf der Straße. Der Koffer war nicht heute gepackt worden, und
höchstwahrscheinlich hatte Snelling eher Dinge aus dem Koffer geholt als
hineingepackt.
    Aber er war darauf vorbereitet gewesen,
schnell zu verschwinden. Was hatte seinen Entschluß geändert?
    Ich verließ den Raum und ging weiter durch
den Korridor zu dem Schlafzimmer, das Jane Anthony gehört hatte. Es sah genauso
aus wie bei meinem letzten Besuch, nur daß das Telephonbuch auf dem Bett lag
und die handschriftlichen Notizen auf den ersten Seiten aufgeschlagen waren.
Ich beugte mich darüber und las sie aufmerksamer als beim letztenmal.
    Dann plötzlich ging mir ein Licht auf,
und es wurde mir alles klar. Ich mußte nur noch telephonieren, um es mir zu
bestätigen.
    Aber ich war bereits sicher, daß ich es
wußte.
     
     
     

Kapitel
19
     
    Als ich nach Salmon Bay zurückkehrte,
war ich körperlich völlig erschöpft. Die Müdigkeit, die ich auf der Fahrt nach
Norden gespürt hatte, war nichts verglichen mit der Erschöpfung, die ich jetzt
empfand; meine Arme und Schultern schmerzten, meine Beine waren ganz steif und verkrampft
und meine Augen brannten vor Überanstrengung.
    Aber mein Geist war wach und klar,
angeregt und aufgewühlt durch die Antwort auf zwei Fragen, durch die
Bestätigung meiner Befürchtungen — und durch die Angst.
    Ein dunkelgrüner VW parkte kurz vor der
Zufahrt zum ›The Tidepools‹. Ich
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