Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Geheimnis des Scriptors

Das Geheimnis des Scriptors

Titel: Das Geheimnis des Scriptors
Autoren: Lindsey Davis
Vom Netzwerk:
geschwollene Fußknöchel. Auch mir taten die Beine und Füße weh, und mein Rücken schmerzte, während ich versuchte, nicht auf meinem Onkel zusammenzubrechen. Plötzlich hörten wir Geräusche über uns. Schritte. Wir spitzten die Ohren, um herauszubekommen, wer sich jetzt im Schrein befand. Es konnte ein Priester sein, der nichts mit unserer Mission zu tun hatte. Mir war heiß und zunehmend unwohl. Keiner meiner eigenen Verbündeten wusste, wo ich war. Unsere einzige Verstärkung war Cassius. Wie beglückend.
    Nur schwach zu vernehmen, ging dort jemand auf und ab. Ich war drauf und dran, das Risiko einzugehen und zu fragen, ob es Mutatus war, als sich ihm eine weitere Person zugesellte.
    »Wo ist das Geld?« Caninus – gedämpft, aber erkennbar, nicht nahe, vielleicht an der Tür des Schreins. Fulvius knuffte mich aufgeregt.
    Mutatus, näher und lauter, antwortete: »Das Geld ist in Sicherheit.« Er musste direkt neben dem Bodenrost stehen, unmittelbar über unseren Köpfen.
    »Wo?«
    »Ich kann es holen. Falco hatte recht. Wir glauben nicht, dass Sie Diocles haben, aber wenn Sie ihn wirklich herschaffen können …«
    »Falco – ha!« Dann erfolgte eine abrupte Bewegung. Die Sache lief schief. Wir hörten einen wütenden Schrei. Caninus – jetzt näher – rief: »Sie Narr!« Irgendwas klirrte und schlitterte über den Boden, wie eine Waffe, die auf den Rost fiel. Unten in unserem Verlies stieß Fulvius einen Ruf aus, blieb aber ungehört.
    Laute Schritte entfernten sich vom Schrein. Mehr als zwei Füße? Ich glaubte schon. »Sie hätten nur das Geld zu übergeben brauchen!« Caninus, dessen Stimme irgendwo draußen verhallte. Ein kurzer Schrei, dann weitere Schmerz- und Angstgeräusche.
    In der Ferne begann der Opferstier zu brüllen, erregt durch den Aufruhr.
    Jemand kehrte in den Schrein zurück. Er bewegte sich langsam. Von Furcht erfüllt, verhielten Fulvius und ich uns still. Drei unbeholfene Schritte, ein Aufprall direkt über uns, dann weitere Schritte, die sich nach draußen entfernten. Das bisschen Licht, das bisher durch den oberen Rost ins Taurobolium eingedrungen war, verlosch.
    »Ich habe ein mieses Gefühl«, sagte ich leise.
    Fulvius lauschte. »Irgendwas tropft auf uns herunter …« Dann fügte er entsetzt hinzu: »Fühlt sich wie Blut an.«
    Der Stier war es nicht. Wir konnten ihn nach wie vor brüllen hören.
    Fulvius und mir wurde die entsetzliche Wahrheit klar – direkt über unseren Köpfen lag Mutatus, entweder bereits tot oder dabei zu verbluten.

LXII
    M ein Onkel stöhnte auf und rief etwas zu dem Scriptor hinauf. Keine Antwort. Wir konnten nichts tun, um Mutatus zu helfen, und vermutlich war es sowieso bereits zu spät. Wie Diocles musste er ein Schwert besessen und es mit hergebracht haben, in einer verrückten Anwandlung von Trotz und Heldenmut.
    Unglaublich.

    Wir schienen schon seit Stunden hier zu sein. Schließlich hörten wir Cassius kommen. Er fluchte und beeilte sich dann, uns zu befreien. Keuchend fielen wir durch die geöffnete Tür, und er zog uns die Stufen hinauf. Licht und Luft blendeten uns.
    Während ich mir Schweiß und wer weiß was noch von der Stirn wischte, stolperte ich über die Leiche. Natürlich war es Mutatus – und natürlich war er tot. Ich zog ihn von dem Rost, denn schließlich war er kein verdammtes Kultopfer. Ich richtete ihn auf dem Boden des Schreins aus. Seine Finger waren zerfetzt worden, als er die Schläge seines eigenen Schwertes abzuwehren versuchte. Caninus hatte so grob auf ihn eingehackt wie ein frisch eingezogener Rekrut. Sah der verdammten Marine ähnlich, nicht mit Waffen umgehen zu können. Ich kniete mich in die Blutlache und schloss die Augen des alten Scriptors. Dann schloss ich meine und trauerte aufrichtig.
    Als ich mich erhob, beobachteten mich die anderen beiden. Cassius, der mir nun vertrauter war, musste etwa fünfzehn Jahre jünger als mein Onkel sein. Er hatte die Bettlerklamotten ausgezogen und sich einiges von dem Schmutz abgewischt, obwohl immer noch dunkle Tarnstreifen auf seinem Gesicht waren. Was für ein Angeber. Ich hatte mein Gesicht nicht mehr mit Dreck beschmiert, seit ich aufgehört hatte als Armeekundschafter durch nördliche Wälder zu kriechen. Mit nur ein paar Pilzen als Deckung, war das zumindest sinnvoll gewesen.
    Trotz der grauen Schläfen, die er jetzt hatte, konnte ich an der geraden Nase und den braunen Augen immer noch Spuren des gutaussehenden jungen Mannes erkennen, in den sich Fulvius
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher