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Das Geheimnis des Nostradamus

Das Geheimnis des Nostradamus

Titel: Das Geheimnis des Nostradamus
Autoren: Uschi Flacke
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Maria verleugnen und sich gegen den Papst stellen!« Die Fackel loderte auf, der Geruch nach verbranntem Pech breitete sich wie eine unheilvolle Wolke aus. »Und gegen die Juden«, schleuderte er den Menschen seine Botschaft entgegen. »Diese teuflischen Juden, die unsern Herrn Jesus Christus, den leibhaftigen Sohn Gottes, ans Kreuz geschlagen haben!«
    Ein entsetztes Jammern hallte durch die Nacht. Die Menschen klammerten sich in tiefer Furcht aneinander und starrten hoch zu dem unheilvollen Stern mit dem glühenden Schweif. Was für ein Unglück würde sie erwarten? Was hatte Gott mit ihnen vor? Sollten etwa vernichtende Plagen über sie hereinbrechen wie einst bei den Ägyptern?
    »Aber es gab doch auch so einen Kometen, als Jesus geboren wurde. Der den Heiligen Drei Königen den Weg zeigte…«, flüsterte ein junges Mädchen. Ihr schulterlanges Lockenhaar schimmerte im Licht der Pechfackel wie flüssiges Kupfer.
    »Sei still!«, raunte eine Stimme ihr zu. »Oder willst du dich auch noch versündigen?«
    Vom Stall her war dumpfes Stöhnen zu hören. Es folgte gehetzt in immer kürzeren Abständen. Dann brach das schwangere Weib in einen tierischen Schrei aus und ein ersticktes Wimmern tastete sich zögerlich in die Welt.
    »Gegrüßet seist du Maria, voll der Gnaden…«, flüsterte es. Ein Stimmenteppich, gewebt aus Angst und Verzweiflung, breitete sich über das Land, bis der Komet endlich in der Dunkelheit hinter den Pinienwäldern verschwand. Die Menschen huschten erleichtert zurück in ihre Häuser. Vielleicht würde ja der allmächtige Gott ein Nachsehen mit ihnen haben und den Unglücksstern einfach in der Unendlichkeit versinken lassen! Hatten sie nicht genug gebetet? Hatten sie nicht von ganzem Herzen ihre Sünden bereut?
    Als Letzter hastete der Prediger zurück in die kleine Stadt. Es schien, als schwebte seine Kutte ein paar Fingerbreit über den Boden. Sein Gehilfe humpelte gebückt neben ihm her. Die Laterne hielt er fest umklammert. Der Kerzendocht glimmte noch einmal kurz auf und erlosch.
    »Immer mehr domini canes sind aus Rom unterwegs, um die Ungläubigen zu verhören!«, ächzte der Bucklige leise. Seine Schritte schleiften über das holprige Kopfsteinpflaster.
    »Es ist auch höchste Zeit, dass die Inquisition eingreift!« Die zischelnde Stimme des Predigers klang fast spöttisch. »Das Pack muss endlich dorthin befördert werden, wo es hingehört.«
    Schon bald verloren sich ihre Schritte in den engen Gassen der Kleinstadt. Der Rosenduft vermischte sich mit nebliger Kühle, die den Geruch von frischer Erde in sich trug. Allmählich schob sich die Morgendämmerung rot und gleißend über das wolkenlose Firmament und spiegelte sich im Wasser des Stadtbrunnens, der aufschimmerte, als wäre er mit Blut getränkt.

Sommer im Jahre 1534 in Agen de Provence
     
     
     
    Drückende Hitze lag wie fiebriger Dunst über der Kleinstadt Agen de Provence, als die junge Marie auf das Stadthaus des Arztes zulief. Ihre nackten Füße hatte sie mit alten Leinenstreifen umwickelt, denn die heißen Pflastersteine brannten unter ihren Fußsohlen wie Feuer.
    Die Rue St. Georges war menschenleer, nur ein Straßenköter lag im Schatten einer Toreinfahrt, die mit wilden Kletterrosen überwuchert war. Die Landstraße, die ganz weit hinten auf das Ufer der Garonne zulief, schien in der flimmernden Schwüle regelrecht zu zerlaufen und sich in Dunstbildern aufzulösen. Da entdeckte Marie, dass aus den flirrenden Lichtschwaden zwei düstere Schatten herauswuchsen, die sich dem Dorf näherten.
    »Gott zum Gruß, Madame Moulin«, rief Marie einer älteren Dienstmagd zu. Die Alte schlurfte gerade mit einem Reisigbesen durch die Toreinfahrt, um trotz der Hitze den Gehweg vor dem herrschaftlichen Haus zu kehren.
    »Gott zum Gruße, meine Kleine«, räusperte sich das Weib und lächelte vorsichtig. Ihre Stimme klang wie das heisere Ächzen eines sterbenden Vogels. Ihre dürre, gebückte Gestalt steckte in einem weiten Leinenkleid, das dürftig mit einem Lederband zusammengehalten war. Das lange, weiße Seidenhaar hatte sie in zwei dünne Zöpfe geflochten und als Kranz um den Kopf gesteckt.
    Marie wischte sich schweißnasse Locken aus der Stirn und schüttelte ihr Haar, das wie bronzenes Herbstlaub ihr braun gebranntes Gesicht umrahmte und bis über die Schultern herunterfiel. Die Träger ihres geflickten Leinenkleides scheuerten auf der Haut, rötliche Striemen zogen sich über die schmalen Schultern.
    »Ob das wieder
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