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Das Geheimnis des Nostradamus

Das Geheimnis des Nostradamus

Titel: Das Geheimnis des Nostradamus
Autoren: Uschi Flacke
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Wanderprediger sind?« Marie schaute zu den beiden Mönchen hinüber, die sich allmählich aus der flirrenden Hitze herausschälten. Die schwarzen Kutten hingen schlaff an ihren Körpern herunter. Die weit ausladenden Kapuzen waren tief ins Gesicht gezogen. Jetzt hatten sie den grob gemauerten Brunnen erreicht.
    Er stand im Schatten eines Feigenbaumes, dessen Zweige schwer mit saftigen Früchten behangen waren.
    Madame Moulin presste ihre Hand auf die schmerzende Hüfte und wackelte mit dem Kopf, als wollte sie prüfen, ob er noch fest auf dem dürren Faltenhals saß.
    »Hoffentlich sind das nicht wieder Anhänger von diesem Luther oder den Waldensern«, keuchte sie mit brüchiger Stimme. »Sie werden das Land noch in tiefstes Elend stürzen! Oder sich selbst. Wie man’s nimmt.« Dabei hob sie beschwörend drei ihrer Gichtfinger gegen das Firmament, das hinter einem feinen Wolkenschleier in der Unendlichkeit zu versinken schien.
    »Ins Elend?« Marie leckte sich über die trockenen Lippen. »Was meint Ihr damit?«
    »Der Himmel wird sich rächen! Es wird Blut und Tränen regnen. Die Gräber werden sich öffnen und die Verdammten in die Hölle zerren!« Verstohlen schlurfte die Alte auf Marie zu und raunte ihr verschwörerisch zu: »Außerdem heißt es, dass sich noch immer Katharer in der alten Kapellengruft versteckt halten.«
    »Katharer? Hier in Agen?« Marie schaute Madame Moulin verwundert an. Die Augen der Alten waren trübe, als wären sie mit einer Perlmutthaut überzogen.
    »Die letzten Katharer!«, ächzte sie. »Katharer… Weißt du nicht, wie die Flammen sich durch ihre Leiber fraßen?… Hörst du es nicht? Das Knacken der Hölzer? Und dann die Hitze? Die Hitze! Verbranntes Fleisch. Die beißende Glut zerreißt mir das Gesicht…!« Madame Moulin starrte mit weit aufgerissenen Augen in die Ferne. Das Weiße der Augäpfel war jetzt mit roten Äderchen durchzogen, die anschwollen, als wollten sie eine alte Erinnerung herauspressen.
    Marie rieb sich über die fröstelnden Arme. Erschrocken wich sie ein paar Schritte zurück. Mit ihren zimtfarbenen Augen schaute sie Madame Moulin verängstigt an.
    »Die Hitze«, keuchte Madame Moulin und schüttelte wie besessen den Kopf, sodass die Haarnadeln aus den Seidenzöpfen rutschten. Sie schlug mit ihren runzeligen Händen um sich, als müsste sie gegen eine unsichtbare Gewalt ankämpfen. Die Zöpfe rutschten auf ihre Schultern, feine Spindelhaare standen wie dürre Verästelungen von ihrem Kopf ab. »Die Hitze! Die Hitze!«, gurgelte sie in flirrenden Tönen, die in sich selbst erstickten.
    »Madame Moulin!«, schrie Marie, packte sie an den knöchernen Handgelenken und schüttelte sie, bis die Alte verwirrt die Lider hob. Verwundert blinzelte sie ins helle Tageslicht. Eine Träne rann zwischen den runzeligen Falten herunter auf ihre zerfurchten Lippen.
    »Was ist denn?«, flüsterte Marie verängstigt. »Soll ich Euch zum Arzt bringen?«
    Madame Moulin atmete tief durch. Ein rasselndes Stöhnen durchfuhr ihren Körper. »Ist schon gut, mein Kind«, ächzte sie mit heiserer Stimme. »Es ist schon gut… alles ist gut… der Himmel wird sich rächen.« Gebückt schlurfte sie zurück zum Haus. Die Haut unter ihrem dürren Haar glänzte speckig rosa, die Arme hielt sie seltsam verkrampft. Marie blickte Madame Moulin nach, bis sie wie ein grauer Falter im Herrschaftshaus verschwunden war.
    Da hörte sie hinter sich das Klappern von Rosenkränzen. Fein, aber bestimmt klackten die Töne über die Rue St. Georges. Die beiden Mönche hatten jetzt die Höhe des Herrschaftshauses erreicht. Marie warf ihnen einen kurzen Blick zu. Die Augen der beiden lagen in den Schatten der Kapuzen verborgen. Die Lippen waren merkwürdig blutleer, die Haut blass, als hätte sie lange kein Tageslicht mehr gesehen. Der eine hatte eine verkrustete Wunde am Kinn, deren Ränder rötlich entzündet waren.
    Der Stadtarzt!, fuhr es Marie plötzlich durch den Kopf und schon rannte sie durch die Rue St. Georges auf das zweistöckige Arzthaus zu. Neben der Eingangstür hing ein Kupferschild, auf dem eine Schlange eingehämmert war, die sich um einen Stock wand. Direkt vor dem Hauptgebäude stand ein Laden. Er war aus Holzplanken gezimmert und mit einer Plane überspannt. »Apotheke« war mit Farbe auf das Holz gemalt. Die gotischen Schriftzeichen wirkten streng, als wollten sie den Ratsuchenden gehörig Ehrfurcht vor dem berühmten Pestarzt Michel Nostradamus einflößen.
    Marie stieß die
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