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Das Geheimnis des Himmels

Das Geheimnis des Himmels

Titel: Das Geheimnis des Himmels
Autoren: Horst Schoch
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weisen Stadtregierung. Allerdings irritiert mich etwas. Während der Suche nach Literatur in einer Druckerwerkstatt wurde ich Zeuge einer Durchsuchung, die angeblich von höchster Stelle angeordnet worden sei. Man wollte sich überzeugen, dass keine verbotenen Werke hergestellt werden. Das scheint mir aber im Widerspruch zu der Toleranz in Religionssachen zu stehen …“
    Mühsam hatte Friedrich das Gespräch in die von ihm gewünschteRichtung gelenkt. Nach seinem letzten und beunruhigenden Gespräch mit dem Schwiegervater hatte er ihm versprochen, etwas über die Politik des Magistrats in Erfahrung zu bringen. Dann würden sie die Gefährdung, in der sie sich befanden, besser abschätzen können. Und so bediente er sich nicht ganz der Wahrheit, indem er Bernhardis Erlebnis als sein eigenes ausgab.
    Geyer kratzte sich am Kopf. „Tja, ich kann jetzt nicht den Lauf unserer Sitzungen ausplaudern. Aber in der Tat gibt es neuerdings Übergriffe einer vom Kaiser und der Kirche tolerierten Gesellschaft. Allerdings legitimieren sie sich mit der Bewahrung von Glaube und Ordnung im Reich. Das ist schon ein gewichtiger Grund, der von einigen meiner Ratskollegen durchaus akzeptiert wird. Sozusagen eine Inquisition in der Inquisition. Beunruhigend ist für mich, dass hier regimentliche und kirchliche Interessen gebündelt auftreten.“
    „Warum beunruhigend?“
    „Weil man sie dadurch nicht so leicht auseinanderbringen kann, wie es sonst üblich ist, um ihnen etwas die Hörner zu stutzen.“
    „Ich sehe, ich muss noch vieles lernen. Die städtischen Verhältnisse sind nicht mit denen auf dem Lande zu vergleichen. Will denn der Rat den Einfluss dieser sogenannten Gesellschaft beschneiden?“
    „Einflussreiche Kräfte, die noch in der Mehrheit sind, wollen sich diese autonome Gerichtsbarkeit nicht gefallen lassen. Ich befürchte aber, dass sie über kurz oder lang diesen Leuten das Feld überlassen müssen. Der Druck wird immer größer. Immerhin will die Stadt sich ja trotz aller eigenen Wege dem Kaiser gegenüber als loyal erweisen. Aber jetzt geht wieder an Eure Arbeit! Auch ich habe noch anderes zu tun, als Maulaffen feilzuhalten.“
    Damit entzog sich Ratsherr Geyer weiteren Fragen. Nachdenklichschaute Friedrich ihm hinterher. Die Dinge, die er in Erfahrung gebracht hatte, trugen nicht gerade zu seiner Beruhigung bei.
    Später, in der Herberge, hatte Leonhard den Ausführungen Friedrichs gelauscht. Nun suchte er herauszufinden, ob dem Magistrat ein Zusammenhang zwischen dem Feuer und dem zunehmenden Einfluss der neuen Gesellschaft bewusst geworden war.
    „Was hört man über den Brand im Hause des Opticus?“, fragte er seinen Schwiegersohn.
    Friedrich zögerte. „Ich habe überall versucht, mitzuhören und aufzuschnappen, wenn die Gespräche auf der Straße sich darum drehten. Aber alle Leute scheinen von einem Unglück auszugehen. Größer als die Angst, es könnte sich dabei um einen Mord gehandelt haben, ist wohl die Sorge der Reichen in der Stadt, von wem sie nun ihre Sehhilfe beziehen sollen. Denn zurzeit gibt es keinen mehr, der solche Arbeiten ausführen könnte. “
    Bernhardi kratzte sich am Kinn. „Das heißt, es ist ihnen gelungen, ungehindert ihren Plänen nachzugehen. Das ist nicht gut. Ich glaube, du solltest doch noch einmal mit dem jungen Welser sprechen. Vielleicht kann er uns besser raten, was wir tun sollen.“
    „Ja. Ich werde es noch einmal versuchen. Am besten gehe ich diesmal allein, denn ich habe das Gefühl, dass Barbara ihn beim letzten Mal verärgert hat. Sie ist manchmal sehr direkt.“
    „Woher hat sie das bloß?“ Bernhardi schmunzelte. „Du kennst ja deine Schwiegermutter.“

46
    Friedrich von der Aue hatte gerade das geyersche Kontor verlassen, da hörte er, dass ihm leichte Schritte folgten und immer näher kamen. Plötzlich drehte er sich um und merkte, dass es sich bei der Person um eine Frau handeln musste. Sie trug einen langen dunklen Mantel mit hochgezogener Kapuze, sodass er ihr Gesicht nicht erkennen konnte.
    „Sucht Ihr mich?“, fragte er mit fester Stimme. „Kann ich Euch zu Diensten sein?“
    Die Frau kam dicht an ihn heran und zog die Kapuze zurück.
    „Barbara! Was ist geschehen?“
    „Nicht hier!“ Sie ergriff die linke Hand ihres Mannes und zog ihn in eine dunkle Seitengasse hinein.
    „Mein Gott, du bist ja ganz aufgelöst!“
    Barbara versuchte, ihrer Stimme nicht die große Unruhe anmerken zu lassen, die sie ergriffen hatte. Sie atmete einmal tief durch
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