Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Geheimnis des Goldmachers

Das Geheimnis des Goldmachers

Titel: Das Geheimnis des Goldmachers
Autoren: Peter Hereld
Vom Netzwerk:
doch abgaben, dachte sich Mattias. Vor
allem der Exot war zu Zeiten der Kreuzzüge ein ungewöhnlicher Anblick und ein
unwillkommener obendrein, weiß Gott nicht jedes Kloster hätte ihm Einlass
gewährt. Und erst das Wasser, welches sie mit sich trugen. Mattias war mit
seinen sechsundfünfzig Jahren schon fast ein Greis und hatte viel gesehen in
seinem langen Leben, doch dass ein Mensch derart vor Nässe triefen konnte, war
selbst ihm bislang nicht unter die Augen gekommen. Rasch rupfte und zupfte er
noch ein wenig Salbei, Thymian und Kamille, jene Kräuter also, die er, in
welcher Form auch immer, den Kranken zu verabreichen pflegte, wenn sie mit
kratzendem Hals, laufender Nase oder glühender Fieberstirn zu ihm gelaufen
kamen, dann folgte er den dreien zum Prior. Nicht, dass er neugierig wäre,
schließlich wollte er den beiden Fremden doch nur helfen mit seiner Heilkunst.
So schlüpfte er schnell mit hinein, als Johann die beiden Wanderer ins Zimmer
des Priors führte, geflissentlich den überraschten Blick des Torwächters
ignorierend.
    Bruder Georg, als Prior verantwortlich
für die Geschicke des Konvents Sankt Paul, umgab eine beeindruckende Aura.
Nahezu so groß wie Robert und doch nur halb so schwer, verlieh ihm seine für
Mönche eines Bettelordens so charakteristisch hagere Gestalt die seines Amtes
angemessene Würde und Authentizität. Seine funkelnden, eisblauen Augen ließen
auf einen wachen Geist schließen und die Art und Weise, wie er die beiden
Fremden empfing, zuvorkommend, wenn auch nicht überschwänglich herzlich,
interessiert, jedoch ohne jede Neugier, wirkte aufrichtig und Vertrauen
erweckend. Er schickte Bruder Johann, trockene Tücher zu holen, und ergriff das
Wort.
    »Gesegnet seien die Geschicke, die
Euch in unser Kloster geleitet haben, liebe Wanderer. Was führt Euch denn zu
uns?«
    Robert beeilte sich, dem Prior zu
antworten, bevor sein Freund etwas entgegnen konnte. Osman beherrschte die
hiesige Sprache zwar besser als manch ein Einheimischer, aber noch lange nicht
deren Gepflogenheiten, und so hatte sein loses Mundwerk den beiden bereits
mehrfach Scherereien bereitet.
    »Wir kommen aus Bremen
und sind auf der Durchreise nach Cölln. Hier in Hildesheim, so sagte man uns,
würden wir auf den Hellweg stoßen, der direkt ins Rheinland führt.«
    Der Prior nahm Bruder Johann zwei
grobe Leinentücher ab, die er sodann an die beiden Reisenden weiterreichte.
    »Da habt Ihr sehr wohl recht.
Keine halbe Meile von hier, zwischen dem Marktplatz an der Kirche des heiligen
Andreas und der Kreuzkapelle, da treffen die beiden Straßen aufeinander. Ihr
müsstet die Stelle bereits passiert haben, solltet Ihr auf direktem Weg zu uns
gefunden haben. Doch jetzt erholt Euch erst einmal von den Strapazen der Reise.
Bruder Mattias wird Euch eine Zelle weisen und einen heißen Trank zur Stärkung
bereiten. Ihr wisst freilich, die Brüdergemeinschaft des Dominikus ist ein
Bettelorden, wir leben von Almosen und haben selbst nicht viel, doch das Wenige
teilen wir gern, seid also herzlich willkommen.«

     
    *

     
    Die Zelle klein zu
nennen, wäre ihrem Ausmaß nicht gerecht geworden, denn sie war winzig. Die
Einrichtung bestand aus zwei aufgeschütteten Strohhaufen, worauf jeweils zwei
Leinentücher lagen, eines zum Abdecken der Lagerstätte und eines zum Zudecken
zur Nacht, daneben eine Kerze und an der Wand ein schmuckloses Holzkreuz, das
war alles. Angesichts der spartanischen Einrichtung ihrer Unterkunft
befürchtete Robert bereits weiteres Gezeter von Osman, doch der schien vorerst
seine Lektion gelernt zu haben – oder war einfach nur zu müde, jedenfalls fügte
er sich klaglos seinem Schicksal. Ihre nassen Kleider gaben sie Bruder Mattias,
der sich anbot, sie dem Küchenmeister zum Trocknen zu übergeben.
    Da saßen sie nun
eingewickelt in Leinentücher, ein jeder auf seinem Strohhaufen. Der trockene,
dichte Stoff und die bald einsetzende Wärme waren das Angenehmste, was ihnen
seit Beginn ihrer Reise zuteil geworden war. Als Mattias mit zwei Bechern
wieder ihre Zelle betrat, war Osman bereits eingenickt, und auch Robert wurden
die Lider immer schwerer. Er bedankte sich herzlich bei Mattias, trank seinen
Kräutertee in einem Zug, dann schloss er die Augen. Osman ließ er ruhen.

     
    *

     
    Die letzten
Sonnenstrahlen des Tages malten ein scharfes Muster von Licht und Schatten auf
die Tür ihrer Klosterzelle. Verwundert schaute Osman zum Fenster, das, drei Fuß
hoch, aber bestenfalls einen halben breit,
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher