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Das Geheimnis des Goldmachers

Das Geheimnis des Goldmachers

Titel: Das Geheimnis des Goldmachers
Autoren: Peter Hereld
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ein
schwacher Trost. Er hing seine Nase in die Luft und versuchte zu ergründen, was
ihnen aufgetischt würde, doch die Gerüche aus der Küche, die zu ihm
herüberwehten, waren derart schwach und unaufdringlich, dass ihm nichts Gutes
schwante. Alles was mundet, verbreitet ein kräftig-würziges Aroma, erinnerte er
sich, das Essen jedoch, welches in diesem Moment in großen Kesseln zu ihnen
hineingeschafft wurde, schien aus reinstem Wasser zu bestehen, dermaßen
geruchlos kam es daher.
    »Nimm’s gelassen hin, mein
Freund«, raunte ihm Robert zu, »morgen gehen wir auf den Markt und machen den
Bauern und Knochenhauern unsere Aufwartung. Stopf dir den Magen voll, so weit
es denn geht, denn ich möchte nicht durch dein Bauchgegrummel am Schlaf
gehindert werden.«
    Osman schaute auf seinen Teller
herab, der ihm inzwischen vom Küchenbruder gebracht worden war, dem Einzigen
mit Leibesfülle in diesem Kloster. Schau an, dachte er sich, ausgerechnet der
Koch scheint das eine oder andere Pfund zu viel am Körper zu tragen – ein
Schuft, wer Übles dabei denkt, auffällig allerdings war es schon. So sehr ihn
der Gedanke auch amüsierte, sogar in den Reihen der so sittsamen und
ernsthaften Dominikaner einen gefunden zu haben, dessen Leib bisweilen schwächer
war als sein Geist und dessen Schuld, angesichts seines Amtes, nicht deutlicher
zu Tage treten konnte, so sehr wiederum ernüchterte ihn der trübselige Anblick
dessen, was angedacht war, seinen Hunger zu stillen. In einer Brühe, die an
Klarheit reinstem Wasser glich, verloren sich einige wenige Vegetabilien,
zumeist schrumpelig kleingewachsene, schlecht geschälte Wurzeln. Von Fleisch
konnte keine Rede sein.
    Was für ein Trauerspiel.
    Lustlos spielte er mit dem bei
Tisch liegenden Holzlöffel in seiner Suppe herum, als eine Schwarzwurzel sein
Interesse erregte. Er kannte das hiesige Gewächs zwar nicht, doch diese Rübe
versprach zumindest angesichts ihrer Größe einen gewissen Sättigungsgrad. Er
versuchte, sie mit dem Löffel aus der Brühe herauszufischen. Der Teller jedoch
war tief und der Löffel gerade wie ein Stock, was im Zusammenspiel bewirkte,
dass er es nicht fertigbrachte, das Objekt seines Verlangens aus der Suppe
herauszubefördern. Schließlich, einige zermürbende Versuche später, besann sich
Osman seines Essbestecks, das er immer bei sich führte, und entnahm seinem
Lederbeutel eine zweizinkige Gabel. Schon hatte er die widerspenstige Rübe
aufgespießt und zum Mund geführt, als sich etwas Merkwürdiges ereignete.
    Ein Raunen erfüllte plötzlich die
Halle.
    Osman schaute auf, um zu
ergründen, was denn geschehen sei.
    Alle starrten ihn an, manche
zeigten gar obendrein ganz unverhohlen auf ihn, einige Novizen bekreuzigten
sich überdies.
    »Himmel noch eins, was ist bloß in
die gefahren?«
    Auch Robert konnte sich
den plötzlichen Aufruhr nicht erklären.
    Eine Gruppe Mönche, es
mochten vier oder fünf sein, standen auf und gingen mit grimmiger Miene auf
ihren Tisch zu. Da erhob sich Robert zu voller Größe und im Nu war die
Entschlossenheit auf den Gesichtern der Mönche verschwunden, nun hielten sie
fürs Erste inne und beratschlagten sich. Osman wusste noch immer nicht, wie ihm
geschah, da bemerkte er am Ende seines Tisches den Mönch zur Rechten des
Priors, der ihm ein Handzeichen gab, die Gabel zu senken. Schnell befolgte er
den Ratschlag und verstaute sie wieder im Lederbeutel.
    Bruder Georg und mit
ihm auch jener andere Mönch erhoben sich. Sofort wurde es ganz still in der
Halle. Beschwichtigend hob der Prior seine Arme, dann begann er leise, aber
bestimmt zu sprechen, während der andere zu Robert und Osman hinüberging.
    »Haltet ein, Brüder, trefft nicht
ein voreiliges Urteil. Ihr seht selbst, es handelt sich bei dem Fehlenden um
einen Fremden, einen Orientalen. Bruder Albert ist mit den dortigen Sitten und
Gebräuchen vertraut, lassen wir ihn prüfen, ob es sich hier nicht nur um einen
schrecklichen Lapsus handelt. Setzt euch wieder und bewahrt Stillschweigen
darüber, bis eine Klärung vorliegt. Gott segne euch!«
    Indessen war Albert bei Robert und
Osman am Platz angekommen.
    »Folgt mir!«, wies er sie ruhig,
aber bestimmt an.
    Gemeinsam mit fünf weiteren
Dominikanern verließen sie umgehend den Speisesaal und auf knarrenden
Holzstufen ging es hinauf ins erste Geschoss zu einer Kammer, die zwar um ein
Vielfaches größer war als die Zelle der beiden Wanderer, jedoch bis in den
letzten Winkel vollgestopft mit Büchern,
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