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Das Geheimnis des Goldmachers

Das Geheimnis des Goldmachers

Titel: Das Geheimnis des Goldmachers
Autoren: Peter Hereld
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robust wirkte. Die Steine waren im Gegensatz zu denen in der
Mauer wesentlich akkurater in Form geschlagen, was dem Baumeister deutlich mehr
Möglichkeiten zur Herausarbeitung einiger Finessen wie feine Wehrzinnen am
oberen Abschluss oder Wetternischen für die Wachsoldaten links und rechts des
Torbogens bot. Die Pforte schließlich bestand aus massiven, eisenbeschlagenen
Eichenbohlen. Sie war zweiflügelig, links und rechts mit schweren Eisenangeln
versehen und schwang nach innen auf.
    Als Robert und Osman auf das
Stadtportal zuritten, waren beide Flügel vollständig geöffnet und die Wächter,
direkt unter dem Torbogen vor dem Regen untergestellt, würdigten die beiden
Ankömmlinge keines Blickes.
    Schweigend ritten sie gemächlich
auf dem innerorts befestigten Handelsweg durch die Altstadt Hildesheims, vorbei
an der Sankt Jakobikirche geradewegs auf die Sankt Andreaskirche zu. Nach dem
gut einwöchigen Ritt durch ödes Wald- und Sumpfland tat es beiden gut, endlich
wieder Stadtluft zu atmen. Häuser so weit das Auge reichte, lückenlos
aneinandergereiht, säumten den Wegesrand, bis auf einige wenige Steingebäude
zwar aus Holz gefertigt, aber dennoch bedeutend größer als die windschiefen
Hütten in der Siedlung zuvor. Stolz priesen Handwerker auf bemalten Holztafeln
dem Wanderer ihre Künste an. Hier deutete ein gemalter Stiefel auf einen
Schuhmacher hin, beim Nachbarn prangte über dem Türbogen ein Brustpanzer, also
war hier ein Plattner zu Haus, daneben ein Sattler, ein Beutler, zwei weitere
Schuhmacher direkt nebeneinander, ein Weber, wieder ein Schuhmacher und
schließlich, bevor eine Gasse die Häuserreihe unterbrach, stand dort, ganz in
Stein gebaut, das eindrucksvolle Anwesen eines Knochenhauers. Der abgetrennte
Schweinekopf auf dem Schild verwies eindeutig auf seine Zunft.
    Der Weg wurde zusehends breiter,
die Häuserreihen lichteten sich und schließlich tauchte der Westturm der
Kapelle des heiligen Andreas vor ihnen auf. Gerade und schnörkellos in ihrer
Bauart, beeindruckte weniger die schlichte, kleine Kirche als vielmehr der
gewaltige Vorplatz. Dort, südlich des Kirchenschiffs, fand gerade ein
Wochenmarkt statt, der nach wie vor sintflutartig niederpeitschende Regen
verlieh dem Marktgeschehen allerdings einen absurd kümmerlichen Anblick. Auf
dem üppig dimensionierten Platz waren derzeit gerade einmal drei Händler
zugange, neben einem Knochenhauer und einem Bauern natürlich auch ein
Schuhmacher. Wie sollte es anders sein in dieser Stadt, die hauptsächlich von
Schuhmachern und Geistlichen bevölkert zu sein schien, dachte sich Osman beim
Anblick des Handwerkers. Belustigt beäugte er im Vorbeireiten die drei
Gesellen, die mehr damit beschäftigt waren, ihre Waren vor dem Wetter zu
schützen, als sie an den Mann zu bringen, dann schließlich brach er das lange
Schweigen.
    »Wo wollen wir nun einkehren?«
    »Ein Kloster wäre recht, das
erstbeste, das unseren Weg kreuzt.«
    »Ja bist du denn von allen guten
Geistern verlassen? Seit mehr als einer Woche sehen wir nichts weiter als
Bäume, Sümpfe und ab und an ein Wildschwein, dieser verdammte, immerwährende
Regen schält uns allmählich die Haut von den Knochen, und du willst jetzt
ausgerechnet in einem Kloster rasten? – Bei Allah, das kommt nicht infrage!«
      »Die Pferde und Kleider haben uns fast
das gesamte Geld aufgebrauchtund bis nach
Cölln ist es noch weit hin. Wir müssen mit dem Rest haushalten, um nicht schon
vor unserem Ziel mittellos dazustehen.«
    »Du sprichst von meinem Geld, als
wäre es das deine.«
    »Erzähl nicht solch einen Unfug.
Als Gefangener deines Herrn konnte ich mir unmöglich Geld herbeischaffen, das
weißt du sehr wohl!«
    »Ja, ja, schon gut«, erwiderte
Osman nun beschwichtigend, »hast ja recht. Du bist zwar nicht schlauer als ich,
aber allemal vernünftiger. Dann lass uns eben in einem Kloster absteigen.
Hauptsache, ein Dach überm Kopf und ne heiße Suppe im Bauch, nach mehr verlangt
es mich inzwischen auch nicht mehr.«

     

Das Kloster zum heiligen Paul
    Bruder
Mattias, seines Zeichens Botanicus des am Brühl gelegenen Dominikanerklosters
Sankt Paul, wollte zuerst seinen Augen nicht trauen, als er die beiden Fremden,
einen Riesen und einen Muselmanen, gemächlichen Schrittes durch seinen Kräutergarten
trotten sah. Neben dem Koloss wirkte der andere wie ein Zwerg. Bruder Johann,
der ihnen die Pforte geöffnet hatte, ging voraus und sie folgten ihm zum Prior.
Was für ein seltsames Gespann die beiden
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