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Das Geheimnis der Totenkiste

Das Geheimnis der Totenkiste

Titel: Das Geheimnis der Totenkiste
Autoren: ERROL LECALE
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in ihm?
    Die Maschinen der Unity schleppten die beiden Schiffe durch den Tang des Sargassomeers.
    Beim Einbruch der Nacht hatte Macneils Unruhe sich nicht gelegt, im Gegenteil – sie hatte sich womöglich noch verstärkt. Immer noch war kein Wind aufgekommen, immer noch hing die drückende Atmosphäre über ihnen, die normalerweise einem Sturm vorausgeht. Aber das Barometer stand hoch. Für Orkane war nicht die richtige Jahreszeit, und außerdem gab es keinen Grund zur Beunruhigung.
    Macneil fluchte über seine Kenntnisse des Sargassomeers. Selten, daß sich jetzt noch Segelschiffe hierherverirrten. Aber der Grund, weshalb sie es nicht taten, war genau der, den ein Dampfschiff vorzog: ruhiges Wasser, keine hohen Brecher, keine stürmischen Winde, eine träge Strömung. Na ja, und der Beerentang störte nicht allzu sehr, wenn man das Wasser hier kannte wie er. Hätte er jedoch den üblichen Kurs genommen, wäre er nicht auf den verdammten Dreimaster gestoßen.
    Im Augenblick hob nicht einmal der Gedanke an das Bergungsgeld seine Stimmung. Sein Vater war der siebte Sohn eines siebten Sohns gewesen, vielleicht hatte er – auch wenn er nie daran geglaubt hatte – doch etwas von dem ungewollten Zweiten Gesicht abbekommen.
    Die verfluchte Unruhe ließ ihn auch nicht schlafen. Er versuchte es, gab es aber bald wieder auf. Etwa eine Stunde nach Mitternacht spürte er, daß das Heck unkontrolliert hin und her schwang.
    »Mister!« brüllte er seinen Ersten an. »Was für einen Steuermann haben Sie denn für die Grijt Henryk eingeteilt? Einen Cowboy, vielleicht? Sie schwankt wie besoffen…«
    »Higgins, der Waliser, Sir… Er ist ein guter Mann am Ruder, Sir.«
    »Und was ist das dann dort am Heck? Sie liegt ja schon fast längsseits!«
    Macneil vergewisserte sich hastig, daß das Hecklicht der Unity auch tatsächlich brannte – denn nach ihr würde Higgins sich richten. Es flackerte ungetrübt.
    Er nahm das Megaphon. »Ahoy, Higgins!« brüllte er. »Mehr Abstand bewahren. Hören Sie, Higgins! Mehr Abstand!«
    Aber der Waliser rührte sich nicht.
    Macneil runzelte die Stirn. »Mister Jorkens«, brummte er. »Lassen Sie das Beiboot klarmachen. Ich fürchte, ich werde es wieder brauchen…«
    Es dauerte eine Weile, bis die Mannschaft sich einfand. Es war ganz offensichtlich, daß keiner den Wunsch hegte, noch einmal Fuß auf die Grijt Henryk zu setzen.
    »Sie ist ein Unglücksbringer«, murmelte einer der Besatzung. »Je eher wir das Tau kappen und sie absetzen, desto besser.«
    Macneil wunderte sich selbst, daß er den Mann nicht zurechtwies. Der Grund war weniger, daß er Aufruhr befürchtete, sondern daß er insgeheim nicht anders dachte.
    Nie war er so ungern in ein Boot gestiegen und über einen Flecken ruhigen, sicheren Wassers gefahren. Bedeutsamerweise verhielten alle sich schweigsam. Die Männer brummten nicht einmal. Nur das Knarren der Ruder war zu hören und das Plätschern des Wassers, wenn sie eintauchten.
    Als sie längsseits des Holländers ankamen, rief Macneil nach Higgins und den beiden anderen Freiwilligen, Johansen und Morton, die an Bord geblieben waren.
    Keine Antwort erfolgte, keine Strickleiter wurde herabgelassen, keine Schritte waren an Deck zu hören.
    »Ein Unglücksschiff, ein fluchbeladenes Schiff – ein Totenschiff«, brummte die gleiche Stimme wie an Bord der Unity.
    »Das genügt!« bellte Macneil jetzt doch. »Diese verdammten pflichtvergessenen Kerle! Beim Klabautermann, dafür gehörten sie gekielholt!«
    Wütend kletterte er an Deck.
    »Higgins!« donnerte er. »Wo, zum Teufel sind Sie?«
    Fast bewußt peitschte er seinen Ärger auf, um damit seine geheimen Befürchtungen zu unterdrücken.
    Das mondhelle Deck war so leer, wie es nur sein konnte. Er schritt es langsam ab und rief immer wieder nach den drei Seeleuten.
    Die Laterne am Kompaßhäuschen vor dem Ruder brannte. Aber keine Hand steuerte den Kurs. Das Rad drehte sich durch den Zug des Taus langsam von Seite zu Seite. Macneil blickte verlangend hinüber zu den Lichtern der Unity.
    Aber er mußte seine Leute finden.
    Diese Faulenzer, diese Halunken, sie haben die Schnapsvorräte entdeckt und liegen besoffen unter Deck, versuchte er sich selbst zu überzeugen.
    Aber ein eisiger Schauder lief ihm den Rücken hinab, Innerlich wußte er, es gab keinen normalen Grund, weshalb sie ihren Posten hätten verlassen sollen.
    Irgend etwas Entsetzliches war auf dem Schiff passiert. Etwas sagte ihm, daß er Higgins, Johansen und Morton nie
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