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Das Geheimnis der Totenkiste

Das Geheimnis der Totenkiste

Titel: Das Geheimnis der Totenkiste
Autoren: ERROL LECALE
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Cornwall, »sehen Sie sich das an!«
    Er stand am Kompaßhäuschen und deutete auf das Deck neben dem Ruder. Zwei kleine dunkle Flecken zeichneten sich auf dem sauber geschrubbten Teakholzboden ab.
    »Ich hab in meinem Leben schon viel Blut gesehen«, erklärte Pengally. »Ich war in Penzance bei einem Fleischer in der Lehre, ehe ich zur See ausgerückt bin. Das da ist zweifellos Blut!«
    Macneil nickte, schwieg jedoch. Ja, es konnte ohne weiteres Blut sein. Aber weshalb nur zwei so kleine Flecken? Und wo waren die Verwundeten oder gar Toten geblieben?
    Wo war Higgins? Wo die beiden anderen? Er konnte sich keinen Streit zwischen den dreien vorstellen, der zu Handgreiflichkeiten und vielleicht gar zum Tod geführt hatte. Higgins, Johansen und Morton waren alte Freunde und hielten zusammen wie Pech und Schwefel, deshalb hatten sie sich auch gemeinsam für den freiwilligen Wachdienst auf der Grijt Henryk gemeldet. Doch selbst wenn es Unstimmigkeiten zwischen ihnen gegeben, wenn einer die beiden anderen erschlagen hätte – was war dann aus dem dritten geworden? Wieso gab es keine anderen Zeichen eines Kampfes als diese beiden Flecken, die vielleicht Blut waren?
    Kapitän Macneil war besorgt wie nie zuvor.
    Der Instinkt, sein sechster Sinn riet ihm, das Schiff sofort zu verlassen. Aber seine nicht weniger ausgeprägte schottische Sparsamkeit ließ es nicht zu, daß er auf das Bergungsgeld verzichtete.
    Und als der Kapitän der Unity und verantwortungsbewußter Mann konnte er es auch nicht zulassen, daß die Grijt Henryk frei durch das Wasser trieb und ahnungslose Schiffe gefährdete.
    Seine widerstrebenden Gefühle ließen ihn einen Entschluß fassen.
    »Jungs«, wandte er sich an die kleine Gruppe, die sich mittschiffs um ihn gesammelt hatte. »Ich will euch nicht verheimlichen, daß auch ich nicht weiß, was ich von der Sache halten soll, und daß irgend etwas nicht mit rechten Dingen zugeht. Aber etwas ist ganz sicher. Es herrscht keine Seuche auf dem Holländer, und auch eure Kameraden sind keiner zum Opfer gefallen – es gibt ganz einfach keine, die so schnell wirken könnte. Auch war weder Meuterei noch ein Piratenüberfall dafür verantwortlich, daß das Schiff verlassen wurde. Also weder Seuche, noch Piraten, noch Meuterei… Was übrigbleibt? Ich weiß es nicht.
    Ich will offen und ehrlich sein. Ich habe nicht die Absicht euch zu bitten, länger als nötig auf dem Holländer zu bleiben. Wir werden uns etwas einfallen lassen, eine Art automatische Steuerung, die wir am Ruder anschließen, damit die Grijt Henryk ihren Kurs wenigstens soweit hält, daß wir sie abschleppen können – aber es bleibt keiner von uns an Bord. Wir kehren alle auf die Unity zurück und bleiben dort, bis wir in London Anker werfen. Einverstanden?«
    Die Männer atmeten hörbar auf.
    »Aber Käpt’n, Sir, was immer es ist, angenommen, es versucht vom Holländer auf unser Schiff zu kommen! Vielleicht ist dann sogar die Unity gefährdet.«
    »Ja, ich weiß, was ihr meint. Aber wir werden kein Auge von dem Dreimaster lassen, deshalb werden wir auch ständig Doppelwache aufstellen. Und beim ersten Anzeichen von Gefahr kappen wir das Tau. Das verspreche ich euch, Jungs. All right?«
    Macneil war erleichtert über das zustimmende Gemurmel, allerdings innerlich auch ein wenig erbost. Schließlich war er der Herr des Schiffes und es paßte ihm nicht, daß er sich zu einem Kompromiß mit seinen Leuten hatte herablassen müssen.
    Doch nach seiner Zusicherung arbeiteten die Männer viel williger. Der Gedanke, je schneller sie hier fertig wurden, desto eher würden sie auf der Unity zurücksein, trieb sie offensichtlich an.
    Ein komplexes Flaschenzugsystem wurde von dem schweren Teaksteuerrad über das Deck zu Befestigungshölzern gezogen, deren Position genau berechnet worden war. Sollte die Grijt Henryk nach einer Seite ausscheren, würden die Flaschenzüge sie auf geraden Kurs zurückbringen.
    Die Stimmung der Männer hob sich so sehr, daß sie sogar, wenn auch mehr laut als schön, zu singen begannen, während sie die schweren Warpleinen befestigten.
    Aber ihre Erleichterung war trotzdem deutlich zu spüren, als ihre Arbeit vollendet war und sie ins Boot stiegen. An Bord der Unity machten sie der aufgestauten Spannung durch derbe Späße Luft. Jeder von ihnen hatte das Gefühl, einer schrecklichen Gefahr entgangen zu sein.
    Vielleicht waren sie das wirklich, dachte Kapitän
    Macneil grimmig, während er zur Grijt Henryk hinüberblickte, um zu
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