Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Geheimnis der Totenkiste

Das Geheimnis der Totenkiste

Titel: Das Geheimnis der Totenkiste
Autoren: ERROL LECALE
Vom Netzwerk:
Steuerbord.
    Tatsächlich, es war ein Schiff, ein echtes Schiff, ein Dreimaster, dessen Segel schlaff von den Rahen hingen.
    All das registrierte er im Bruchteil einer Sekunde und tat, als wäre es ihm schon längst aufgefallen. Der Kapitän sah alles. Davon mußte ein Schiffsjunge fest überzeugt sein.
    »Wir haben hier also ein fremdes Schiff«, brummte er. »Nun sag mir, was du davon hältst. Hast du es dir schon durchs Glas angesehen?«
    »Mr. Jorkens, Sir, glaubt, daß mit dem Schiff etwas nicht stimmt, Sir.«
    Macneil fluchte insgeheim. Er war von seinem Ersten nicht sehr angetan. Jorkens machte der Tochter des Eigners den Hof und sah sich bereits als Chef der Schiffahrtsgesellschaft. Wenn es je seit kommt, dachte Macneil, dann freß ich den Anker
    Aber irgend etwas schien wirklich faul mit dem
    Klipper. Wieso waren die Vorsegel Back, als wollte er beidrehen?
    Er warf einen Blick durch das Glas und brummte etwas Unverständliches vor sich hin.
    Das Schiff ragte hoch aus dem Wasser, was auf einen leeren oder zumindest fast leeren Laderaum schließen ließ. In dem kaum nennenswerten Wind, der gerade reichte, die Segel jetzt ein wenig aufzublähen, gierte es leicht von Back- nach Steuerbord.
    Niemand stand am Ruder, auch waren die Segel nicht gezurrt, wie es der Fall hätte sein müssen, wenn es wegen schlechten Wetters beigedreht wäre, ehe es ins Sargassomeer einfuhr.
    Eine unbestimmte Vorahnung sandte einen kalten Schauder über Kapitän Macneils Rücken. Später bereute er, daß er nicht darauf geachtet hatte, daß er dem Klipper nicht das Heck zudrehte und mit voller Kraft davondampfte.
    Im Augenblick wunderte er sich jedoch nur, daß keine Menschenseele sich an Deck des Dreimasters befand- kein Rudergänger, kein Ausguck, ja nicht einmal Neugierige, obwohl man gewiß auch dort drüben seit Wochen kein anderes Schiff gesichtet hatte. Es war unnatürlich. Alles an diesem Klipper war unnatürlich. Nur eines stand fest: Er befand sich in Seenot. Und der Kodex der See verlangte, daß er alles zur Hilfe unternahm, was in seiner Macht stand.
    »Steuerbord, Mister!« befahl er Jorkens. »Wir werden uns die Hübsche näher ansehen.«
    Der Steuermann gab den Befehl an den Rudergänger weiter, und der Dampfer Unity drehte auf das hohe Schiff zu, das in der öligen See schaukelte.
    Mit jeder Minute des Näherkommens wurden die Einzelheiten deutlicher sichtbar. Es befand sich tatsächlich niemand auf Deck. Und auf der ihnen zugewandten Seite hingen die Leinen der Rettungsboote ins Wasser.
    Hatte die Mannschaft den Klipper verlassen? Und wenn ja, weshalb?
    Den Masten und Segeln nach zu schließen, war er keinem Sturm ausgesetzt gewesen.
    Nach Macneils Erfahrung gab es nur zwei weitere Gründe, ein Schiff aufzugeben – Feuer und Seuche. Ein Feuer hätte Spuren hinterlassen, es waren jedoch keine bemerkbar.
    Wieder brummte Macneil etwas Unverständliches vor sich hin. Pest? überlegte er. Gelbfieber? Pocken? Cholera? Die halbe Besatzung tot und die Überlebenden ergriffen die Flucht?
    Der Name am Bug war nun zu lesen. Grijt Henryk. Eine niederländische Flagge hing schlaff vom Heck.
    »Ein Holländer, Sir!« rief Jorkens. Er war ein noch sehr junger Mann und machte auf der Unity seine erste Fahrt als Steuermann.
    »Wie aufmerksam«, brummte Macneil sarkastisch. »Gehen Sie näher heran.«
    Langsam stampfte die Unity um den Dreimaster. Jeder an Bord machte es sich zur Aufgabe, mit bloßem Auge oder Fernglas, wo vorhanden, die Decks des Fremden abzusuchen.
    »Rufen Sie, Mister« befahl Macneil. »Sie haben eine laute Stimme, wenn ich mich nicht irre…«
    Doch auch auf Jorkens Aufforderung rührte sich nichts auf dem Klipper.
    Macneil musterte das fremde Schiff. Es befand sich, zumindest äußerlich, in gutem Zustand und schien noch verhältnismäßig neu zu sein.
    »Ein Boot, Mister. Sie übernehmen hier das Kommando, bis ich zurück bin.«
    »Käpt’n, Sir, wäre es nicht möglich, daß eine Seuche an Bord herrscht?«
    »Daran dachte ich auch schon«, erwiderte Macneil schwer. »Aber sie haben weder die gelbe Fahne gehißt, noch ihre Nationalflagge auf Halbmast gesetzt. Ich werde an Bord gehen.«
    Er blinzelte verschmitzt. »Sie wird uns Bergungsgeld einbringen, Mr. Jorkens. Denn es sieht ganz so aus, als hätte man sie aufgegeben. Wir werden sie in Tau nehmen, und dann gehört sie uns.«
    Die paar tausend Pfund Bergungsgeld, dachte Kapitän Macneil, würden seinem Bankkonto guttun.
    Eine nicht sehr begeisterte, ja sogar
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher