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Das Geheimnis der sieben Palmen

Das Geheimnis der sieben Palmen

Titel: Das Geheimnis der sieben Palmen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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zwischen seinen dicken Fingern zerquetschen; er hob sie gegen die untergehende Sonne, seine Faust wurde weiß, so gewaltig war der Druck seiner Hand.
    In diesem Moment warf Evelyn einen schweren goldenen Teller. Als eine blitzende Scheibe zischte er durch die Luft, veränderte seine Richtung, stieg wie unter einem Aufwind hoch und traf Sempas emporgereckte Faust.
    Sempa zuckte zusammen. Die kleine Göttinnenfigur fiel aus seiner Hand. Erstaunt blickte er auf seinen kleinen Finger. Die Amethystplatte des herrlichen Königsringes hatte sich gedreht, der Teller hatte – ein Zufall nur oder die letzte Rache der Inkas? – den Ring gestreift und die Platte herumgerissen. Ein kaum spürbarer Stich war die Folge, Sempa nahm ihn gar nicht wahr. Er spürte auch nicht den dünnen goldenen Dorn, der in seinem Finger stak und über den das Gift jetzt in seinen Körper rann.
    Der königliche Tod!
    Die süße Verklärung!
    Das Aufgehen in eine Illusion …
    Sempas letzte Verwandlung war wahrhaft königlich.
    Verzückt starrte er in den Feuerball der untergehenden Sonne, breitete die Arme weit aus und schritt in hoheitsvoller Haltung dem lockenden Licht entgegen.
    Er ging an Evelyn vorbei, die gelähmt von diesem Anblick, nicht mehr flüchten konnte – aber er beachtete sie gar nicht. Er hörte auch nicht, wie Phil ihn aufforderte, stehenzubleiben, er sah nicht, daß Evelyn mit staksigen Schritten zu Phil lief und ihn losband, er nahm nicht mehr wahr, daß Phil in völliger Erschlaffung zusammenknickte, zwischen den Inkaschatz fiel und Evelyn seinen Kopf in ihren Schoß bettete … Er sah nur noch die Sonne, einen rotgoldenen Ball, ein Firmament voller Edelsteine, ein Meer aus Kristallen, und alles, alles gehörte ihm, dem mächtigsten Herrscher der Welt.
    Mit langen Schritten rannte Sempa auf den Steilhang zu. Als er ganz vorn am Abbruch stand, brach ein Jubelton aus ihm heraus, der selbst dem zu Tode erschöpften Phil ins Herz fuhr.
    Noch einmal breitete Sempa die Arme weit aus, noch einmal jubelte er der Sonne zu … dann stieß er sich ab, um der schimmernden Goldkugel entgegenzufliegen.
    Es war ein entsetzlich-schöner Anblick. Einen Augenblick hielt sich Sempa wirklich in der Luft, schwebte er schwerelos dahin. Der Federmantel hatte sich ausgebreitet, trug ihn für zwei oder drei Sekunden: ein goldglitzernder Riesenvogel, der zu den Göttern flog.
    Dann kippte er ab und stürzte hinunter in die Lavaklippen. Trotz des Meeresrauschens hörte man den Aufschlag. Zum letztenmal klirrte das Gold an seinem Körper, ein schriller, aufschreiender Ton.
    »Mein Gott!« stöhnte Phil. »O mein Gott …« Dann streckte er sich, mit dem deutlichen Gefühl, selbst auf den Klippen zerschellt zu sein.
    Sieben Tage dauerte es, bis Phil Hassler wieder auf dem Rücken liegen konnte. Evelyn hatte fast die ganze Bordapotheke verbraucht, stäubte die Wunden mit Penicillinpuder ein, strich Heilsalbe auf die geplatzten Hautpartien und umwickelte Phil mit breiten Binden.
    Am Morgen nach Sempas Tod humpelte Hassler über die Lavazunge hinunter zur Bucht und besichtigte die Felsen, in die sich Ari gestürzt hatte.
    »Du willst ihn doch wohl nicht zurückholen?« fragte Evelyn. Sie stützte Phil und blickte dabei, wie er, hinüber zu den Klippen, über die jetzt die Morgenflut rauschte. Das Meer fraß sich mit Donnern durch die zerklüfteten Felsen, schäumte über die Riffe und sprühte in breiten Gischtwolken bis zu dem schmalen Sandstrand hinüber.
    Phil schüttelte langsam den Kopf. »Das Meer wird ihn sich holen«, sagte er. »Was von ihm übriggeblieben ist, wird es zertrümmern und mit sich fortreißen. Wenn die Ebbe läuft, werden wir von Ari nichts mehr sehen. Und mit ihm wird für immer versinken, wovon es bisher nur Sagen gab: der Mantel und die Krone der Inkakönige.«
    Sie setzten sich in der Bucht auf eine der Kisten, die noch von der Yacht stammten, blickten auf das tobende Meer und auf die Klippen, zwischen denen jetzt Sempas Körper zermalmt wurde. Erst als die Sonne zu heiß brannte, stapften sie zur Wohnhöhle zurück und setzten sich in den Schatten. Vor ihnen schimmerte das goldene Heer der Inkastatuen, glitzerten die Edelsteine und geschliffenen Bergkristalle, leuchtete Sempas Goldhaufen, in dem er gebadet hatte. Allein, zwischen den sieben Palmen, einsam, den Blick zum Meer gewandt, in lichtumflossener goldener Nacktheit, stand Yuma. Es war, als sei sie in Trauer erstarrt …
    Phil hob die Schultern. Plötzlich fror er. »Wir
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