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Das Geheimnis der sieben Palmen

Das Geheimnis der sieben Palmen

Titel: Das Geheimnis der sieben Palmen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Rütteln den wie betäubt schlafenden Phil, führte ihn zum ›erfrischenden Bad‹ unter den kleinen Wasserfall und untersuchte die geschwollenen Schultern und den aufgeplatzten Nacken.
    »Nichts Schlimmes!« sagte er gütig. »Das heilt schnell. Wir haben es bald geschafft, mein Hündchen …«
    Dann waren sie wieder da zwischen den sieben Palmen, mit der ersten Kiste, dem ersten Sack des Tages, und bauten den Inkaschatz auf. Das Scheppern der goldenen Teller und Gefäße weckte auch Evelyn.
    So langsam, wie diese drei Tage vorbeigingen, so rapide wuchs Sempas Irrsinn, auch ohne das Gift der Inkas. Es kam über ihn in Schüben: Mal lachte er grell, dann grölte er wie ein Betrunkener, überschüttete Evelyn mit den gemeinsten Worten und widerwärtigsten Anträgen, oder er fesselte Phil wieder an eine der Palmen und begann, mit seinen Goldschätzen zu spielen.
    Einmal, am Mittag des vierten Tages, zog Sempa sich nackt aus und wühlte sich in einen Haufen von Goldmünzen, Plättchen und kleinen Tellern. Er badete in seinem Gold, wie er es sich gewünscht hatte. Yuma, seine goldene Prinzessin, hatte er in sein ›Bad‹ mitgenommen und räkelte sich dort mit ihr herum in wilder Leidenschaft. Hassler hockte neben dem Goldbad, wieder an Händen und Füßen gefesselt, nach vorn gekrümmt, zur Bewegungslosigkeit zusammengeschnürt.
    »Evelyn!« schrie Sempa. »Hierher! Hierher! Ich lade dich ein! Die schönsten Rubine für dich, wenn du zu mir in die königliche Badewanne steigst!«
    Am Abend dieses Tages holte Sempa aus seiner Höhle wieder den Königsmantel und die Federkrone des letzten Inkakönigs hervor und begann, sich damit zu bekleiden.
    »Wirf die Sachen weg, Ari!« rief Phil. Er saß gefesselt mitten in der nach Kompanien aufgebauten goldenen Armee, zum Umfallen müde, mit bleischweren Armen und Beinen. Schultern, Nacken und Rücken waren aufgequollen, ein einziger, breitflächiger, bläulicher Bluterguß, durchsetzt mit aufgeplatzter Haut. »Zieh die Sachen sofort aus, Ari! Sie bringen dich um!«
    Dich und mich, dachte Phil. Denn bevor das Rauschgift dich lähmt, wirst du mich töten. So widersinnig es ist: Du mußt weiterleben, damit auch ich lebe …
    Sempa winkte ab und setzte die herrliche Königskrone auf. Die bunten Federn schwankten im Wind, der Mantel blähte sich … Man konnte verstehen, daß die Inkas geglaubt hatten, ihre Könige könnten wie ein Condor fliegen.
    Die fürchterliche Verwandlung Sempas von einem Menschen zu einem Wesen, das in der neuen Welt der Halluzinationen ein fremdes Leben führt, dauerte dieses Mal nur eine halbe Stunde. Dann wirkte das sich zu Gas verflüchtigende Gift, mit dem die Federn getränkt worden waren, abermals: Die Welt veränderte sich wundersam vor Sempas Augen, die Farben wechselten, die Felsen leuchteten wie durchsichtige Kristalle, und die goldenen Figuren des Inkaschatzes erfüllten sich mit Leben, sogar die Teller und Gefäße wurden zu Lebewesen, zu Fabelgebilden, die kriechen und hüpfen konnten, die sangen und tanzten und lachend sich gegenseitig umbrachten.
    Alles löste sich auf, vernichtete sich, verwandelte sich … Nur der König aller Könige, der von der Sonne Ernährte, lebte weiter …
    Sempa stolzierte gravitätisch herum, suchte in einem Haufen von Inkawaffen ein Beil mit Obsidianklinge und ein Obsidianmesser und starrte Phil dann schweigend an.
    Es war der Augenblick, in dem Hassler wußte, daß er verloren hatte.
    Es war aber auch der Augenblick, in dem Evelyns wilde Verzweiflung unhaltbar ausbrach und alle Vorsicht mit sich wegriß.
    Sie stürzte auf Sempa zu, nahm die erste der goldenen Figuren, die sie greifen konnte, und schleuderte sie mit voller Wucht gegen Sempas Brust. Der Irre schwankte etwas, zog die Schultern hoch und tappte wie ein gefederter Riesendrache auf sie zu. Wortlos, ohne einen Laut – eine Maschine, die den Impuls bekommen hat: Töte! Töte!
    Sie griff nach der nächsten Figur und schleuderte sie nach ihm. Sempa wich ihr aus, aber der dritte Wurf, schnell danach, traf ihn wieder voll. Lautlos nahm er den Aufprall hin und tappte ungehindert weiter, ein in Gold und bunte, schillernde Federn gehüllter Roboter. Kein menschliches Denken belastete ihn mehr.
    Der vierte Wurf … Eine kleine Göttin, zartgliedrig, nackt, mit spitzen Brüsten, wie Yuma. Sempas Gesicht verzog sich zu einer Grimasse. Er streckte die Hand aus und fing das Geschoß im Fluge auf, bevor es seinen Kopf treffen konnte. Es war, als wolle er die Figur
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