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Das Geheimnis der Rosenlinie - Esch, W: Geheimnis der Rosenlinie

Das Geheimnis der Rosenlinie - Esch, W: Geheimnis der Rosenlinie

Titel: Das Geheimnis der Rosenlinie - Esch, W: Geheimnis der Rosenlinie
Autoren: Wilfried Esch
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beruhigender Stimme.
    »Nicht, wenn es um existenzielle Fragen der römischen Kirche geht.«
    »Ihr zweifelt an Eurer Kirche? Bedenkt, was Ihr erreicht, würdet Ihr sie zerstören, nur weil sie ein paar harmlose Fehler hat. Ihr würdet Millionen Menschen ihren Glauben nehmen, sie ins Chaos stürzen, und dass in einer Zeit, in der Europa vom Dämon des Krieges heimgesucht ist. Wäre es da nicht besser, einen Glauben zu praktizieren, der vielleicht einige Mängel aufweist, aber immerhin den Weg zu Gott weist, als gar keinen Glauben zu besitzen? Fehler kann man berichtigen, auch später, wenn die Zeit dafür gekommen ist.«
    »Ehrwürdiger Vater, ich unterbreche Euch ungern, doch dürfte ich mich in die Marienkapelle begeben? Ich würde dort gerne beten«, wiederholte Matthias seine Bitte.
    »Geht, die Tür ist offen. Und Euch Bruder Maurus mache ich einen Vorschlag: Lest das Evangelium, macht Euch selbst ein Bild und entscheidet, ob es tatsächlich Wert ist, einen Streit in Eurer Kirche vom Zaune zu brechen.«
    Aus dem Evangelium nach Maria Magdalena
    … Da erhob sich Maria, gab allen den Gruß (Kuss) und sprach zu den Brüdern: „Weint nicht, trauert nicht und zweifelt nicht, denn seine Huld wird mit euch sein und euch hüten. Lasst uns seine Größe rühmen, denn er hat uns hergerichtet und aus uns Menschen gemacht.“
    Indem dies Maria sagte, wendete sie den Sinn derer, die ihr zuhörten zum Guten, und sie begannen über die Worte des Retters miteinander zu reden.
    Petrus sprach zu Maria: »Schwester, wir alle wissen, dass der Retter dich lieber hatte als die anderen Frauen. Sage du uns Worte des Retters, derer du dich erinnerst und die du kennst, wir aber nicht, weil wir sie auch nicht gehört haben.«
    Da fing sie an, ihnen diese Worte zu sagen:
    »Ich», sprach sie, »ich sah den Herrn im Traum und sprach zu ihm: Herr ich sah dich heute in einem Traum! Er gab Antwort und sprach zu mir: Segen über dich, da du nicht strauchelst bei meinem Anblick. Denn wie euer Herz ist, wird auch eure Kraft zu sehen sein.«
    Langsam und bedächtig durchschritt Matthias die kleine Kapelle. Er setzte sich vor dem Altar in die erste Bank, den Blick auf eine Marienikone gerichtet, die über dem steinernen Altar hing. An den Wänden hingen weitere Mariendarstellungen und dazwischen eine Ikone, die Jesus zeigte. Jesus hatte die Arme ausgebreitet und Matthias glaubte zu erkennen, dass er auf die beiden Mariendarstellungen zur seiner Linken und zu seiner Rechten zeigte. Neugierig erhob er sich und ging auf das Bildnis zu. Ein Triptychon, dachte er bei sich. Als er dicht vor der Christusdarstellung stand, konnte er am unteren Bildrand griechische Schriftzeichen erkennen. »Sonderbar«, murmelte er. Wo habe ich dies schon einmal gesehen? Er ging zurück zur ersten Bank und setzte sich grübelnd wieder hin. Ein Rascheln riss ihn aus seinen Gedanken und er reckte den Kopf in Richtung des Geräuschs. Eine Frau hatte die Kapelle betreten und schritt zum Altar. Sie hatte ein Tuch über den Kopf gelegt, so konnte Matthias sie nicht genau erkennen. Ihr Kleid war braunrot und ihre Gestalt zierlich. Sie trat vor den Altar und stellte eine weiße und eine rote Rose in eine Vase. Sie bekreuzigte sich, wandte sich zum Gehen, so dass der Advocatus für einen Augenblick ihr Gesicht erkennen konnte. Sie lächelte scheu, schlug die Augen nieder und zog sich das Kopftuch tiefer ins Gesicht. Als sie hinauseilte, berührte sie Matthias’ Schulter, den bei der Berührung ein warmer Schauer durchlief. Kaum einen Atemzug lang hatte er das Gefühl, die Frau zu kennen.
    Das Geheimnis ruht in mir, kam es ihm in den Sinn. Natürlich, die Worte in Caravaggios Skizzenbuch. Sollte das Evangelium in der Ikone verborgen sein? Die Frau! – jetzt wusste er es wieder: das Skizzenbuch! Ruckartig stand Matthias auf. Erneut betrachtete er die Ikonen, diesmal eingehender. Die Frau rechts von Jesus hatte eindeutig jüngere Gesichtszüge als die Frau zur Linken.
    Mutter und Ehefrau, kam es ihm in den Sinn. Zwei Marien, zwei Königinnen, zwei Rosen, die eine weiß, die andere rot. Aber wer war die Frau in dieser Kapelle und woher kam sie überhaupt? Caravaggio musste sie gekannt haben.
    Matthias lief hinaus. Im Innenhof des Klosters fand er jedoch nur Kapitän Nuri und seine Mannen. Er stürmte auf sie zu.
    »Wo ist Maurus, wo ist der Mönch?« Nuri sah ihn verdutzt an, überlegte kurz und zeigte dann auf die Hauptkirche. Matthias lief hinüber und traf im Vorraum auf
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