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Das Geheimnis der Puppe

Das Geheimnis der Puppe

Titel: Das Geheimnis der Puppe
Autoren: Hammesfahr Petra
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    Den Rest ließ sie offen. Lauras Vater kannte ich zu diesem Zeitpunkt bereits. Ein knappes Jahr zuvor hatte sie mich abends in die Stadt geschleppt, ins »La Bauri.« gegenüber dem Volksgarten. Ein Restaurant, das damals noch so gar nicht zu unserem Geldbeutel passen wollte. Das muß man uns angesehen haben. Denn ein sehr distinguierter Herr wollte uns gleich wieder abweisen mit der dezent und überaus freundlich vorgebrachten Frage, ob wir einen Tisch reserviert hätten. Laura legte den Kopf ein wenig in den Nacken, zauberte einen selbstbewußt stolzen, fast schon hochmütigen Ausdruck auf ihr Gesicht.
    »Herr Doktor Robin hat für einundzwanzig Uhr einen Tisch bestellt. Schauen Sie doch bitte nach, ob er schon da ist. Wir sind hier mit ihm verabredet.«
    Der Name Robin bewirkte ein kleines Wunder. Augenblicklich wurden uns die Jacken abgenommen. Lauras Vater war bereits anwesend, schaute uns lächelnd entgegen, als wir an seinen Tisch geführt wurden. Ich mochte Bertram Robin auf Anhieb. Inzwischen nenne ich ihn seit vielen Jahren Bert. Ein mittelgroßer, leicht untersetzter Mann Anfang Fünfzig. Das dunkelblonde Haar war schon von grauen Schläfen durchzogen und lichtete sich bereits. Darunter ein rundes, gutmütig wirkendes Gesicht. Er war freundlich und ein wenig zurückhaltend. Laura stellte mich vor, erzählte in harmlosem Plauderton. Ich erfuhr, daß sie sich seit geraumer Zeit mindestens einmal im Monat mit ihrem Vater traf. Es war mir nie aufgefallen. Das Menü, das Bert für uns zusammenstellte, war ausgezeichnet. Und auch danach saßen wir noch eine ganze Weile, ehe Laura sich zögernd nach ihrer Mutter erkundigte.
    »Sie ist vor ein paar Tagen in den Spessart gefahren«, sagte Bert. Dann sprach er beiläufig über einen Fall, der ihm kürzlich übertragen worden war. Kindesmißhandlung mit Todesfolge. Bert ist Staatsanwalt.
    »Meine Frau regt sich immer entsetzlich auf, wenn sie von solchen Dingen hört«, erklärte er mir.
    »Und leider läßt sich nicht immer vor ihr verheimlichen, woran ich gerade arbeite. Sie ist ein sehr sensibler Mensch, vor allem wenn es um Kinder geht. Wenn es nach ihr ginge, würden die Babys gleich nach der Geburt eingesammelt und dem Staat übergeben, nur um sicherzustellen, daß ihnen kein Haar gekrümmt wird.«
    Wir sprachen dann nicht weiter über Marianne. Auch bei späteren Treffen zeigte Bert sich in dieser Hinsicht verschlossen.
    »Sie ist im Harz. Sie ist für ein paar Tage in den Schwarzwald gefahren. Zur Zeit hält sie sich im Spessart auf.«
    Sie war immer irgendwo, immer gerade vor ein paar Tagen abgereist oder in ein paar Tagen eintreffend. Manchmal hatte ich das Gefühl, daß Marianne Robin gar nicht existierte. Und dieses Gefühl setzte ich natürlich gleich in eine neue Idee um. Ich kann einfach nicht anders. Wenn irgendwo eine Frage auftaucht, die sich nicht auf Anhieb zu meiner Zufriedenheit beantworten läßt, dann beginnt es in mir zu arbeiten; das geschieht automatisch. Nun trafen wir uns also wieder einmal mit Bert. Sprachen über die bevorstehende Trauung, über die geplante kleine Feier, über die Einladung an meine Eltern. Bert freute sich zu hören, daß wir ihn ebenfalls sehr gerne dabei hätten, wenn eben möglich zusammen mit seiner Frau. Zwei, drei Minuten vergingen, er nickte schweigend, seufzte, meinte dann, Marianne würde sich wohl ebenfalls über eine Einladung freuen, und selbstverständlich kämen sie gerne. Am nächsten Tag rief er mich an und schlug vor, in seinem Haus zu feiern. Mit Laura hatte er bereits gesprochen. Die hatte ihn an mich verwiesen. Es gab ein paar gute Argumente für seinen Vorschlag. Wir waren nur acht Personen. Das Brautpaar, die Eltern, zwei Kollegen Lauras als Trauzeugen. Unsere Wohnung war zu klein. Eigens einen Raum anzumieten, lohnte nicht. Wir hatten daran gedacht, unsere Gäste nach der Trauung in ein gutes Restaurant zu führen. Aber Bert meinte, daheim sei es doch viel gemütlicher, man sei unter sich und nicht gezwungen, gleich nach dem Essen wieder aufzubrechen. Und immerhin sei Laura die einzige Tochter, für die er solch eine Feier ausrichten könne. Daß er sein Haus nur aus Rücksicht auf Marianne anbot, konnte man dabei nur vermuten. Der große Augenblick, vor dem ich dann doch ein wenig Herzklopfen bekam, war eine nüchterne und bescheidene Angelegenheit. Im nachhinein schien es mir eine Sache von Sekunden. Meine Eltern hatten uns unbedingt zum Standesamt begleiten wollen. Mutter schluchzte
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