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Das Geheimnis der Puppe

Das Geheimnis der Puppe

Titel: Das Geheimnis der Puppe
Autoren: Hammesfahr Petra
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darin wie glitzernde Löcher. Wir halfen ihr hinauf. Bert griff nach einem Spaten. Laura drehte sich um und ging mit schleppenden Schritten zum Haus zurück.

Nachwort 

    Heute ist Donnerstag, der. Dezember. Es waren Niederschläge angesagt, aber die Luft ist ganz klar und der Himmel nur leicht bewölkt, wie von einem Dunstschleier überzogen, weiß und sehr hell. Die Sonne kann man nur ahnen. Dennoch sorgt sie da draußen für ein schon grelles Licht. Das Drehbuch ist seit gut einer Woche fertig. Wolfgang Groner hat es sich bereits angesehen, er war sehr zufrieden mit mir. In den letzten Szenen habe ich Sandy sterben lassen. Weil es für solch eine Existenz kein normales Leben mehr geben kann. Kein Happy-End diesmal. Aber es war ja nur eine Geschichte, von der ersten bis zur letzten Seite frei erfunden. Und es hat Spaß gemacht, sich die Details auszudenken, bei denen es dem Leser später kalt über den Rücken lief. Cheryl auf der Flucht, den Fleischklops, wie Wolfgang das nannte, in eine Decke eingewickelt. Zwei Szenen, in denen Sandy selbst nicht gezeigt wurde, die jedoch den Zuschauern suggerierten, daß da etwas Grauenhaftes in einem dunklen Winkel hockte. Das konnte ich, und es ist im Prinzip auch schon alles, was ich kann. Deshalb werde ich auch in Zukunft Geschichten schreiben, in denen sich Menschen in reißende Bestien verwandeln. Wobei sie nicht unbedingt wie Monster aussehen müssen. Im Gegenteil, mit freundlichen Gesichtern sind sie viel schlimmer. Das Gruseln, das ein Quasimodo als Glöckner von Notre Dame oder ein Salvatore in Ecos Der Name der Rose erzeugen, ist doch ziemlich oberflächlich. Das geht nicht unter die Haut. Aber die Vorstellung eines kleinen Kindes, das wie ein Tier in einem Verschlag dahinvegetieren mußte, dem man alles versagte, was zum Menschsein dazugehört, die geht an die Nieren, mir jedenfalls. Ich wollte nach der Arbeit der letzten Monate und nach allem, was noch hinzukam, mindestens eine Woche verschlampen. Ausschlafen, dem Hirn ein wenig Freiheit gönnen, ehe ich es wieder in einen neuen Stoff zwänge. Aber ich kann nicht, ich muß einfach schreiben über dieses letzte halbe Jahr, über Laura und mich, über Mariannes Krankheit und Lauras Not, über meine eigene Hilflosigkeit. Über Anna. Ich vermisse sie so, unser kleines, stilles, geduldiges Mädchen. Und ich hoffe doch, sie hat sich in den wenigen Wochen bei uns wohlgefühlt. Wenn sie denn überhaupt noch etwas fühlen konnte. Morgens erwache ich in aller Herrgottsfrühe. Ich mache mir rasch einen Kaffee und nehme die Tasse gleich mit hinauf ins Arbeitszimmer. Und da sitze ich dann. Von meinem Fenster aus kann ich einen Großteil des Gartens überschauen. Er ist noch unverändert, immer noch Wildnis. Wenn ich vom Stuhl aufstehe, kann ich zwischen den kahlen Baumkronen ganz weit hinten den kleinen Teich erkennen. Als hätte man uns einen winzigen, matten Spiegel in den Park gelegt. Einen Spiegel, dessen Oberfläche von Sprüngen durchzogen ist. Aber das sind nur die Äste. Anna war so gerne beim Teich. Einmal erwischte ich Danny, wie er zwei Kaffeelöffel aus der Besteckschublade nahm und in seiner Tasche verschwinden ließ. Anschließend stieg er auf einen Stuhl, holte einen der alten Trinkbecher aus dem Schrank und wollte sich aus dem Staub machen. Dann stand er vor mir, wie eben ein auf frischer Tat ertappter Sünder steht.
    »Aber Anna mag so gerne mit einem Löffel und einem Becher spielen, Papa.«
    Ja, stundenlang konnte sie auf dem Boden hocken, füllte Wasser in den Becher, kippte ihn aus, füllte ihn wieder. Etwas näher zum Haus hin sehe ich die mächtige alte Fichte und das kleine Grab unter ihren bräunlich-grünen Zweigen. Das Grab sehe ich in Wahrheit gar nicht, ich weiß nur, es ist da. Genauso weiß ich, daß Laura da ist. Im Keller, in der Dienstbotenkammer. Ich hasse diesen Ausdruck, und wir sagen ja auch seit langem Arbeitszimmer dazu. Laura kann stundenlang reglos auf dem Bett sitzen, die Stoffpuppe auf dem Schoß, den Blick auf die Eisenklappe gerichtet. Ich habe immer noch Angst um sie, obwohl mir scheint, daß sie allmählich wieder zu sich selbst findet. Sie hat Danny beigebracht, ein paar Buchstaben zu malen. Dann haben sie zusammen im Garten nach einem großen, flachen Stein gesucht. Und Danny hat vier Buchstaben darauf gemalt. ANNA. Den Stein haben sie gegen den Stamm der Fichte gelehnt, man sieht ihn nur, wenn man davor in die Hocke geht und die unteren Zweige ein wenig anhebt. Danny macht das
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