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Das Geheimnis der Puppe

Das Geheimnis der Puppe

Titel: Das Geheimnis der Puppe
Autoren: Hammesfahr Petra
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oder wollte. Die Babywäsche wuchs sich zu kleinen Bergen aus. Als Laura auch im fünften Monat immer noch ihre gewohnten Röcke und Hosen mit Hilfe eines kleinen Gummibandes schließen konnte, vermutete Marianne bereits, sie schnüre sich den Leib ein. Sie hielt Vorträge über die Gesundheit und die Schäden, die man mit solch einem Tun beim Kind anrichten konnte. Aber dennoch, sie benahm sich nicht halb so großmütterlich verrückt wie meine Mutter. Literweise frisch gepreßte Obstsäfte bei jedem Besuch. Die Salate gleich schüsselweise und dazu ein »anständiges« Stück Fleisch. Begleitet wurde das alles von so manchem vorwurfsvollen Blick in meine Richtung.
    »Du bist so schmal geworden, Laura, ißt du auch vernünftig.«
    Ab und an klangen spitze Bemerkungen auf, von wegen anständigem Beruf, Familie ernähren und so weiter. Im März wurde Danny geboren. Laura wollte mich auf gar keinen Fall dabei haben. Heimfahren mochte ich auch nicht. So saß ich anfangs allein im Warteraum der Klinik. Und es dauerte. Das stundenlange Stillsitzen fraß alle meine guten Vorsätze. Ich hatte niemanden beunruhigen oder aufregen, ich hatte unsere Eltern erst informieren wollen, wenn alles überstanden war. Aber weil es gar so lange dauerte, rief ich doch sicherheitshalber meinen Vater an. Und als wir dann endlich alle beisammen waren, ließ Danny uns noch einmal geschlagene zwei Stunden warten. Mutter und Marianne trösteten sich gegenseitig, unterhielten sich mit der Tatsache, daß sie selbst derartiges auch schon erlebt hatten. Und so aus der Erinnerung schien es ein Kinderspiel. Vater war ohnehin die Ruhe selbst, jedenfalls tat er so, erklärte uns rund zwanzigmal, daß eben alles seine Zeit brauchte. Nur Bert durchlebte die Nervosität mit mir zusammen. Er saß neben mir auf einem Stuhl, den Oberkörper weit vorgebeugt, die Unterarme auf die Oberschenkel gestützt. Seine Hände waren in ständiger Bewegung. Nicht einen Augenblick lang konnte er sie stillhalten. Und manchmal stöhnte er leise auf. Dann erlöste man uns endlich. Ein Junge, gute acht Pfund schwer.
    »Ein Prachtkerl«, sagte Vater. Mutter fand ihn süß, Marianne weinte vor Rührung ein wenig, und Bert stand still und schweigend dabei, die Erleichterung war ihm überdeutlich ins Gesicht geschrieben. Laura war erschöpft und sehr zufrieden mit sich. Es war vier Uhr in der Nacht, und wir standen alle um ihr Bett herum, einer verrückter als der andere. Es wundert mich heute noch, daß die Nachtschwester uns nicht einfach hinauswarf. Marianne küßte Laura auf die Stirn, hielt ihre Hände minutenlang fest.
    »Du hast ein Baby, Liebes, einen gesunden, einen prachtvollen Sohn.«
    Und als ob sie es nicht fassen könnte, wiederholte sie die Worte mehrmals. Herr im Himmel, alles war gut, alles war perfekt, so unbegreiflich normal. Kleinbürger waren wir, Spießbürger, unbeschwert und harmlos. Wenn ich heute darüber nachdenke, kann ich nur lachen. Und es ist verdammt, kein fröhliches Lachen. Das Wöchnerinnenzimmer, selbstverständlich ein Einzelzimmer erster Klasse. Vater und Bert teilten sich den Mehraufwand, damit Laura ihr Baby Tag und Nacht bei sich haben konnte. In Wahrheit wohl eher, damit sie selbst jederzeit vor diesem winzigen Metallbettchen stehen konnten. Natürlich besuchte ich Laura jeden Tag. Meist fuhr ich kurz nach fünf in die Klinik. Zu dem Zeitpunkt hatte sich Marianne bereits verabschiedet. Und Laura wirkte gelöst, wenn sie mir von der Unterhaltung mit ihrer Mutter erzählte. Nach sechs kam dann Bert. Er blieb nie lange. Und wenig später erschienen meine Eltern. Sonntags saßen wir alle zusammen an Lauras Bett. Fast wäre es dabei zu einem Streit gekommen. Mutter hatte die übliche Flasche Malzbier auf den Nachttisch gestellt, und Laura gab die dazu übliche Erklärung ab. Daß sie unseren Sohn nicht stillen würde, gar nicht stillen könnte, weil sie bereits in einer Woche wieder in die Agentur mußte. Dort war jemand erkrankt. Man hatte Laura höflich gebeten, keinesfalls unter Druck gesetzt, nur nachgefragt, ob sie eventuell bereit sei, einzuspringen, und ihr dabei gleichzeitig eine Gehaltserhöhung geboten. Und Laura hatte mit beiden Händen zugegriffen. Mutter riß entsetzt die Augen auf, murmelte etwas von einem armen Kind. Auch mein Vater schien sprachlos. So viel Verantwortungslosigkeit hatte er bei Laura nicht erwartet. Als Laura diese entsetzten, sprachlosen Mienen sah, wurde sie wütend.
    »Danny ist kein armes Kind«, erklärte
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