Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Geheimnis der Puppe

Das Geheimnis der Puppe

Titel: Das Geheimnis der Puppe
Autoren: Hammesfahr Petra
Vom Netzwerk:
sie in sehr bestimmtem Ton.
    »Er wird bestens versorgt, davon bin ich überzeugt. Tom ist den ganzen Tag daheim. Er wird sich schon um ihm kümmern.« Dann kam noch der Satz, den Laura besser verschwiegen hätte. »Und wir brauchen das Geld.«
    Plötzlich ging alles durcheinander. Vater hielt mir den längst überfälligen Vortrag von anständiger Ausbildung, versäumten oder abgelehnten Chancen, Schlamperei und vernünftiger Arbeit. Bert versuchte, ihn zu beschwichtigen, indem er dagegenhielt, daß ich doch durchaus mein Geld verdiene, daß man mein Tun und Lassen nun wirklich nicht als Spielerei bezeichnen könne. Daß er nicht mit mir tauschen möchte, weil ich mir seiner Meinung nach einen harten Broterwerb gewählt hatte und so weiter. Mutter weinte ein paar Tränen, beugte sich zu dem winzigen Bettchen hinüber, strich dem ungeachtet des Lärms, der um ihn herum veranstaltet wurde, friedlich schlafenden Danny über das Köpfchen. Und Marianne erklärte mit beherrschter, ruhiger, aber dennoch die beiden Männer übertönender Stimme:»Das sind doch überholte Ansichten. Warum soll ein Mann nicht für sein Kind das gleiche tun können wie eine Frau.«
    Alle starrten sie an, Laura mit vor Überraschung halboffenem Mund. Dann legte sie eine Hand auf Mariannes Arm.
    »Danke, Mama.«
    Betretenes Schweigen, Vater streifte mich mit einem teils wütenden, teils zerknirscht wirkenden Blick. Mutter seufzte vernehmlich. Nach fünf Tagen holte ich meine Familie heim, und zwei Tage später begann für mich ein ganz anderes Leben. Laura ging kurz nach acht aus der Wohnung, und nur selten kam sie kurz nach fünf zurück. Wenn eine wichtige Besprechung in der Agentur anstand, konnte es auch Mitternacht werden. In der Zwischenzeit hatte ich mehrfach das Fläschchen gegeben, die Windeln gewechselt, Kaffee getrunken, zwischendurch auch einen Happen gegessen und versucht, ein neues Monster zu kreieren. Danny war ein äußerst friedfertiger Bursche, der den größten Teil des Tages verschlief, jedenfalls in den ersten Wochen. An ihm konnte es nicht liegen. Aber irgendwie ging es nicht mehr so von der Hand. Solange ich das Baby auf dem Arm hielt, schien mein Kopf vor Ideen förmlich zu bersten. Lag er dann wieder in seiner Wiege, kam es mir vor, als hätte man mir von links nach rechts durch das Gehirn geblasen. Es war alles noch so frisch. Lauras Schwangerschaft, die Geburt. All die uneingestandenen Ängste spukten mir noch durch den Kopf. Daneben erschien selbst die blutrünstigste Phantasie blaß und fade. Ich quälte mich förmlich von Seite zu Seite durch einen Roman, wie ich nun schon ein gutes Dutzend geschrieben hatte. Ich habe oft darüber nachgedacht, woran es wohl gelegen hat. Die Vorwürfe meines Vaters, die mir doch einen Stich versetzt hatten. Vielleicht auch das Gefühl einer nun größeren Verantwortung. In jedem Fall aber das Gefühl, daß ich irgendwann, in zwanzig, fünfundzwanzig Jahren, ebenso dastehen wollte wie mein Vater. Daß ich irgendwann, in zwanzig oder fünfundzwanzig Jahren etwas haben wollte, auf das ich stolz zurückblickte. Vielleicht war es auch einfach nur Trotz, das Bedürfnis, ihm und allen anderen zu beweisen, daß mehr in mir steckte als tanzende Ungeheuer. Da war diese Idee, seit unserer Hochzeit schwebte mir das Bild vor dem inneren Auge. Ein großes Haus, düster und hoch gelegen, der alte Sonderling einsam zwischen den Mauern. Die unverhofft eintreffenden Menschen, viel weiter war ich damit nie gekommen. Natürlich hätte ich ein Monster in den Keller setzen können, eine vergrabene Leiche, deren Geist nun im Haus umgeht. Aber genau das wollte ich nicht. Und etwas anderes fiel mir nicht ein. Danny war vierzehn Tage alt, als ich mich daranmachte, wenigstens das Haus zu beschreiben. Ich weiß noch, daß ich ihn auf dem Arm hielt, daß ich mit der freien Hand die ersten Sätze in die Tasten schlug. Titel: Das Haus auf dem Hügel. Es blieb vorerst bei wenigen Sätzen. Aber jeden Tag kamen einige hinzu. Ganz langsam tastete ich mich an etwas heran, das mir selbst eine Gänsehaut verursachte. Die zwölf Menschen störten mich irgendwie, sie schienen nicht in das Bild zu passen, welches mir vorschwebte. So ließ ich sie weg. Konzentrierte mich auf das junge Mädchen, sprang um zwanzig Jahre zurück und beschrieb ein Kind. Einen hilflosen, abhängigen Säugling, dem der alte Sonderling etwas Grauenhaftes antat. Was genau, wußte ich noch nicht. Ich wagte es auch nicht, mit Laura darüber zu
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher