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Das Geheimnis der Monduhr: Roman (German Edition)

Das Geheimnis der Monduhr: Roman (German Edition)

Titel: Das Geheimnis der Monduhr: Roman (German Edition)
Autoren: Amanda Brooke
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geschafft.«
    »Ach, Holly, meine Liebe. Ich bin dir ja so dankbar. Endlich konnte ich wieder für jemanden wie eine richtige Mutter sorgen.« Beide waren den Tränen nahe, doch keine wollte als Erste die Fassung verlieren.
    »He, ihr beiden, ihr tut ja, als würdet ihr euch nie wiedersehen. Jetzt komm schon«, drängte Tom erneut.
    Holly wandte ihren Blick nicht von Jocelyn, als sie die Auffahrt hinuntertapste und sich ins Auto zwängte. Jocelyn blickte ihr nach, und erst als das Auto nicht mehr zu sehen war, erlaubte sie sich ein paar Tränen. Aber auch das nur für einen kurzen Augenblick. Es gab noch allerhand zu tun.
    »Darf ich dich um einen Gefallen bitten?«, fragte sie Billy und richtete sich zu voller Größe auf, soweit es ihre alten Knochen zuließen. »Ich habe hier noch das eine oder andere zu erledigen, wäre dir danach jedoch dankbar,
wenn du mich nach Hause fährst. Heute wird mir der Heimweg zu viel, glaube ich.«
    »Du möchtest nach Hause gefahren werden? Das ist ja ganz was Neues. Aber ich bin gerne zu Diensten«, lächelte Billy, aber plötzlich sah er sie besorgt an. »Dir fehlt doch nichts, Joss?«
    »Wird schon wieder«, versicherte Jocelyn augenzwinkernd.
    »Na gut. Wäre doch schade, wenn die Frau meiner Träume Sorgenfalten kriegt.«
    »Ich fürchte, dafür ist es ein bisschen zu spät«, meinte Jocelyn. Sie sah das Torhaus an. »Hat schon viel gesehen, nicht wahr?«
    Beide blickten zu der eindrucksvollen Fassade hinüber, die ihr Alter und ihre Geheimnisse hinter frisch gestrichenem Fachwerk und wucherndem Geißblatt verbarg.
    Billy zog die Augenbrauen hoch. »Manche Dinge lässt man besser in der Vergangenheit ruhen.«
    »Manche Menschen auch« ergänzte Jocelyn bedeutungsvoll.
    »Und darum ist heute auch ein besonderer Tag. Es wird Zeit, dass wir einen Schlussstrich unter die Vergangenheit ziehen und nach vorne schauen.« Billys Augen glitzerten verdächtig.
    »Ich hätte es nicht besser ausdrücken können. Aber genug geschwatzt, ich hab zu tun und du auch«, meinte Jocelyn und schickte ihn wieder an die Arbeit im Garten.
    Holly hatte Jocelyn mit Schlüsseln und Anweisungen versehen, damit alles vorbereitet war, wenn Tom allein mit
dem Neugeborenen nach Hause kam. Mit den Vorräten, die Holly aufgetürmt hatte, hätte man eine ganze Armee durchfüttern können.
    Jocelyn schlich leise durch das verlassene Haus, um die Gespenster der Vergangenheit nicht zu wecken. Einem Blick in das neu eingerichtete Kinderzimmer im oberen Stockwerk konnte sie aber nicht widerstehen, obwohl ihre Gelenke mit den Stufen um die Wette knirschten. Als sie den Treppenabsatz erreicht hatte, war aus dem Ziehen im Rücken trotz der Tabletten ein stechender Schmerz geworden, und sie musste erst einmal tief Luft holen, bevor sie die Tür zum Kinderzimmer öffnete. Das leere Bettchen stand in der Mitte und wartete auf Libbys Ankunft. Als Jocelyn näher trat, sah sie, dass es nicht gänzlich leer war, die Stoffpuppe, von der Holly erzählt hatte, lag darin. In den vergangenen Wochen hatte Holly die Puppe mit ins Bett genommen, damit sie ihren Geruch annahm, ein letztes Geschenk, ein letztes Band zwischen Mutter und Tochter.
    Als Jocelyn Stufe für Stufe wieder hinunterging, gab sie sich Mühe, nicht an die Zeit zu denken, in der sie hier zu Hause gewesen war. Die Gespenster hatte sie abschütteln können, aber das schlechte Gewissen, das ihr wie ein Schatten gefolgt war, als sie Harry verlassen hatte, hatte sich als hartnäckiger erwiesen. Doch diese Schuld, die sie seit Jahrzehnten quälte, wurde allmählich leichter, auch wenn ein trauriger Tag vor ihr lag.
    In der Küche, mit der sie seit eineinhalb Jahren auch manche schöne Erinnerung verband, fühlte Jocelyn sich am wohlsten. Eigentlich hätte sie für Toms Rückkehr
eine kräftige Suppe vorbereiten sollen, aber zum Kochen reichte die Zeit heute nicht. Rasch packte sie den Vorrat an Pasteten und Kuchen aus, den sie aus der Teestube mitgebracht hatte und warf nur einen flüchtigen Blick aus dem Fenster auf die Monduhr. Einen weißen Umschlag, das Tagebuch und den Holzkasten ließ sie in ihrem Einkaufskorb.
    Mit dem Korb unter dem Arm machte sich Jocelyn auf den Weg in Hollys Atelier, das ein paar Gespenster besonderer Art barg. Es war schon Ewigkeiten her, seit ihr Mann hier seine Werkstatt hatte, und es sah völlig anders aus als früher, aber trotzdem spürte Jocelyn seine Gegenwart hier am allermeisten.
    Sie legte den Kasten und das Tagebuch auf Hollys
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