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Das Geheimnis der Maurin

Das Geheimnis der Maurin

Titel: Das Geheimnis der Maurin
Autoren: Lea Korte
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Lippen, und dann brach es wie eine Woge aus ihr heraus: »Wer waren diese Männer, Jaime? Was wollten sie von uns? Und warum Chalida? Warum haben sie gerade sie mitgenommen? Jaime, will sich da jemand an uns rächen?«
    »Ich weiß es nicht, aber ich werde es herausfinden«, schwor Jaime ihr. Er küsste sie auf die Stirn und ging zum Lagerfeuer, welches nur noch schwach glomm. Er nahm einen Stock und verschob damit ein paar Scheite. Dann wartete er einen Moment – und stieß den Stock mit plötzlicher Wut mitten in die Glut hinein. Giftig helle, knisternde Funken stoben empor, in der Glut knackte und barst es, und wie von Geisterhand schleuderte es auf einmal wild hochzüngelnde Flammen empor. Jaime warf den Stock ins Feuer und sah mit geballten Fäusten zu, wie das Feuer ihn verzehrte.
     
    Kaum zehn Tage war es her, dass sie alle von Granada aufgebrochen waren, um sich nach langen, entbehrungsreichen Kriegsjahren und einem zunehmend verzweifelten Kampf um ihr geliebtes al-Andalus auf den Weg nach Lissabon zu machen, wo sie ein neues Leben zu beginnen hofften. Da die Christen Zahra als vermeintliche Hochverräterin suchten, hatte sie die Stadt vor der offiziellen Übergabe verlassen müssen, aber auch Raschid und Deborah hatten nicht unter den neuen Herrschern leben wollen. Deborah war in früheren Jahren schon zu oft Opfer von Übergriffen der Christen geworden, um jetzt noch ohne Angst unter ihrer Herrschaft leben zu können. Da Deborahs Eltern seit zwei Jahren recht gut in Lissabon lebten, hatten sie beschlossen, ebenfalls dorthin auszuwandern. Auf ihre Wagen hatten sie das Allernötigste geladen und den überwiegenden Teil des Erlöses ihres Besitzes in doppelten Böden verborgen. Lediglich einen kleinen Teil des Goldes trugen Raschid und Jaime in Lederbeuteln unter ihren Tuniken.
    Obwohl Zahra wusste, dass dies kaum mehr genug war, um damit ein neues Leben in Portugal anfangen zu können, verschwendete sie im Moment doch keinen Gedanken daran. Chalida, das war das Einzige, woran sie denken konnte, und an Yayah und Tamu. Besorgt fühlte sie die Temperatur der beiden. Während Tamu nur leichtes Fieber hatte, war Yayahs Stirn in den letzten beiden Stunden beängstigend heiß geworden. Schon zwei Mal hatte sie ihm einen Heiltrank eingeflößt, der laut Tamu Wunder bewirken konnte, allerdings hatte sie nicht alle Kräuter finden können, die Tamu ihr genannt hatte. Sie konnte nur hoffen, dass der Trank auch so seine Wirkung entfalten würde.
    Irgendwann musste Zahra dann doch eingenickt sein, denn beim ersten Dämmerlicht schrak sie hoch, und sofort ging ihre Hand zu Yayahs Stirn, die ihr unvermindert heiß erschien. Auch sein Puls jagte. Sie tastete nach Tamus Stirn und war froh, dass zumindest sie stabil war. Ein paar Minuten Ruhe wollte sie ihr noch gönnen, aber sobald es richtig hell war, musste sie sie wecken und fragen, was sie sonst noch für Yayah tun konnte. Zahra setzte sich auf und sah, dass auch Jaime schon wach war. Er sattelte sein Pferd und redete mit Raschid. Mit einem Mal schien ihr Wortwechsel heftig zu werden. Zahra erhob sich und trat zu ihnen.
    »Bis Mittag gebe ich uns – und keine Stunde länger!«, knurrte Jaime Raschid an. »Entweder haben wir Chalida bis dahin gefunden und zurückholen können, oder ich mache das, was ich dir eben gesagt habe!«
    »Jaime, ich verstehe, dass du Angst um Chalida hast, aber was du da vorhast, ist der reine Selbstmord und bringt weder dir noch Chalida etwas!«
    »Was hast du vor?«, fiel Zahra ihrem Bruder ins Wort und blickte Jaime fest in die Augen.
    Jaime warf Raschid einen ärgerlichen Blick zu. »Dein Bruder übertreibt. Es gibt derzeit nur eines, was gefährlich ist, und das ist, nichts zu unternehmen!«
    »Ich will wissen, was du vorhast, Jaime!«
    Statt auf ihre Frage zu reagieren, bückte sich Jaime, um den rechten Vorderhuf seines Pferdes auszukratzen.
    Mit bebendem Blick wandte sich Zahra an Raschid. »Dann sag du es mir!«
    »Wenn ich es nicht tue, wirst du wohl keine Ruhe geben.« Unwillig hob Raschid die Augenbrauen. »Nun denn: Jaime meint, wenn wir Chalida bis zum Mittag nicht gefunden haben, müsste er … Nun ja, dann will er zurück nach Granada reiten und seinen Bruder um Hilfe bitten.«
    »Nach Granada? Und ausgerechnet zu Gonzalo?« Zahra fuhr zu Jaime herum. »Das ist nicht dein Ernst!«
    Jaime ließ das Bein des Pferdes sinken und klopfte dem Schimmel auf den Hals. »Doch, Zahra, denn das ist dann der einzige Weg, wie wir Chalida
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