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Das Geheimnis der Herzen

Das Geheimnis der Herzen

Titel: Das Geheimnis der Herzen
Autoren: Claire Holden Rothman
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George sagte, wie wunderschön das Haus aussehe, musterte sie mich mit gerunzelter Stirn. »Ich hab’s nicht für dich getan«, sagte sie spöttisch. »Oder jedenfalls«, ergänzte sie, als sie merkte, wie spitz es geklungen hatte, »nur indirekt für dich. Ich war davon überzeugt, dass du monatelang nicht nach Hause kommst.«
    Im Erkerfenster standen drei Gläser mit Tazetten, die Stängel wie lange grüne Finger.
    »Dieser Duft«, sagte ich schnuppernd. »Sie riechen nach Frühling.«
    »Manche Leute können Narzissen nicht ausstehen, aber ich habe eine Schwäche für sie. Es sind die einzigen Blumen, die schon so früh im Jahr blühen«, erwiderte George.
    Die Narzissenzwiebeln waren dick, dunkel und im Wasser ein bisschen schorfig, ein krasser Kontrast zu den grazilen Blättern und Blüten. »Ich habe sie nicht nur für mich gepflanzt, obwohl sie mich aufheitern. Der eigentliche Grund war Jaime MacDonnell.«
    »Jaime MacDonnell?« Der einzige Jaime MacDonnell, den ich kannte, war ein Junge, der zwei Häuser weiter wohnte, der Sohn des reichsten Mannes von St. Andrews East. Einen absurden Moment lang sah ich im Geist Miss Skerry in romantischer Absicht bei den MacDonnells anklopfen, einen Strauß Narzissen in der Hand.
    »Er war in letzter Zeit öfter hier.«
    »Er ist gerade mal siebzehn!«, rief ich. Jetzt war ich wirklich perplex.
    »Vierundzwanzig, um genau zu sein. Er hat in Flandern gekämpft, aber jetzt ist er schon seit einer Weile wieder zurück und seit Kurzem mit einem sehr netten Mädchen aus Lachute verheiratet. Mit einer Französin«, fügte sie hinzu, als würde das irgendetwas erklären.
    »Und warum, wenn ich fragen darf, kommt er hierher zu Ihnen?«
    George Skerry lachte und sah mich an, als wollte sie sagen, manche Leute wüssten ihre Gesellschaft eben zu schätzen. »Eigentlich wollte er zu dir, aber du warst ja fort, also hat er stattdessen mit mir gesprochen. Er wohnt noch bei seinen Eltern, aber seine Frau, France heißt sie, ist schwanger, und sie hätten gern etwas Eigenes.«
    »Und da dachten sie an die Priory?«
    Miss Skerry antwortete nicht direkt. »France würde dir gefallen«, sagte sie und schaute aus dem Fenster. »Sie ist reizend, aber auch praktisch veranlagt. Wie sagt man auf Französisch? Terre à terre . Ich denke, sie wird eine wunderbare Mutter. Sie hat es nicht leicht, mit ihrer Schwiegermutter unter einem Dach. «
    » Das hat sie Ihnen gesagt?«
    »Sie kommt auch manchmal rüber«, sagte Miss Skerry. »Wir brauchen beide ein bisschen Gesellschaft.«
    »Natürlich«, sagte ich und stellte mir zum ersten Mal vor, wie schwer es für Miss Skerry gewesen sein musste, dass ich direkt nach Laures Tod nach Europa gefahren war. »Ich war nicht hier, um Ihnen zu helfen, George. Verzeihen Sie mir.«
    »Da gibt es nichts zu verzeihen. Du musstest diese Reise machen.«
    Ich nickte. Ich hatte noch kein Wort von meinem Vater erzählt, und Miss Skerry hatte auch nicht gefragt. Es würde schon alles bald genug herauskommen. »Was haben Sie Jaime MacDonnell gesagt?«
    Sie nahm die Brille ab, hielt sie gegen das Licht und inspizierte sie auf Flecken. »Ich habe ihm gesagt, du hängst sehr an dem Haus«, sagte sie, »und würdest dich wahrscheinlich nicht davon trennen wollen.«
    Das stimmte nur zum Teil. Mit der Priory waren viele Erinnerungen verbunden. Hier war meine Mutter gestorben, und Laure und ich hatten den größten Teil unserer Kindheit hier verbracht. Aber das Anwesen kostete mich auch furchtbar viel Geld und Zeit. Mein Zuhause war jetzt in Montreal. Hier hielten mich nur Nostalgie und das Grab meiner Schwester.
    Ehe ich irgendetwas davon in Worte fassen konnte, erzählte Miss Skerry weiter. »Ich glaube, das hat Jaime MacDonnell nur noch entschlossener gemacht. Er ist wie sein Vater, Agnes. Wenn er sich etwas in den Kopf gesetzt hat, bringt ihn nichts auf der Welt davon ab. Und seine Frau ist ganz verliebt in das Haus.«
    Irgendwie merkte ich an ihrem Verhalten, dass sie mir etwas verschwieg. Schließlich kannte ich sie lange genug. »Was wollen Sie damit sagen, George?«, fragte ich. »Was genau haben Sie getan?«
    »Ich?«, sagte Miss Skerry, hakte sich die Brillenbügel hinter die Ohren und sah mich mit übertriebener Unschuldsmiene an. »Ich bin nur die Botin, Agnes.«
    Einiges Nachbohren förderte es schließlich zutage: Jaime MacDonnell und seine Frau hatten ein sehr attraktives Angebot gemacht. Die Summe, die Miss Skerry nannte, würde mir einen komfortablen Ruhestand
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