Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Geheimnis der Burggräfin - Roman

Das Geheimnis der Burggräfin - Roman

Titel: Das Geheimnis der Burggräfin - Roman
Autoren: Wilhelm-Goldmann-Verlag <München>
Vom Netzwerk:
wich die Wand unter seinen tastenden Händen zurück, und er griff ins Leere. Mit einem erleichterten Aufatmen stolperte Prosperius um die Ecke in die Felsenhalle hinein, just in dem Moment, als das Licht hinter ihm hell aufflammte.
    Noch ehe er sich fragen konnte, ob die Mönche ihn womöglich noch gesehen hatten, stieß sein Fuß gegen ein Hindernis. Hastig bückte er sich und tastete danach, um festzustellen, wie er daran vorbeikommen könnte.
    Seine Hände trafen auf kaltes Metall. Dann auf nachgiebigen Stoff. Schließlich auf eine klebrige Feuchtigkeit, die an seinen Fingern haften blieb.
    Kostbare Augenblicke verstrichen, während sein Gehirn sich weigerte, das Bild zu formen, das sich ihm aufdrängte. Und erst als der Schein der Lampe auf sein Gesicht fiel und unmittelbar darauf die vier Mönche den Eingang zu Liutbirgs Klause ausfüllten, kroch ein erstickter Schrei aus Prosperius’ Kehle.

KAPITEL 3
    A men«, beendete Bruder Fridegist das Tischgebet und fuhr im selben Atemzug fort: »Ich will Euch keineswegs drängen, Burggraf, doch Vater Hademar wird das Feuer auf dem Mittelberg bei Sonnenuntergang segnen. Wir sollten uns mit der Mahlzeit beeilen.«
    Bandolf von Leyen, der während des Gebets auf den graubraunen Inhalt seiner Schüssel gespäht und sich gefragt hatte, was für eine Art Eintopf das darstellen sollte, hob den Kopf.
    Da der Palas noch nicht fertiggestellt war, hatte sich der Burggraf von Worms, seit jüngster Zeit auch Vogt des Königs auf der Buchenburg, bei seiner Ankunft in Sachsen in die bedrückende Enge des Bergfrieds einquartiert gefunden. Zwar maß der stattliche Turm von außen gut und gerne fünfunddreißig Fuß von Kante zu Kante, im Innern konnten es jedoch kaum mehr als fünfundzwanzig sein. Einen Gutteil des Raumes nahm die Wendeltreppe ein, die zur Waffenkammer und weiter hinauf zum Ausguck führte. Der klägliche Rest der düsteren Kammer diente ihm als Halle.
    Nur wenig Sonnenschein gelangte durch die Schießscharten von draußen ins Innere des Turms, und das Herdfeuer spendete mehr Qualm als Licht. Zwar hatte man versucht, der Dunkelheit mit Fackeln beizukommen, doch der Erfolg war allenfalls mäßig.
    Der Burggraf warf einen Blick über den Tisch, an dem
sich das Burggesinde zur abendlichen Mahlzeit versammelt hatte.
    Zu seiner Rechten saß Bruder Fridegist, wie es ihm als Burgkaplan zukam, und neben ihm Meister Sigbrecht, der vierschrötige Baumeister. Gegenüber dem Kaplan, zu Bandolfs Linken, hatte sein Marschalk Herwald Platz genommen. Der große, hagere Mann löffelte den Eintopf bedächtig und ebenso schweigsam wie Ingild, die oberste der sächsischen Mägde. Eine weitere Magd und zwei Knechte taten sich am unteren Ende der Tafel am Eintopf gütlich. Zwischen Ingild und Herwald klaffte eine Lücke. Hier pflegte Prosperius, sein junger Schreiber, die Mahlzeiten in sich hineinzuschaufeln.
    Der Burggraf runzelte die Stirn. Er hatte Prosperius nach dem Mittagsmahl nach Egininkisrod geschickt. Das Dorf lag höchstens eine Wegstunde von der Burg entfernt, und jetzt war es bereits nach der Vesper. Was hielt den Burschen nur so lange auf?
    »Wir sollten uns nicht allzu spät auf den Weg machen«, brachte sich Bruder Fridegist in Erinnerung.
    »Wozu die Eile?«, erkundigte sich Bandolf. Bislang hatte er nicht den Eindruck gehabt, als pflegte sich sein Burgkaplan durch übermäßigen Eifer hervorzutun.
    Bruder Fridegists wulstige Lippen zerflossen zu einem Lächeln.
    »Das Landvolk erwartet, dass Ihr dem Fest beiwohnt, und Vater Hademar wäre es gewiss schmerzlich, würdet Ihr erst nach dem Segen auf dem Fest erscheinen«, gab er zur Antwort.
    »Tatsächlich? Man möchte kaum glauben, dass dem Abt von Sankt Mauritius so sehr an meiner Anwesenheit gelegen wäre«, bemerkte der Burggraf trocken.
    »Nun, womöglich habt Ihr Vater Hademars zurückhaltende
Natur ein wenig missdeutet?« Bruder Fridegist nickte, und sein erstaunlich großer Kopf schwankte bedenklich, als wolle er jeden Augenblick von seinem dürren Hals herunterfallen. Er war von schmächtigem Wuchs, mit dünnen Armen und Beinen. Im Gegensatz dazu wölbte sich sein Leib jedoch recht üppig über die Kordel seiner Kutte.
    »Das denke ich nicht.«
    »Es mag Vater Hademar womöglich auch ein wenig verstimmt haben, dass Ihr dem Kloster das Wegerecht und Jagdprivileg zwischen Mittelberg und Buchenfels abgesprochen habt?«, meinte Bruder Fridegist mit einem Hüsteln.
    »Weder Jagdprivileg noch Wegerecht waren je das Eigen
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher