Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Insektenstachel

Insektenstachel

Titel: Insektenstachel
Autoren: André Minninger
Vom Netzwerk:
Hitze
    Justus erwachte. Um ihn herum herrschte absolute Dunkelheit. Nur die Digitalanzeige des Radioweckers auf seinem Nachtschrank verbreitete ein schwaches, grünliches Licht. Es war genau Mitternacht. Justus’ Kopf fühlte sich schummrig an. Gerade hatte er etwas Merkwürdiges geträumt. Er versuchte sich daran zu erinnern, aber die Gedanken waren wie weggeblasen. Er schloss die Augen und versuchte sich mit aller Anstrengung auf den Traum zu konzentrieren. Es war vergeblich.
    »Verdammt, das gibt es doch nicht …«, murmelte er vor sich hin. »Sind dies die ersten Anzeichen dafür, dass ich unter Gedächtnisschwund leide?«
    Er drehte sich auf die andere Seite und schob das Kissen unter seinem Kopf zurecht. Wieder versuchte er, die Traumbilder vor seinem geistigen Auge entstehen zu lassen. Nichts. Die verschiedensten Erinnerungen zogen in seinem Geist vorüber, aber keine von ihnen wollte sich in seinen eben erlebten Traum einfügen. Warum war er überhaupt aufgewacht? Erst jetzt bemerkte er, dass er am ganzen Körper schwitzte. Sogar seine Bettdecke fühlte sich feucht an. Hatte er einen Albtraum gehabt? Er richtete sich auf und wischte sich über die Stirn. Im ganzen Raum herrschte eine hohe Temperatur.
    Justus stieg aus dem Bett und ging zum geöffneten Fenster. Am Außenrahmen war ein Thermometer angebracht. Im ersten Moment wollte er der Anzeige nicht trauen. Deshalb kniff er die Augen zusammen und vergewisserte sich abermals. Es war kaum zu glauben: Draußen betrug die Temperatur neunundzwanzig Grad! In seinem Zimmer war es kaum kühler. Mit einem Ächzen streifte er das nass geschwitzte T-Shirt vom Körper, dann ging er zu seinem Schreibtisch und setzte den Tischventilator in Betrieb. Die umherwirbelnden Propeller erzeugten einen angenehmen Luftzug. Mit einem Gähnen kehrte er zurück ins Bett. Unter der Decke war es nicht auszuhalten, deshalb schob er sie zur Seite, legte sich auf den Rücken und starrte gedankenversunken an die Decke.
    Es war Hochsommer. Justus konnte sich nicht daran erinnern, jemals solchen unzumutbaren Temperaturen ausgesetzt gewesen zu sein. Sein Gaumen fühlte sich trocken an. Er wollte etwas trinken. Tastend griffen seine Hände nach der Mineralwasserflasche neben dem Bett. Die prickelnde Kohlensäure erfrischte. Wieder blickte er auf die Leuchtanzeige des Weckers. Null Uhr vier. Er spürte, wie er allmählich wieder müde wurde. Langsam schloss er die Augen und dämmerte vor sich hin. Schemenhaft entstand das Bild von seinen beiden Freunden Peter und Bob. In Gedanken stand er mit ihnen zusammen in einem Maisfeld. Und plötzlich kehrten die Erinnerungen an seinen Traum zurück. Sie hatten zusammen in einem Auto gesessen, das einen steilen Abhang hinabgerutscht war. Auf einem Maisfeld war es zum Stehen gekommen. Sie waren ausgestiegen, als plötzlich ein Mann aus dem Gebüsch hervorsprang! An dieser Stelle hatte der Traum abrupt geendet. Justus versuchte einzuschlafen, um an den Traum anzuknüpfen. Langsam und wie durch eine Nebelwand kehrte er zum Geschehen zurück.
    Da vernahm er plötzlich ein Summen an seinem rechten Ohr. Eine Stechmücke! – schoss es ihm durch den Kopf. Er fuhr in die Höhe und zog ruckartig an der Kette der Nachttischlampe. Wo war das Insekt? Er schaute sich suchend um. Wenn er etwas nicht ausstehen konnte, war es, von einem Insekt gestochen zu werden. Aber nichts war zu sehen. Justus fragte sich, ob eine Stechmücke über Intelligenz verfügen mochte und sich bewusst den Blicken ihres Opfers entzog? Nochmals musterte er seine Bettdecke und die Tapete neben seinem Bett. Dann entschied er, schnell wieder die Lampe auszuknipsen. Das Licht würde sonst noch mehr Insekten anlocken.
    Er legte sich auf den Bauch und versuchte einzuschlafen. Nach einigen Sekunden zuckte er abermals zusammen. Da war es wieder! Jetzt näherte sich das Summen seinem Ohr von der anderen Seite. Justus schlug mit der Hand um sich. Er lauschte. Nun war nichts mehr zu hören. Gereizt griff er nach der Bettdecke und zog sie sich bis über die Ohren hoch. Es wurde unangenehm warm, doch das nahm er allemal lieber in Kauf, als von der Stechmücke gestochen zu werden. Nach einiger Zeit war er endlich eingeschlafen …
     
    Die Nachrichten aus dem Radiowecker rissen Justus um sieben Uhr aus seinen Träumen. Er schwitzte noch immer. Da klopfte es von außen an die Tür.
    »Herein, wenn es kein Pauker ist!« Justus rieb sich die verschlafenen Augen. Im Türspalt erschien das Gesicht seines
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher