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Das Geheimnis am goldenen Fluß

Titel: Das Geheimnis am goldenen Fluß
Autoren: Canter Mark
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platzte es gleichzeitig aus ihnen heraus.
    »Steigen wir noch auf?«, fragte Tree.
    »Nein, ich glaube nicht. Wenn überhaupt, sinken wir allmählich. Es sieht eben anders aus, von hier runterzuschauen, als vorhin, wo wir nur dreißig, vierzig Meter über dem Tepui waren. Du darfst nicht vergessen, dass das Plateau dreitausend Meter hoch lag.«
    »Im Moment möchte ich mir solche Zahlen lieber nicht vorstellen, danke.«
    Mason nahm einen Kompass aus der Tasche. »Wir treiben noch immer nach Norden. Großartig. Ich weiß nicht, wie schnell wir sind, aber wenn wir einen großen Fluss sehen, ist es wahrscheinlich der Caroni. Er führt an mehreren Wawajero-Dörfern vorbei«, sagte er. »Wir werden Luft ablassen und so nahe wie möglich am Fluss landen. Meine Freunde werden uns Proviant geben und uns helfen, weiter nach Norden zu gelangen – nach Ciudad Guayana, wo es ein Funkgerät und eine Landebahn gibt.«
    »Wir sind schrecklich hoch, Mason.«
    »Ist schon in Ordnung. Das Netz trägt uns prima«, sagte er und griff in das Nylongeflecht. »Genau genommen glaube ich, dass wir noch ein bisschen Heißluft in den Ballon schießen sollten. Ich kenne das Terrain nicht. Aber wir wollen bestimmt nicht gegen einen anderen Tepui knallen.«
    »Wenn du meinst«, sagte Tree und langte nach dem Gashahn. Ein krächzendes Geräusch ließ sie beide aufschrecken.
    Trees Augen wurden groß. »Was war das?«
    Mason schaute zur rot-weiß-blauen Ballonhülle auf. »Scheiße, reißt sie wieder?«
    Sie hörten ein weiteres Krächzen. Es kam von links oben über dem Ballon. Sie reckten ihre Hälse und sahen ihn: ein Sturmadler, der mit gigantischen, ausgebreiteten Flügeln über ihnen kreiste. Die Sonne ließ seine weißen Albino-Federn blitzen.
    Der Adler stieß einen lang gezogenen, krächzenden Kampfschrei aus, bremste in der Luft und tauchte in die Tiefe.
    Er sauste herunter wie eine blitzende weiße Klinge.

57
    In dem Augenblick, bevor er zustieß, schossen die Klauen des Adlers nach vorne. Mason duckte sich unwillkürlich. Der Adler prallte gegen den Ballon und riss einen langen Schlitz in die Hülle, dann drehte er flügelschlagend ab.
    »Er traf dort, wo die Hülle schon beschädigt ist«, sagte Mason. »Ich glaube, es ist nicht so schlimm.«
    Der Adler stieg empor und schwebte einen Moment auf der Stelle, ohrenbetäubende Kampfschreie ausstoßend.
    »Langsam fange ich an, die Spezies zu hassen«, sagte Tree.
    Der Adler stürzte von neuem in die Tiefe. Seine Klauen stießen in einen anderen Teil der Hülle, und ein großes Stück Dacron klappte flatternd herunter wie ein halb abgerissener Knieflicken. Der Ballon schwankte hin und her und begann zu sinken.
    »Geh weg! Zu kai! Zu kai! Wir sind nicht in deinem Territorium«, brüllte Tree, griff eins der Skalpelle und stieß es in Richtung des Adlers in die Luft; der Raubvogel stieg in lang gezogenen Kurven in den Himmel.
    Fieberhaft suchte Mason nach etwas, das er werfen konnte, irgendeine Art Waffe. Doch sie hatten allen Ballast über Bord geworfen. Er nahm ein Frisbee. Nutzlos. Dann stieß sein Fuß gegen einen Skalpellkasten. Das brachte ihn auf eine Idee.
    »Tree, schnell. Die Skalpelle. Mach mir nach, was ich tue. Bau mir ein Wurfgeschoss.«
    Mason drehte das orangefarbene Plastikfrisbee um, stach das Skalpell von innen in den konkaven Rand und drückte die Klinge durch den Einschnitt. Als Gegengewicht drückte er auf der gegenüberliegenden Seite eine zweite Skalpellklinge durch das Plastik.
    »Klebeband?«, fragte er. »Klebeband?«
    »Vor deinen Füßen.«
    Hastig befestigte er die Skalpelle mit Klebeband und hielt seinen behelfsmäßigen Wurfstern hoch: ein Frisbee mit zwei messerscharfen Klingen, die auf gegenüberliegenden Seiten jeweils vier Zentimeter herausragten.
    »Hier ist der zweite«, sagte Tree.
    Er riss zwei Streifen Klebeband ab. »Hier, kleb die Skalpelle fest.«
    Krächzend stürzte der Adler auf den Ballon hinunter. Die Klauen durchtrennten die Zugleine und eine der Halteleinen, an denen das Nylonnetz hing; es sackte auf der betroffenen Seite anderthalb Meter herunter.
    »Halt dich fest«, rief Mason, als sie beide auf die herunterhängende Seite rutschten. Eine der Klingen am Frisbee bohrte sich tief in Masons Handfläche, doch in seinen Ohren rauschte das Blut, und er nahm den Schmerz kaum wahr.
    »Hol dir den Adler, Mason.«
    »Kann nicht. Er fliegt wieder hoch.«
    »Wir verlieren an Höhe«, sagte sie und stellte die Flammen an. Der Ballon hörte auf zu
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