Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das geheime Verlangen der Sophie M.

Das geheime Verlangen der Sophie M.

Titel: Das geheime Verlangen der Sophie M.
Autoren: S Morgan
Vom Netzwerk:
sagen wagten. Aber auch abgesehen davon, zu sehen, wie skandalös dieses Buch wirklich war, könnte es mir als eine Art Verdorbenheitsbarometer dienen, sagte ich mir.
    Nur war da ein Problem.
    Meine direkte Nachbarin arbeitete beim einzigen Zeitungshändler, der groß genug war, um diese Zeitschrift in unserer Kleinstadt zu führen. Sie würde mir das Heft also nicht verkaufen, weil sie wusste, dass ich weit unter achtzehn war, außerdem würde sie sich gezwungen sehen, es meiner Mutter zu erzählen, und diese würde mich dann in eines dieser Gespräche verwickeln, die so grässlich sind, dass man sich am liebsten selbst die Ohren abreißen würde, nur damit es aufhört. Unser Zeitschriftenladen war also eindeutig eine Sackgasse. Eines Nachmittags schließlich nahm ich nach der Schule den Bus in die nächstgelegene größere Stadt, dort kaufte ich die Zeitschrift  – mit feuchten Händen, noch immer in meiner Schuluniform und in ständiger Angst, dass die desinteressierte Frau hinter dem Tresen merken könnte, dass ich minderjährig war und schamlos das kaufte, was die Daily Mail als »totalen Schund« bezeichnet hatte, und dass sie es von mir zurückverlangen könnte, bevor ich unvermeidlicherweise für immer verdorben wäre. Sie tat nichts dergleichen. Ich stopfte die Zeitschrift samt Buch in meinen Rucksack und ging mit noch immer klopfendem Herzen die zwei Meilen zu Fuß nach Hause, meiner Mutter sagte ich, dass ich mich wegen des Hockey-Trainings verspätet hätte.
    Aus heutiger Sicht wirken der damalige Skandal und die Empörung über dieses Buch lächerlich  – ich kann es einfach nicht wegwerfen, obwohl ich es so oft durchgeblättert habe, dass die Seiten langsam herausfallen  –, aber für mich war die Lektüre
eine Offenbarung. Die Seiten meiner Lieblingskapitel sind noch immer an der Ecke eingeknickt, damit ich sie leichter finde. An einer besonderen Stelle geht es um eine resolute, aber verletzliche Frau im Streit mit einem Mann, den sie eindeutig mag, mit dem sie aber ständig Zoff hat. Schließlich wird sie mit Efeu an einen Baum gebunden  – ja, es ist eher harmlos, aber es war Persischer Efeu, der bislang wohl ungeahnte Bondage-Qualitäten besitzt … Er macht mit ihr, was er will, streicht mit der Hand über ihren Körper, küsst sie heftig, beschimpft sie. Sie steht da, erregt, ohne es zu wollen, und er bringt sie zum Orgasmus, während sie nichts tun kann, außer ihren Kopf an den Baum zu lehnen und ihre Lust herauszustöhnen. Heute klingt das echt kitschig, fast wie die sexistischen Groschenromane des Verlags Mills & Boon , damals aber machte mich das an. Wenn ich nachts im Bett lag, fantasierte ich also plötzlich über so etwas, begleitet von meiner Hand zwischen den Beinen, die mich in einen friedvollen Schlaf rieb.
    Im Leben jedes Mädchens kommt natürlich irgendwann die Zeit, in der echte Jungen die Rolle der Bücher und der Guys von Gisborne ihrer Fantasie übernehmen, außerdem war ich nie wirklich der Robin-Hood-Typ. Mein erster fester Freund  – älter, aber nicht klüger  – schien anfangs auf Signale zu reagieren, von denen ich gar nicht wusste, dass ich sie aussandte. Anders als andere Jungen, mit denen ich geknutscht hatte, hielt er meinen Kopf fest, meinen Pferdeschwanz um seine Hand geschlungen, während wir uns zum Abschied küssten, und das mochte ich. Es gefiel mir, mich reglos in seiner Hand zu wissen, während unsere Zungen sich duellierten.
    In Tagträumen hing ich dem Potenzial dieser Küsse nach, dem, was nach diesem Vorspiel kommen könnte, dem Hinweis, den sie auf eine ganz andere Seite von ihm gaben, eine Seite,
die andere nicht sahen, die ich aber spürte, als würde sie meine entsprechende, komplementäre Seite stimulieren. Eines Abends biss er mich so stark in die Unterlippe, dass ich in überraschter Lust in seinen Mund wimmerte. Sofort wich er zurück, er riss mir in der Eile fast ein Haarbüschel aus und entschuldigte sich dafür, dass er mir wehgetan hatte. Ich wäre mir blöd vorgekommen, wenn ich ihm erklärt hätte, dass es mir eigentlich gefiel, und nahm seine Entschuldigung an. Ich sagte: Macht nichts, und ging enttäuscht nach Hause, mit harten Nippeln und feuchtem Schlüpfer.
    Noch wusste ich nicht, was dieser Kuss zu bedeuten hatte, der mich so erregte. Ich wusste nur, dass nette Mädchen von so etwas nicht geil wurden, und wenn, dann redeten sie ganz sicher nicht darüber. Also tat ich es auch nicht. Ich lebte mein Leben, ging durch die
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher