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Das geheime Verlangen der Sophie M.

Das geheime Verlangen der Sophie M.

Titel: Das geheime Verlangen der Sophie M.
Autoren: S Morgan
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ich sie alle habe.
    Ich bin in einem hübschen Haus mit Mutter, Vater und Schwester groß geworden.
    Meine Mutter  – vor meiner Geburt arbeitete sie als Buchhalterin  – hat ihr Leben unserer Erziehung verschrieben, sie ist
das wahre Herz unserer Familie. Sie hat viel Zeit mit uns verbracht und uns großgezogen  – ob das nun hieß, uns bei den Hausaufgaben zu helfen oder mit uns im Garten zu toben. Sie hielt nichts davon, im Hintergrund zu bleiben. Wenn wir Rollschuhfahren gingen, ging sie selbstverständlich mit und fuhr auch. Ihr anderes Hobby war Heimwerken  – jedes Zimmer im Haus kam turnusmäßig an die Reihe; das war in etwa so, wie die Brücke über den Firth of Forth zu renovieren, wenn auch mit Laura-Ashley-Tapeten.
    Mein Vater ist selbständig, ich kenne niemanden, der härter arbeitet als er. Durch und durch der Ernährer, hat er dafür gesorgt, dass wir als Kinder jedes neue Fahrrad, jede Spielerei bekamen, die wir haben wollten (dankenswerterweise hat meine Mutter die Geschenkeflut im Rahmen gehalten, damit wir nicht zu unerträglich wurden), wir durften reisen und hatten ein wundervolles Familienleben. Mein Vater ist lustig, klug und abenteuerlustig  – diese Eigenschaften habe ich wohl geerbt. Er ist ein Freigeist und hat ein gesundes Selbstbewusstsein, das er auch in seinen Kindern gestärkt hat, nachdem er selbst gelegentlich mit seinen Eltern wegen dem, was er machen sollte, im Gegensatz zu dem, was er in seinem Leben machen wollte, aneinandergeraten war.
    In vielen Punkten ist meine Schwester das genaue Gegenteil von mir. Ich bin im Allgemeinen eher still und fühle mich in einem kleinen Kreis enger Freunde wohl, während sie vor Leben sprüht und die Seele jeder Party ist. Mit ihrer Energie steckt sie alle an und kriegt alles geregelt. Trotz unserer Unterschiede ist sie die Erste, die ich um drei Uhr nachts anrufen würde, wenn ich in Schwierigkeiten wäre, nicht zuletzt weil sie ein Nachtmensch ist. Es macht mich unfassbar glücklich, dass diese Frau, die mich wohl länger durchs Leben begleiten wird als jeder andere
Mensch, so hinreißend ist. Dennoch  – lustigerweise und trotz dieser volltönenden Lobeshymne: Wenn wir über Weihnachten drei Tage zusammen bei unseren Eltern sind, werden wir wieder zu Teenagern und zanken uns darüber, wer das Badezimmer länger mit Beschlag belegt (normalerweise sie).
    Wir teilten uns unsere komfortable Doppelhaushälfte auch mit einem kleinen Zoo, angefangen bei Goldie dem Goldfisch  – ich will jetzt nichts hören! Ich war drei, als ich ihn so getauft habe  – über Hamster Cheesy bis hin zu Hund Barry, benannt in meiner »Warum-sollten-Hunde-keine-Menschennamenbekommen?« -Phase. (Die Frage wurde schnell beantwortet, als mein Vater durch den Park rannte und »Barry!« schrie, was andere Hundebesitzer sichtlich irritierte.) Ich habe Tiere immer geliebt. Eine meiner unvergesslichsten Kindheitserinnerungen ist die Beerdigung eines toten Vogels, den ich gefunden hatte, im Garten  – ausdrücklich gegen den Wunsch meiner Mutter, die sich, verständlicherweise, wegen der Hygiene sorgte. Als sie herausfand, dass ich nicht nur gegen ihren Willen gehandelt, den Vogel aufgehoben und an seine letzte Ruhestätte gebracht hatte, sondern auch noch eine Trauerfeier leitete, besucht von meiner Schwester und den direkten Nachbarskindern (mitgefangen, mitgehangen!), wurde ich in Ungnade auf mein Zimmer geschickt. Üblicherweise war diese Bestrafung  – obwohl sie, nachdem es bei uns keine körperliche Züchtigung gab, die gängige Praxis meiner Eltern gegen Ungezogenheit war  – für mich überhaupt keine Strafe. Denn ich liebte mein Zimmer, es war voller Bücher, für die ich mein ganzes Taschengeld ausgab, und ich war glücklich, wenn ich auf dem Fenstersims sitzen, stundenlang lesen und die Welt vorüberziehen sehen konnte. Doch in diesem Fall fand ich es unerträglich ungerecht. Ich schrieb einen empörten Brief an den Fernsehmoderator und Umweltschützer
David Bellamy und schilderte ihm das repressive, antiökologische Regime, unter dem ich leben musste und unter dem gefühllose Erwachsene tote Vögel in den Müll warfen.
    Eine Antwort bekam ich nie. Es war wahrscheinlich auch besser so, denn ich fürchte, er hätte mir gesagt, ich solle auf meine Mutter hören, und das hätte mich nur noch zorniger gemacht. Dass dies das Schlimmste war, was ich je an Zusammenstößen mit meiner Mutter aus meiner Jugend erinnere, zeigt, dass ich nicht
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