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Das gebrochene Versprechen

Das gebrochene Versprechen

Titel: Das gebrochene Versprechen
Autoren: Marcia Muller
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erscheinenden Album Midnight
Train to Nowhere ausläuft, erklärte auf einer Pressekonferenz, die
Verpflichtung weiterer Gruppen laufe bereits an. Er lehnte es jedoch ab, Namen
zu nennen. Savage erklärte ferner, Zenith werde Transamerica bei der Promotion
für das neue Album unterstützen und daher unmittelbar vor Auslieferung am 16.
August eine dreiwöchige Promotion-Tour durch fünfundzwanzig amerikanische
Großstädte veranstalten. Transamerica wird zu Tourbeginn eine Radio-Single mit
dem Titelsong herausbringen.
     
     
    »StarWatch«, Los Angeles
Times, 5. Juni 1995:
     
    Nachdem
Country-Star Ricky Savage vor wenigen Tagen die Gründung eines eigenen Plattenlabels
bekannt gab, an dem außer ihm sein Manager Kurt Girdwood , sein Anwalt Ethan
Amory und Ex-Arista-Marketingchef Wil Willis beteiligt sind, ist die
Reaktion der Plattenindustrie bestenfalls gemischt zu nennen. Mehrere Gruppen,
darunter auch Blue Arkansas , die bei Savages bevorstehender Midnight
Train to Nowhere- Tournee als Vorgruppe fungieren werden, haben bereits die
Bereitschaft signalisiert, mit Zenith in Verhandlungen zu treten.
PR-Spezialistin Andrea Fallaci , zu Beginn dieses Jahres von Savage
entlassen, erklärt: »Ich wollte, ich hätte einen Dollar für jeden Plattenstar,
der sich durch seine positive Presse verleiten ließ, ein eigenes Label zu
gründen und daraufhin total in der Versenkung verschwand.« Country-Konkurrent Crompton
Culver ist noch direkter: »Ricky muss einen an der Waffel haben.«
    Befragt,
was es für ihn bedeute, einen seiner wichtigsten Stars zu verlieren, erklärte
Trans-america-Boss Sy Ziff : »Ricky Savage ein Verlust? Nun machen Sie
mal halblang! Ich habe Dutzende von seiner Sorte kommen und gehen sehen. Wenn
es irgendwie möglich wäre, unsere cds ohne
sie herzustellen, würde ich auf all diese Leute verzichten.« John Geller ,
Marketing-Chef der Firma, erklärte dem Kolumnisten, es sei »nicht unbedingt
eine negative Nachricht. Savages Karriere ist, ehrlich gesagt, an dem Punkt, wo
er uns tot mehr bringen würde als lebendig. Ein toter Superstar lässt sich viel
besser vermarkten als ein lebender auf dem absteigenden Ast.«
    Weshalb
so vehemente Reaktionen auf eine nicht unübliche Business-Entscheidung?
Transamerica hat Millionen in Savages Karriere gesteckt, in der Hoffnung, mit
den Einnahmen aus dessen künftigen Alben den anämischen Cashflow des Hauses
aufpäppeln zu können. Die Finanzlage des Labels ist so miserabel, dass man
nicht einmal in der Lage war, die Som-mer-Promotour des Sängers zu finanzieren,
und mit Savages Weggang könnte in der Tat das letzte Stündlein für diesen
schwächsten aller Indepen-dents geschlagen haben. Hinzu kommt: Savage hat sich
nie dem Branchen-Establishment in l.A., New
York oder Nash-ville angedient. Er hält nichts von Werbemätzchen, schützt die
Privatsphäre seiner Familie und folgt überhaupt seinem eigenen Kopf wie nur
wenige Stars — die wahrscheinlichste Erklärung für die innovative Qualität und
den Reiz seiner Songs, die schon oft den Sprung von den Country- in die
Pop-Charts geschafft haben...

 

1
     
    Die sechs Zettel, die neben dem Billboard -Artikel vom letzten Monat und der Klatschkolumne auf meinem
Schreibtisch lagen, strahlten etwas seltsam Bedrohliches aus. Ich studierte sie
länger als nötig und versuchte meine Beunruhigung zu verbergen. Doch
professionelle Gelassenheit hin oder her, diesem Klienten hier konnte ich
nichts vormachen: Der Mann meiner Schwester Charlene, Ricky Savage,
durchschaute all meine Manöver, seit er mich vor gut achtzehn Jahren zum ersten
Mal gesehen hatte.
    Außerdem waren die Zettel
allemal Grund zur Beunruhigung. Sie waren an Rickys geheime Privatadresse
geschickt worden, jede Woche einer, seit Erscheinen des Billboard- Artikels.
Die erste Botschaft stand in säuberlicher Schrift wohlzentriert auf einem
schlichten Blatt Schreibpapier, doch mit jedem weiteren Schreiben wurden
Schrift und Anordnung wirrer, als litte der Absender an einem fortschreitenden
Persönlichkeitszerfall. Die Zettel nacheinander zu überfliegen war, als erlebte
man mit, wie jemand eine simple Frage stellt, sie mangels Antwort ein ums
andere Mal wiederholte und dabei schrittweise dem Wahnsinn verfällt.
    »Genauso ist es vermutlich auch«,
sagte ich.
    »Was?«
    Mühsam löste ich den Blick von
den Zetteln und sah in das hübsche Gesicht meines Schwagers mit den
Sorgenfalten zwischen den dichten, dunklen Augenbrauen.
    »Hab nur laut gedacht.«
    »Klang
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