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Das geborstene Schwert

Das geborstene Schwert

Titel: Das geborstene Schwert
Autoren: Poul Anderson
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Kälte. Dann und wann hallte ein Klirren von Metall oder ein Klagelaut durch die feuchten, rauh behauenen Gänge. Imric achtete nicht darauf. Wie alle Elfen bewegte er sich in der Art einer Katze, schnell und leise und mühelos, und so stieg er hinab in die Verliese.
    Schließlich blieb er vor einer mit Messing beschlagenen Tür stehen. Sie war grün vor Schimmel und dunkel vor Alter, und nur Imric hatte die Schlüssel zu ihren drei großen Schlössern. Diese Schlösser öffnete er, wobei er bestimmte Worte murmelte, und stieß die Tür auf. Sie ächzte, denn dreihundert Jahre waren verstrichen, seit sie sich zuletzt in ihren Angeln bewegt hatte.
    In der Zelle saß eine Frau aus dem Volk der Trolle. Sie trug nichts als die Bronzekette, schwer genug, um einen Schiffsanker daran aufzuhängen, die ihren Hals umschloß und in der Wand befestigt war. Das Licht einer draußen vor der Tür brennenden
    Fackel fiel trübe auf ihre mächtige, muskulöse Gestalt. Sie hatte keine Haare, und die grüne Haut bewegte sich auf ihren Knochen. Als sie Imric ihren abstoßenden Kopf zuwandte, enthüllte ihre Grimasse Wolfszähne. Aber ihre Augen waren leer, zwei Teiche der Dunkelheit, in denen eine Seele ertrinken konnte. Sie war seit neunhundert Jahren Imrics Gefangene, und sie war nicht mehr bei Sinnen.
    Der Elfengraf sah sie an, aber nicht in ihre Augen. Leise sagte er:» Wir müssen wieder einen Wechselbalg machen, Gora. «
    Die Stimme der Trollfrau klang wie Donner, der langsam aus den Tiefen der Erde rollt.» Oho, oho «, dröhnte sie.» da ist er wieder. Sei willkommen, wer du auch sein magst, du, der du aus der Nacht und dem Chaos kommst. Ha! Ist denn keiner da, der das Grinsen vom Angesicht der Sterne wischt? «
    » Schnell! «befahl Imric.» Ich muß den Wechselbalg noch vor der Morgendämmerung haben. «
    » Schnell und schnell, der Herbst geht schnell mit dem Regenwind, der Schnee fällt schnell vom Himmel, das Leben eilt schnell dem Tod entgegen, die Götter geraten schnell in Vergessenheit. «Die wahnsinnige Stimme der Trollfrau hallte durch die Gänge.» Alles ist Asche, ist Staub, wird weggeblasen von einem Wind ohne Verstand, und nur die Verrückten können die Musik der Sphären lallen. Ha! Der rote Hahn auf dem Misthaufen! «
    Imric nahm eine Peitsche von der Wand und schlug sie. Sie duckte sich und legte sich hin. In aller Eile, weil er die schleimige Kälte ihres Fleisches nicht mochte, tat er, was notwendig war. Danach ging er neunmal entgegen dem Sonnenlauf um sie herum und sang eine Melodie, die keine menschliche Kehle hätte hervorbringen können. Während er sang, schüttelte die Trollfrau sich und schwoll an und wimmerte, und als er den neunten Kreis vollendet hatte, stieß sie einen Schrei aus, daß ihm die Ohren schmerzten, und gebar ein männliches Kind.
    Ein menschliches Auge hätte das Neugeborene von Orms, des Dänenhäuptlings, Sohn nicht unterscheiden können, außer daß es zornig heulte und nach seiner Mutter biß. Imric band die Nabelschnur ab und nahm das Geschöpf in seine Arme, wo es ganz ruhig lag.
    » Die Welt ist Fleisch, das sich von einem Schädel löst «, murmelte die Trollfrau. Sie klirrte mit ihrer Kette und legte sich erschauernd zurück.» Geburt ist nichts als das Ausbrüten von Maden. Schon fehlen den Zähnen des Totenschädels die Lippen, und die Krähen haben die Augenhöhlen leergehackt. Bald wird der Wind durch alle Knochen blasen. «Sie heulte, als Imric die Tür schloß.» Er wartet auf mich, er wartet auf mich auf dem Hügel, wo Nebelfetzen treiben, seit neunhundert Jahren wartet er. Der schwarze Hahn kräht – «
    Imric verschloß die Tür wieder und eilte die Treppen hinauf. Er hatte keine Freude daran, Wechselbälger zu machen, aber die Gelegenheit, in den Besitz eines menschlichen Kindes zu kommen, war so selten, daß sie nicht vertan werden durfte.
    Als er in den Hof kam, sah er, daß sich ein Unwetter zusammenbraute. Schwere Wolken trieben über den Himmel, schwarze Gebilde, vor denen der Mond floh. Der Sturm stand wie ein Gebirge im Osten, und Blitze zogen Runen darüber hin. Der Wind pfiff und heulte.
    Imric sprang in den Sattel, gab seinem Pferd die Sporen und ritt nach Süden. Es ging über Klippen und Hügel, durch Täler und durch Wälder, deren Bäume sich unter dem heranbrausenden Sturm krümmten. Das weiße Licht des Monds irrte dann und wann über die Welt, und Imric schien einer dieser wandernden Lichtflecke zu sein.
    Sein Mantel umwehte ihn wie
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