Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das geborstene Schwert

Das geborstene Schwert

Titel: Das geborstene Schwert
Autoren: Poul Anderson
Vom Netzwerk:
Fledermausschwingen. Das Mondlicht glitzerte auf seinem Kettenpanzer und in seinen Augen. Er kam an den Strand des flachen Danelaw-Landes, und die Brandung schäumte um die Hufe seines Pferdes und besprühte sein Gesicht. Ab und zu zeigte ein Blitz den Aufruhr des Meeres. In der darauffolgenden Dunkelheit rollte der Donner um so lauter, als dröhnten große Räder über den Himmel. Imric trieb sein Pferd zu noch wilderem Lauf an. Ihm lag gar nichts daran, in dieser Nacht hier draußen Thor zu begegnen.
    In Orms Gehöft öffnete er von neuem Älfridas Fenster. Sie war wach, hielt ihr Kind an der Brust und flüsterte ihm tröstende Worte zu. Der Wind blies ihr das Haar um das Gesicht, so daß sie nicht richtig sehen konnte. Sie mußte glauben, auch die Fensterläden seien vom Wind aufgerissen worden. Ein Blitz zuckte auf. Der Donner fuhr nieder wie ein Hammer. Älfrida fühlte, wie das Kind aus ihren Armen verschwand. Sie griff nach ihm und spürte sofort den geliebten kleinen Körper wieder, als sei er zurückgelegt worden.» Gott sei Dank «, hauchte sie.» Ich habe dich fallengelassen, aber ich konnte dich noch auffangen. «
    Laut lachend ritt Imric heim. Doch ganz plötzlich drang durch sein Lachen und das Toben der Elemente ein fremdes Geräusch. Er zog die Zügel an, und es wurde ihm kalt in der Brust. Durch eine letzte Wolkenlücke fiel ein Mondstrahl auf den Reiter, der quer zu Imrics Pferd galoppierte. Er saß auf einem riesigen Streitroß, das hatte acht Beine und war schneller als der Wind, und er trug einen langen grauen Bart und einen Hut, der sein Gesicht beschattete. Der Mondstrahl fing sich auf einer Speerspitze und in einem einzigen Auge.
    Hoo! Halloo!
    So raste er dahin mit seinem Gefolge von toten Kriegern und seiner kläffenden Meute. Sein Horn rief sie; die Hufschläge prasselten wie Hagelkörner, und dann war die Wilde Jagd vorbei, und der Regen strömte auf die Welt nieder.
    Imric preßte die Lippen zusammen. Die Wilde Jagd bedeutete nichts Gutes für den, der sie sah, und er nahm nicht an, daß ihm der einäugige Jäger nur zufällig so nahe gekommen war. Aber – er mußte jetzt nach Hause. Die Blitze umzuckten ihn, und Thor mochte die Laune anwandeln, seinen Hammer nach irgendwem zu werfen, der unterwegs war. Imric faßte Orms Sohn unter seinem Mantel fester und gab seinem Hengst die Sporen.
    Älfrida konnte wieder sehen und drückte den schreienden Jungen an sich. Um ihn zu beruhigen, gab sie ihm die Brust. Er trank, aber dabei biß er sie, daß es schmerzte.

IV.
     
    Imric nannte das gestohlene Kind Skafloc und übergab es seiner Schwester Lia, daß sie ihn nähren solle. Sie war so schön wie ihr Bruder mit einem feinen Elfenbeingesicht, silbergoldenem, reichem Haar, das unter einem juwelenbesetzten Kamm hervorwallte, und mit den gleichen mondfleckigen, zwielichtblauen Augen wie er. Ihren schlanken Körper umhüllten Gewänder aus Spinnenseide, und wenn sie im Mondlicht tanzte, dünkte sie denen, die sie sahen, eine weiße Flamme zu sein. Mit blassen, vollen Lippen lächelte sie auf Skafloc nieder, und die Milch, die ihr auf keine natürliche Weise in die Brüste stieg, war wie süßes Feuer in seinem Mund und seinen Adern.
    Viele Herren von Alfheim kamen zum Namensfest, und sie brachten reiche Gaben: Kunstvolle Kelche und Ringe, von Zwergen geschmiedete Waffen, Harnische und Helme und Schilde, Gewänder aus Samt und Seide und Tuch aus Gold, Zaubermittel und Talismane. Denn die Elfen alterten ebenso wenig wie die Götter und die Riesen und die Trolle und andere Wesen dieser Art, und daher hatten sie nur wenige Kinder. Geburten lagen Jahrhunderte auseinander und waren große Ereignisse, und noch wichtiger war für sie die Ankunft eines menschlichen Kindes.
    Beim Festschmaus hörten sie vor der Burg Elfenhöhe so lautes Hufgeklapper, daß die Wände bebten und die Bronzetore klangen. Wachen stießen in die Trompeten, aber keiner wagte es, dem Reiter den Weg zu verwehren, und Imric selbst ging und begrüßte ihn mit einer tiefen Verbeugung am Portal.
    Er war von großer, schöner Gestalt, und seine Augen glänzten heller als seine Rüstung und sein Helm. Die Erde erbebte unter den Schritten seines Pferdes.» Sei gegrüßt, Skirnir «, sagte Imric.» Du ehrst uns mit deinem Besuch. «
    Der Bote der Asen ritt über die vom Mondlicht beschienenen Pflastersteine. An seiner Seite sprang ruhelos ein Schwert in der Scheide und glänzte wie die Sonne selbst. Das war Freyrs Schwert, und es war ihm
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher