Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das geborstene Schwert

Das geborstene Schwert

Titel: Das geborstene Schwert
Autoren: Poul Anderson
Vom Netzwerk:
Höhlenbewohner, aber Skafloc gelang es, sich mit einem von ihnen anzufreunden, und von ihm erhielt er manch seltsame Kunde über das Koboldvolk.
    Einmal hörte der Junge weit weg in den Wäldern ein Pfeifen. Der zauberische Klang erweckte seine Neugier, und er eilte in die Schlucht, aus der er kam. Er hatte gelernt, sich so leise zu bewegen, daß er vor dem Geschöpf stand, ehe dieses ihn bemerkte. Es war ein seltsames Wesen, menschenähnlich, aber mit den Beinen und Ohren und Hörnern eines Bocks. Es saß auf einem Baumstamm und spielte auf einem Satz Rohrflöten eine Melodie, die so traurig war wie seine Augen.
    » Wer bist du? «fragte Skafloc erstaunt.
    Das Wesen setzte die Flöten ab, machte Anstalten zur Flucht und beruhigte sich dann doch. Seine Sprache klang fremdartig.» Ich bin ein Faun «, sagte er.
    » Von denen habe ich noch nie gehört. «Skafloc ließ sich mit gekreuzten Beinen im Gras nieder.
    Der Faun lächelte betrübt im Zwielicht. Der erste Stern blinkte über seinem Kopf.» Es gibt auch außer mir keinen hier. Ich bin ein Flüchtling. «
    » Von wo bist du gekommen, Faun? «
    » Aus dem Süden, als der Große Pan tot war und der neue Gott, dessen Namen ich nicht aussprechen kann, in Hellas an die Macht kam. Für die alten Götter und Geister unseres Landes blieb nirgendwo mehr ein Platz. Die Priester fällten die Wälder und bauten Kirchen – Oh, ich erinnere mich, wie die Dryaden, ungehört von ihnen, schrien, daß die heiße, stille Luft erbebte, als sollten die Schreie für ewig dort hängenbleiben. Sie gellen mir immer noch in den Ohren. «Der Faun schüttelte sein lockiges Haupt.» Ich bin nach Norden geflohen, aber ich frage mich, ob diejenigen unter meinen Gefährten, die dablieben und kämpften und mit Exorzismen getötet wurden, nicht die klügeren waren. Das ist lange her, Elfenknabe, und die ganze Zeit war ich sehr einsam. «
    Tränen schimmerten in seinen Augen.
    » Die Nymphen und die Faune und sogar die Götter selbst sind weniger als Staub. Die Tempel stehen leer, weiß unter dem Himmel, und Stückchen für Stückchen zerfallen sie zu Ruinen. Und ich – ich wandere allein in einem fremden Land, dessen Götter mich verachten und dessen Menschen mich meiden. Es ist ein Land des Nebels und des Regens und der eisenharten Winter, des zornigen grauen Meers und des blassen Sonnenlichts. Nie mehr werde ich das blaue Wasser mit seinen sanften Wellen, nie mehr die kleinen Felseninseln und die lieblichen warmen Wälder sehen, wo die Nymphen auf uns warteten, nie mehr die Weinstöcke und die Feigenbäume, schwer von Früchten, nie mehr die leuchtenden Götter auf dem hohen Olymp – «
    Der Faun unterbrach sein Klagen, spannte die Muskeln, spitzte die Ohren, und dann sprang er auf und verschwand im Gebüsch. Skafloc sah sich um und erblickte den Leibwächter, der ihn nach Hause bringen wollte.
    Aber er war auch oft allein draußen. Er konnte das Tageslicht ertragen, das die Bewohner des Feenreichs meiden mußten, und Imric verließ sich darauf, daß sterbliche Wesen für seinen Pflegesohn keine Gefahr bedeuteten. So kam Skafloc weit mehr herum als die anderen Kinder von Elfenhöhe, und er lernte das Land viel besser kennen, als es einem Menschen während der ganzen ihm zugemessenen Lebensspanne möglich gewesen wäre.
    Von den wilden Tieren waren der Fuchs und der Otter am freundlichsten zu den Elfen, und es muß eine Art von Verwandtschaft zwischen ihnen bestanden haben, weil sie eine Sprache hatten, die die Elfen verstanden. Vom Fuchs lernte Skafloc die Schleichwege im Wald und auf der Wiese, das Verstecken im sonnengesprenkelten Schatten und unzählige winzige Zeichen, die dem, der vollen Gebrauch von seinen Sinnen macht, ganze Geschichten erzählen. Vom Otter lernte er die Welt der Seen und Bäche kennen, er lernte ebenso gut zu schwimmen wie sein geschickter Lehrer und eine Deckung auszunutzen, die seinen Körper kaum zur Hälfte verbarg.
    Aber er befreundete sich auch mit anderen Tieren. Die scheuesten Vögel setzten sich auf seinen Finger, wenn er in ihrer Sprache pfiff, der Bär brummte ihm einen Gruß zu, wenn er ihn in seiner Höhle besuchte. Rotwild, Elche, Hasen und Waldhühner hüteten sich vor ihm, als er mit der Jagd begann, doch hatte er mit einigen von ihnen Frieden geschlossen. Und die Geschichte all seiner Erlebnisse mit den Tieren würde sehr lang werden.
    Die Jahre vergingen, und Skafloc wuchs heran. Beim ersten schüchternen Frühlingsgrün war er draußen in den
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher