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Das geborstene Schwert

Das geborstene Schwert

Titel: Das geborstene Schwert
Autoren: Poul Anderson
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Legierungen im Feenreich die Stelle des Stahls einnahmen, aus den Erzen herausgeschmeichelt werden. Er benutzte den Mantel der Dunkelheit und legte Felle an, die ihm die Gestalt eines Tieres gaben. Als seine Ausbildung beinahe beendet war, erfuhr er auch die mächtigen Runen und Gesänge und Beschwörungen, mit denen man die Toten erwecken, die Zukunft erkennen und die Götter zwingen konnte, aber außer in der äußersten Not wandte niemand sie an, weil sie den Benutzer bis ins Innerste erschütterten und seine Zerstörung bedeuten konnten.
    Skafloc war oft am Meer. Er konnte stundenlang auf die ruhelosen Wellen hinausstarren bis zu der verschwommenen Linie, wo sich Wasser und Himmel trafen. Nie wurde er der tiefen Stimme der See oder des Geruchs ihrer salzigen Tiefen oder ihrer tausend Stimmungen müde. Er stammte aus einer seefahrenden Familie, und das Meer war in seinem Blut. Er sprach mit den Seehunden in ihrer grunzenden, bellenden Sprache, und die Möwen schwebten über seinem Kopf und brachten ihm Neuigkeiten von den vier Enden der Erde. Manchmal, wenn er in Gesellschaft anderer Krieger war, erhoben sich die Seejungfrauen aus dem Schaum, wrangen ihr langes grünes Haar aus und kamen auf den Strand, und dann vergnügten sie sich mit Skafloc. Sie waren kühl und feucht anzufassen, und sie rochen nach Tang; hinterher hatte Skafloc immer einen schwachen Fischgeschmack auf den Lippen, aber er mochte diese Wesen sehr gern. Mit fünfzehn Jahren war er beinahe so groß wie Imric, breit in den Schultern, sehnig, mit langem, flachsblondem Haar und brauner Haut. Er hatte ein offenes, starkknochiges Gesicht, einen breiten Mund, der schnell zum Lächeln bereit war, große, tiefblaue, weit auseinander stehende Augen. Ein Sterblicher ohne seine Schulung würde gesagt haben, er sei von einem Geheimnis umgeben. Das kam daher, daß seine Augen viel mehr gesehen hatten als ein gewöhnliches Menschenkind, und es enthüllte sich in seinen leopardenhaften Bewegungen.
    Imric sprach zu ihm:» Jetzt bist du groß genug, um eigene Waffen zu erhalten, und du sollst neue bekommen, keine alten von mir. Auch mußt du dem Erlkönig vorgestellt werden. Wir werden über das Meer fahren. «
    Skafloc stieß einen Freudenschrei aus, galoppierte wie verrückt durch das Land der Menschen und zauberte rein aus dem Drang, irgend etwas zu tun. Er ließ Töpfe auf dem Herd tanzen und Glocken in den Kirchtürmen läuten und Äxte von ganz allein Holz spalten. Er sang eine Kuh auf ein Strohdach und erweckte einen Wind, der das Heu ihres Besitzes über die ganze Grafschaft verteilte, und er ließ aus dem Himmel einen Goldregen in seinen Hof fallen. Mit der Tarnkappe um die Schultern küßte er die Mädchen, die im Dämmerlicht auf den Feldern arbeiteten, und verwirrte ihnen das Haar und stieß ihre Männer in einen Graben. Noch tagelang wurden Messen abgehalten, um den Zauber zu bannen, aber da war Skafloc schon auf See.
    Imrics schwarzes Langschiff flog vor dem Wind her, den er gerufen hatte. Seine Mannschaft bestand aus elf auserwählten Kriegern, denn man durfte die Möglichkeit nicht außer acht lassen, Trollen oder Kraken zu begegnen. Skafloc stand am Drachenbug und sah aufmerksam nach vorn. Schon früh in seinem Leben war ihm die Hexensicht gegeben worden, und so konnte er bei Nacht ebenso gut sehen wie am Tag. Er entdeckte Tümmler, silbergrau im Mondlicht, und einen alten Seehundbullen, den er kannte. Einmal tauchte ein Wal auf. Dinge, die sterbliche Seeleute nur mit einem Blick aus den Augenwinkeln erhaschen oder in ihren Träumen sehen, lagen vor den schrägen, umwölkten Elfenaugen und vor Skafloc in aller Deutlichkeit da: die Seejungfrauen, die sich singend im Schaum tummelten, die versunkenen Türme von Ys, ein kurzes Aufblitzen von Weiß und Gold und ein Kriegsruf aus den Lüften – Walküren, die zu irgendeiner Schlacht im Osten flogen. Der Wind sang in den Tauen, die Wellen brachen sich am Bug. Noch vor Sonnenaufgang hatte das Schiff die andere Küste erreicht. Es wurde auf den Strand gezogen und durch einen Zauber unsichtbar gemacht.
    Die Elfen spannten ein Sonnensegel über das Schiff und suchten darunter Unterschlupf, aber Skafloc war die meiste Zeit des Tages unterwegs. Er kletterte auf einen Baum und betrachtete voller Staunen das sich weit nach Süden erstreckende, gepflügte Land. Die Häuser waren ganz anders als die in England. Unter ihnen war das dürftige graue Langhaus eines Barons. Skafloc dachte mit flüchtigem Mitleid an
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