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Das Fremde Mädchen

Das Fremde Mädchen

Titel: Das Fremde Mädchen
Autoren: Ellis Peters
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unter uns sein und meine Worte bestätigen kann. Aber einer ist hier, der dazu in der Lage ist. Bruder Cadfael kam aus der Abtei von Farewell, wo Helisende jetzt ist. Ihre Mutter ist bei ihr. Und durch einen seltsamen Zufall«, fuhr sie fort, »ist auch ihr Vater bei ihr. Wir können der Wahrheit nicht mehr ausweichen; ich sage sie und bin mir der Bedeutung meiner Tat bewußt.«
    »Ihr habt die Wahrheit lange genug verborgen«, meinte Audemar grimmig.
    »Das habe ich, und ich rechne es mir nicht als Tugend an, sie jetzt enthüllt zu haben, da sie ohne mein Zutun ans Licht gekommen ist.«
    Es gab ein tiefes, nachdenkliches Schweigen, bevor Cenred langsam fragte: »Ihr sagt, ihr Vater sei jetzt bei ihr? In Farewell?«
    »Für mich ist es nur Hörensagen«, erklärte sie. »Bruder Cadfael soll Euch antworten.«
    »Ich habe alle drei dort gesehen«, bestätigte Cadfael. »Es ist die Wahrheit.«
    »Wer ist er?« wollte Audemar wissen. »Wer ist ihr Vater?«
    Adelais fuhr mit ihrer Geschichte fort, ohne auch nur einmal den Blick zu senken. »Er war ein junger Schreiber in meinem Haus von guter Herkunft und nur ein Jahr älter als meine Tochter. Er wollte um ihre Hand anhalten, aber ich wies ihn ab.
    Sie – ergriffen Maßnahmen, um mich zu zwingen. Nein, vielleicht tue ich ihnen damit Unrecht, vielleicht taten sie es nicht aus Berechnung, sondern aus Verzweiflung, denn sie war so verliebt wie er. Ich entließ ihn aus meinen Diensten und brachte sie in aller Eile hierher, um dem Wunsch zu entsprechen, den Lord Edric schon ein Jahr zuvor geäußert hatte. Und ich log und erklärte dem Geliebten, sie sei tot. Ich log ihn an und ließ ihn wissen, Bertrade und ihr Kind seien gestorben, als wir versuchten, sie vom Ungeborenen zu befreien. Er erfuhr erst in den letzten Tagen, daß er eine Tochter hat.«
    »Wie kommt es dann«, wollte Cenred wissen, »daß er sie jetzt fand und noch dazu hier? Die ganze Geschichte kommt mir so seltsam vor, so aus der Luft gegriffen. Ich kann sie kaum glauben.«
    »Ihr müßt Euch damit abfinden«, sagte sie. »Keiner von uns kann jetzt noch der Wahrheit entfliehen oder sie leugnen. Er hat sie gefunden, weil Gott es so fügte. Was mehr braucht Ihr noch?«
    Cenred wandte sich gereizt an Cadfael. »Bruder, Ihr wart als Gast in meinem Haus. Erzählt mir, was Ihr über die Sache wißt.
    Ist es wahr, nach so vielen Jahren? Und wie kam es, daß sich die drei am Ende wiedersahen?«
    »Es ist wahr«, erklärte Cadfael. »Sie sind sich begegnet, und inzwischen werden sie sich ausgesprochen haben. Er hat sie beide gefunden, weil er, nachdem er seine Geliebte für tot hielt, vor einigen Monaten selbst am Rande des Todes schwebte.
    Ihm wurde seine Sterblichkeit bewußt, und er beschloß, da er sie in dieser Welt nicht mehr wiedersehen würde, zu ihrem Grab zu pilgern und für ihren Frieden in der Welt zu beten. Da er sie aber in Hales nicht fand, wo er sie vermutete, kam er zu dem Anwesen in Elford, wo ihre Vorfahren beerdigt sind. Auf dem Rückweg wollte es die Gnade Gottes, daß wir in der Abtei von Farewell um ein Nachtlager baten. Dort, Lord Audemar, dient die Dame, die Eure Schwester war, als Lehrerin für die Novizinnen in dem vom Bischof neu gegründeten Kloster. Und dort suchte auch Helisende nach ihren Qualen Zuflucht. So fanden sich alle drei schließlich unter dem gleichen Dach wieder.«
    Nach einer Weile meinte Audemar leise: »Wir baten in der Abtei von Farewell um ein Nachtlager, sagtet ihr. Damit habt Ihr beinahe genug gesagt. Nur eines fehlt noch: der Name.«
    »Er kam schon vor langer Zeit ins Kloster. Er ist mein Mitbruder in der Abtei von St. Peter und St. Paul in Shrewsbury.
    Ihr habt ihn gesehen, Mylord. Es ist der Bruder, der mit mir nach Elford kam, der Bruder, der mit Krücken ging. Mönch und Priester ist er, Herr Cenred, es ist jener, den Ihr fragtet, ob er Helisende mit dem von Euch ausgewählten Mann verheiraten wolle. Sein Name ist Haluin.«
    Allmählich begannen sie zu begreifen, was sie doch noch nicht in seiner vollen Tragweite erfassen konnten. Benommen starrten sie zu Boden und erkannten nach und nach, was die Enthüllungen für sie zu bedeuten hatten. Roscelin, bebend und strahlend wie eine frisch entzündete Kerze, war es plötzlich leicht ums Herz, als er von Schuld und Kummer befreit wurde.
    Berauschend wie Wein schien ihm der Tag, die Welt war voller Hoffnung und Freude, seine Augen waren geblendet, und seine Zunge war gelähmt. De Perronet sah sich nun einem nicht zu
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