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Das Fremde Mädchen

Das Fremde Mädchen

Titel: Das Fremde Mädchen
Autoren: Ellis Peters
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übliche Hin und Her war auf dem Hof nicht zu sehen.
    Offenbar war der Bote der Äbtissin aufgenommen und für glaubwürdig befunden worden, und ob widerstrebend oder bereitwillig, Cenred würde Helisendes Wunsch entsprechen und sie eine Weile an ihrem Zufluchtsort in Ruhe lassen. Da nun die Suche nach ihr nicht fortgesetzt werden mußte, waren Audemars Männer frei, um den Mörder zu verfolgen. Allerdings würden sie ihn nie finden! Wer sollte in jener Nacht, als der Schnee fiel, schon in der Nähe gewesen sein und den Messerstich im Wald beobachtet haben, um das Gesicht des Mörders beschreiben oder seinen Namen nennen zu können?
    Und selbst wenn es einen Zeugen gab, wer in dieser Gegend, abgesehen von den Leuten aus Audemars Haus, hätte einen Burschen aus dem fernen Hales erkannt?
    Cenreds Aufseher durchquerte gerade den Hof, als sie hereingeritten kamen. Er eilte ihnen entgegen, erkannte die Mutter des Oberherrn dieser Gegend und wollte ihr aus dem Sattel helfen, doch sie war schon abgestiegen, ehe er sie erreichen konnte. Sie glättete ihre gestickten Röcke und sah sich um, ob sie einen Diener ihres Sohnes fände. Cadfael hatte bereits bemerkt, daß die Jäger noch nicht nach Elford zurückgekehrt waren, doch auch hier waren sie nirgends zu entdecken. Einen Augenblick runzelte sie die Stirn, wenig begeistert über die Aussicht, warten zu müssen und nicht sofort sagen zu können, was sie zu sagen hatte. Da sie sich nun entschlossen hatte, gefiel es ihr nicht, durch äußere Umstände aufgehalten zu werden. Noch während sich der Verwalter ehrerbietig verneigte, blickte sie über ihn hinweg zur Halle.
    »Ist dein Herr da?«
    »Ja, Mylady. Wenn Ihr bitte hereinkommen wollt?«
    »Und mein Sohn?«
    »Auch er ist da. Er kam erst vor einigen Minuten zurück.
    Seine Männer sind noch mit unseren Männern unterwegs, um in allen Häusern in der Gegend Erkundigungen einzuziehen.«
    »Zeitverschwendung!« sagte sie eher zu sich selbst als zu ihm, hütete sich aber, ihm den Grund zu nennen. »Nun, um so besser, wenn beide hier sind. Nein, du brauchst ihnen nicht zu sagen, daß ich gekommen bin. Das werde ich selbst tun. Und Bruder Cadfael hier kommt dieses Mal als mein Helfer und nicht als Gast.«
    Der Verwalter hatte den zweiten Reiter bis jetzt kaum eines Blickes gewürdigt. Nun sah er Cadfael prüfend an und überlegte wohl, was der Benediktiner schon wieder hier und zusammen mit der Frau zu suchen hatte. Aber es war keine Zeit für lange Fragen. Adelais war schon mit großen Schritten zur Treppe unterwegs, die zur Halle hinaufführte, und Cadfael folgte ihr ergeben, als wäre er tatsächlich ihr demütiger Kaplan.
    Der Verwalter sah ihnen grübelnd und verwundert nach.
    Die Leute im Haus hatten das Mittagessen schon eingenommen, und die Diener waren damit beschäftigt, die Teller abzuräumen und die Tische beiseite zu stellen. Adelais ging ohne ein Wort oder einen Blick an ihnen vorbei und wandte sich sofort zu der mit Vorhängen geschützten Tür der Kemenate. Drinnen waren murmelnde Stimmen zu hören, etwas gedämpft durch die Vorhänge. Cenreds tiefe Stimme war deutlich von der hellen, jüngeren Stimme des Jean de Perronet zu unterscheiden. Der Freier hatte sich nicht zurückgezogen, sondern wollte anscheinend störrisch, wenn auch nicht geduldig, seine Zeit abwarten. Nun gut, dachte Cadfael. Er hatte das Recht zu erfahren, welches gewaltige Hindernis sich ihm nun in den Weg stellte. Das gebot der Anstand. De Perronet hatte nichts Ehrenrühriges getan, man durfte ihn nicht übergehen.
    Adelais fegte den Vorhang zur Seite und riß die Türe auf. Alle waren da und sprachen bedrückt über eine Situation, der sie frustriert und hilflos gegenüberstanden, zur Untätigkeit verdammt, da es von vornherein sinnlos war, Männer auszuschicken und aufs Geratewohl nach Edgythas Mörder zu suchen. Hätte irgend jemand in der Gegend etwas gewußt, dann hätte man es bereits erfahren. Und wenn Audemar daran dachte, die Diener aus dem Hause seiner Mutter zu überprüfen und zu fragen, wer aus welchem Grund fehlte, hätte sie zwischen ihm und den Dienern gestanden. Wo immer Lothair und Luc jetzt waren, beschämt und gepeinigt durch ihr Entsetzen über das, was sie im guten Glauben für sie getan hatten, sie würde nicht die beiden für etwas zahlen lassen, das sie für ihre eigene Schuld hielt.
    Als die Tür geöffnet wurde, fuhren alle Köpfe herum, denn für einen Diener kam sie zu plötzlich und zu selbstbewußt herein.
    Ihr
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