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Das Frankenstein-Projekt (German Edition)

Das Frankenstein-Projekt (German Edition)

Titel: Das Frankenstein-Projekt (German Edition)
Autoren: Robert C. Marley
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und langsam gewöhnte er sich auch wieder an die Sprache. Früher – in einem anderen Leben, wie es ihm manchmal schien – hatte er öfter in Berlin zu tun gehabt. Er mochte die Stadt. Es gab eine kleine Kneipe dort, die er dann jedes Mal aufsuchte – nicht weit vom S-Bahnhof Friedrichstraße: Die ständige Vertretung . Was für grandiose Abende hatte er dort mit Bernie Taylor oder Maxwell Purdy verbracht, wenn sie gerade wieder einmal die Welt gerettet hatten. Bei dem Gedanken daran wurde er unwillkürlich ein bisschen wehmütig.
    Irgendwie hatte er immer angenommen, die Agency würde über ein Gerät zur Auslöschung der Erinnerung verfügen, und als er damals seinen Abschied nahm, hatte er fest damit gerechnet, es nun zum ersten und letzten Mal zu Gesicht zu bekommen. Aber der alte Mr Night hatte ihm in seinem Büro lediglich die Hand geschüttelt, sich für seinen jahrelangen Einsatz bedankt und ihm für die Zukunft alles Gute gewünscht. Talbot war völlig überrascht gewesen.
    Manchmal wünschte er, sie hätten tatsächlich ein solches Gerät gehabt.
    Seit seinem Ausscheiden aus der Agency schlug er sich mehr schlecht als recht als Privatdetektiv durch. Gegenwärtig arbeitete er für eine junge Rumänin, die bei ihrer Botschaft in London untergekrochen war. So wie es aussah, war ihr ein Koffer mit kompromittierenden Unterlagen abhandengekommen, den er jetzt so schnell wie möglich wiederbeschaffen sollte. Dummerweise war das Ding bei einer Versteigerung im Internet aufgetaucht – was die Sache zusätzlich erschwerte.
     
    Er erinnerte sich noch ganz genau an ihr Treffen. Es war kurz gewesen – 15, vielleicht 20 Minuten lang – und hatte im Wood Horse stattgefunden, einer kleinen, verwinkelten Kellerbar in Soho. Hier war alles auf rustikal getrimmt: von den geteerten Balken des Fachwerkimitats, über die rostigen Eisenlampen mit schwach flackernden Glühbirnen bis hin zu den Sägespänen, die den schmuddeligen Dielenfußboden bedeckten.
    Sie war schon dort, als er ankam. Saß in einer dunklen Ecke wie ein Häufchen Elend und wirkte in dieser grob gezimmerten Umgebung so zerbrechlich, als sei sie aus hauchdünnem Glas. Auf dem wurmstichigen Eichenholztisch stand eine einzelne flackernde Kerze. Als Erkennungszeichen war eine auf dem Kopf stehende Zigarettenschachtel ausgemacht gewesen.
    Er bestellte sich an der Bar ein Bier und ging damit zu ihrem Tisch hinüber.
    Erschrocken sah sie auf, als er das Bierglas hinstellte. »Mr Talbot?«
    »Ja, hallo.« Er zog sich einen dreibeinigen Schemel heran und setzte sich. »Miss Camataru, nehme ich an. Wir haben heute Vormittag telefoniert. Sie klangen sehr aufgeregt.«
    Sie nickte und hielt ihm ihre schlanke Hand hin. Als er sie vorsichtig ergriff, sagte sie: »Ich bin Ilena Camataru. Danke, dass Sie so schnell kommen konnten, Mr Talbot. Ich weiß nicht, was ich tun soll. Sie müssen mir helfen. Bitte!«
    »Verraten Sie mir, wer mich empfohlen hat?«
    Sie sah erstaunt aus. »Niemand.«
    »Tatsächlich? Und woher haben Sie dann meinen Namen?«
    »Aus dem Telefonbuch.« Sie blinzelte mit zusammengezogenen Augenbrauen, blickte verschämt auf ihre Hände. Dann schaute sie auf und sagte: »Ich habe einfach in den Gelben Seiten nachgesehen und dann die erstbeste Nummer gewählt.«
    Er musste über sich selbst lächeln. Was hatte er sich gedacht, wie sie auf ihn gekommen war? Womöglich auf Empfehlung Ihrer Majestät? »Also schön, Miss Camataru, worum geht es denn?« Als sie nichts darauf erwiderte und ihn nur unverwandt anschaute, nahm er seine Zigaretten aus der Innentasche seines Jacketts, zog eine aus der Schachtel und steckte sie sich an. Dann hielt er ihr die Schachtel hin. »Möchten Sie auch eine?«
    Sie schüttelte den Kopf. »Ich rauche nicht.«
    »Na, dann schießen Sie mal los.« Er nahm einen kräftigen Schluck von seinem Bier. »Wie kann ich Ihnen helfen?«
    »Ich weiß nicht, wie ich es sagen soll, Mr Talbot.« Abermals schlug sie die Augen nieder. »Es ist … es ist mir, ehrlich gesagt, sehr peinlich.«
    »Das muss es nicht«, sagte er. »Das muss es wirklich nicht. Erzählen Sie einfach, was geschehen ist.«
    »Ich habe einen schlimmen Fehler gemacht«, sagte sie. »Ich habe einem Mann vertraut, dem ich nicht hätte vertrauen sollen. Und diese Tatsache verfolgt mich jetzt. Wenn ich nicht sofort etwas unternehme, werde ich niemals wieder ein glückliches Leben führen können.« Sie sah ihn an, mit flackerndem Blick. »Ehrlich gesagt, ich weiß
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