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Das Frankenstein-Projekt (German Edition)

Das Frankenstein-Projekt (German Edition)

Titel: Das Frankenstein-Projekt (German Edition)
Autoren: Robert C. Marley
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Restlichtverstärker der Spinne auf die höchste Stufe und aktivierte den Klettermodus, wodurch einer der vier eingebauten hydraulischen Pfeile abgeschossen wurde. Eine hochelastische Drahtsehne hinter sich herziehend, flog die rasiermesserscharfe Spitze aus Damaszenerstahl in hohem Bogen zum Deckel des viereckigen Holzkastens und blieb darin stecken. Eine winzige Winde, die wie alles, was der Mann im schwarzen Mantel herstellte, ein Wunderwerk der Feinmechanik war, sprang an, und langsam zog sich die Spinne an der Wand des Kastens hoch.
    Das Kameraauge tastete den Deckel ab und hatte gerade zwischen all dem Staub eine bronzene Gravurplatte mit einer Inschrift erfasst, als jemand den Mann im schwarzen Mantel am Ärmel zupfte.
    »Hallo! Hallooo!« Es war der kleine, vielleicht sechsjährige Junge, der zu den deutschen Touristen gehörte. »Was machst du da?«
    »Ein wissenschaftliches Experiment«, sagte der Mann in akzentfreiem Deutsch. »Sehr kompliziert. Und viel zu kompliziert für Kinder.«
    »Bist du Dinoforscher?«
    »So etwas Ähnliches.« Er berührte mit dem Zeigefinger den Touchscreen seines Handys und der Bildschirm wurde schwarz. »Ich glaube, du musst jetzt wirklich zu deinen Eltern zurück, mein Kleiner. Die machen sich sonst noch Sorgen. Außerdem soll man in deinem Alter nicht mit fremden Leuten sprechen. Hat man dir das nicht beigebracht?«
    »Ich habe die Kugel gesehen«, sagte der Junge. Er trug ein graues Star-Wars -T-Shirt, und blonde Locken lugten vorwitzig unter seinem roten Winnie-the-Pooh- Käppi hervor. Er sah aus wie die typische Klette, die Schwierigkeiten machte. Genau die Sorte Kind, vor der sie im Training immer gewarnt wurden.
    »Ist die aus echtem Gold?«
    »Nein, ist sie nicht.«
    »Und wie machst du, dass die laufen kann?«
    Der Mann im schwarzen Mantel musste lächeln. Der Kleine gefiel ihm. Neugierde war die Grundvoraussetzung dafür, Neues zu erschaffen. Er sah den Jungen sehr ernst an und sagte: »Ich bin ein Außerirdischer vom Planeten Mars. Und ich bin mit einem Raumschiff auf die Erde gekommen, um das Leben der Menschen zu erforschen. Aber das darfst du niemandem verraten, hörst du? Sonst muss ich dein Gehirn einfrieren.«
    Der blonde Junge sah ihn mit Augen an, die so groß wie Untertassen waren, und nickte ehrfürchtig und stumm. Dann rannte er, so schnell er konnte, zu seinen Eltern und rief: »Mama! Papa! Guckt mal! Da ist ein Mann, der ist aus dem Weltraum gekommen! Er will mein Gehirn einfrieren.«
    Der Vater und die Mutter des Jungen sahen in seine Richtung. Der Mann in Schwarz lächelte und winkte ihnen zu. Denn wenn er etwas wusste, dann eins: Übertreibung bot in den meisten Fällen Schutz. Der Vater sah schuldbewusst auf seinen Sohn und erwiderte schüchtern den Gruß.
    Eine weitere Berührung des schwarzen Touchscreens und das gestochen scharfe, grünliche Bild der Nachtsichtkamera war wieder auf dem Display zu sehen. Jetzt war auch die Inschrift der Gravurplatte deutlich zu erkennen:
     
In diesem Gefäß
werden das Herz & das Gehirn & etc.
des verstorbenen
Lord Noel Byron
verwahrt
     
    Am besten gefiel ihm die Bemerkung »& etc.« – was immer das bedeuten mochte. Blieb nur zu hoffen, dass der Behälter über all die Jahre auch dicht gehalten hatte. Aber das würden andere überprüfen müssen.
    Um einen letzten Test durchzuführen, gab er eine kurze Tastenkombination ein, und zwischen den Vorderbeinen der Spinne wurde, gleich neben dem Kameraauge, ein Sensor ausgefahren. Innerhalb weniger Sekunden erschienen Zahlenkolonnen mit Daten am rechten Bildrand.
    Die Raumtemperatur des Gewölbes betrug 12° Celsius. Die Luftfeuchtigkeit lag bei 50 %. Und der Luftdruck betrug genau 1013,25 Hektopascal. Die Messung ergab keinerlei Schadstoffe, sah man mal von den üblichen Schwermetallen ab, die sich ohnehin in jeder Umgebung ablagerten. Ganz gewöhnliche Werte also.
    Das stumm geschaltete Handy vibrierte. DARWIN NIGHT RUFT AGENT ABRAHAM CARRUTHERS stand auf dem Display. Auch wenn er es am liebsten hinausgeschoben hätte, drückte der Mann im schwarzen Mantel den roten OK-Button, auf dem sich eine 3-D-Animation des Night’s-Agency-Logos drehte – ein Monogramm aus den verschlungenen goldenen Buchstaben N und A. Darwin Nights besorgtes Gesicht erschien auf dem Display.
    »Sir?«
    »Wir haben gerade ihre Übertragung erhalten, Agent Carruthers«, sagte Night. »Großartige Arbeit. Erstklassig.«
    Der Mann im schwarzen Mantel, der Abraham Carruthers hieß, war nicht
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