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Das Frankenstein-Projekt (German Edition)

Das Frankenstein-Projekt (German Edition)

Titel: Das Frankenstein-Projekt (German Edition)
Autoren: Robert C. Marley
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nachgesehen hatte, was für ein Tag überhaupt war.
    »Oh nein!«, rief ich. »Ist heute Mittwoch?«
    »Hmm, das klingt interessant«, meinte die Dad-Puppe hinter der Zeitung.
    Ich schaute am oberen Zeitungsrand nach. Ja, es war tatsächlich Mittwoch. Mittwoch, der 15. September.
    »Heute habe ich meine Karate-Vorführung!«, sagte ich. Das hatte ich vollkommen vergessen. Das Problem war, dass ich im Juni, also vor den Sommerferien, zugesagt hatte, die Vorführung zu übernehmen. Direktor Woodman hatte gefragt, ob ich es machen könnte. Ich hatte natürlich Ja gesagt, und er hatte gemeint, ich solle mir das Datum merken, was ich ihm zusicherte – ich hatte es allerdings nicht aufgeschrieben. Manchmal hatte ich daran gedacht, es dann aber wieder vergessen. Ich hatte nicht einmal dafür geübt.
    Ich spürte den ersten gepressten Atem der Nervosität in der Brust, und mein Herz pochte wild. Nicht, dass ich nicht vorbereitet gewesen wäre; ich trainierte fast jeden Tag und war immer bereit zu zeigen, was ich konnte. Und ich wusste, dass ich einen frisch gewaschenen Karate Gi und alle anderen Sachen, die ich brauchte, oben in meinem Schrank hatte.
    Nein, was mich nervös machte, war die Tatsache, dass die Vorführung während der Schülerversammlung in der Aula stattfinden würde. Alle elften Klassen würden zusehen, und wie immer würde die Schülervertretung – Präsident, Vizepräsident und Kassenwart – auf ihren offiziellen Plätzen in der ersten Reihe sitzen.
    Und die Vizepräsidentin war Beth Summers. Sie war so hübsch und so nett, dass ich gar nicht erst darüber sprechen will.

Karate. Meine Karate-Vorführung. Das war es, was mir blitzartig ins Gedächtnis kam, als ich an den Riemen zerrte, mit denen ich an den Stuhl gefesselt war. Also war der letzte Tag, an den ich mich erinnern konnte, nicht wirklich ein völlig normaler Tag gewesen. Da war meine Karate-Vorführung und da war Beth Summers, die von der ersten Reihe aus zusah. Nicht, dass das irgendetwas erklären würde. Nicht, dass es erklären würde, warum ich, mit Blutergüssen und Brandwunden bedeckt, an einen Stuhl gefesselt aufwachte, und zwei Männer, die den Befehl hatten, mich umzubringen, jeden Moment zur Tür hereinkommen würden. Aber es erinnerte mich an etwas. Ein greifbarer Gedanke drängte sich in mein vor Panik rasendes Gehirn.
    Karate. Ich hatte den Schwarzen Gürtel. Ich war Kampfsportler, und zwar ein guter. Ich war zum Kämpfen ausgebildet.
    Okay, wahrscheinlich hört sich das merkwürdig an. Wie hätte ich kämpfen sollen, an einen Stuhl gefesselt, der am Boden festgeschraubt war? Wie hätte ich kämpfen sollen, wenn alle meine vier Waffen – beide Beine und beide Arme – lahmgelegt waren? Wie hätte ich kämpfen sollen, wenn die Männer, die den Auftrag hatten, mich zu töten, direkt vor der Tür standen?
    Ich muss zugeben: Es sah nicht gut aus. Aber der Gedanke an meine Kampfsportausbildung war nicht der einzige, der sich in meinen Kopf drängte. Da war auch noch die Churchill-Karte.
    Als Sensei Mike, mein Karate-Lehrer, mir die Churchill-Karte gab, sagte er, ich solle sie zusammenfalten und in meiner Brieftasche aufbewahren. Das tat ich. Und ich schaute mir die Karte vor jedem Turnier an, vor jeder wichtigen Prüfung in der Schule und bei allen anderen passenden Gelegenheiten. Es war nur eine 8 x 13 cm große Karteikarte, und Sensei Mike hatte mit Kuli ein paar Sätze darauf geschrieben. Es waren die Worte von Winston Churchill, dem Premierminister von Großbritannien während des Zweiten Weltkriegs. Als die Nazis den größten Teil Europas besetzt hatten und Hitler versuchte, seine teuflische, abscheuliche und mörderische Philosophie in der ganzen Welt zu verbreiten, forderte Churchill die Briten auf, ihre kleine Insel zu verteidigen. Hitler bombardierte sie immer wieder, aber unter der Führung von Churchill wehrten sich die Menschen und hielten durch, bis die Vereinigten Staaten in den Krieg eintraten und ihnen zum Sieg verhalfen.
    Dies sind die Worte, die Sensei Mike auf meine Karte geschrieben hatte:
    Nie, niemals darfst du aufgeben, niemals, niemals, niemals  – in keinem Punkt, sei er groß oder klein, bedeutend oder belanglos  – , gib niemals auf, außer aus ehrenvoller Überzeugung oder Vernunft. Ergebe dich nie der Gewalt, ergebe dich nie der scheinbar überwältigenden Macht des Feindes.
     
    Ich hatte keine Ahnung, wie ich hierhergekommen war. Ich wusste nicht, wie es sein konnte, dass ich mich an
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