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Das Feenorakel

Titel: Das Feenorakel
Autoren: Jeanine Krock
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ihr Interesse an der Stelle bekundete. Als er sie jedoch genauer betrachtete, schüttelte er den Kopf. «Ich glaube, du bist zu jung für diese Arbeit. Hast du so was überhaupt schon mal gemacht?»
    Alva musste zugeben, dass sie keinerlei Erfahrung in der Gastronomie hatte.
    Bedauernd sagte er, er könne nur erfahrene Kellnerinnen beschäftigen, seine Gäste erwarteten einen guten Service und die Konkurrenz sei groß. Aber er hatte einen Tipp für sie. «Die Straße weiter runter, gleich hinter dem Durchgang zur Kirche, ist ein Jobcenter. Da kann man dir bestimmt helfen.»
    Höflich bedankte sich Alva und folgte seinem Rat.
    Ihre Beraterin war sehr nett. Es dauerte eine Weile, bis alle Fragebögen ausgefüllt waren, aber am Ende fehlte nur noch ihr Zeugnis. Als Alva zugab, dass es nicht besonders gut war, lachte die Frau und sagte, sie sei einiges gewohnt und wolle es sich erst einmal ansehen. Dann könne man immer noch entscheiden, welchem zukünftigen Arbeitgeber man es zeigen wollte und welchem lieber nicht.
    Obwohl alles recht gut gelaufen war, fühlte sich Alva elend, als sich die Glastür des Jobcenters lautlos hinter ihr schloss. Sie hatte keine der Fragen nach Berufserfahrung positiv beantworten können. Und ihre musikalischen Talente schienen die Arbeitsvermittlerin nicht besonders beeindruckt zu haben.
    Trotzdem hatte sie zum Schluss mütterlich Alvas Hand getätschelt. «Ich werte das jetzt mal aus und dann finden wir schon was für dich. Mach dir keine Sorgen!»
    Um sich zu trösten, bummelte Alva noch weiter durch die Straßen, bis sie in einer Gasse einen Laden entdeckte, in dem es nicht nur die ungewöhnlichsten Klamotten gab, die sie je gesehen hatte, sondern in einem abgetrennten Bereich auch einen Friseur. Das war es! Die Farbe hatte sie ja schon geändert, warum also nicht auch den Schnitt?
    Eine gute Stunde später war es vollbracht. Entzückt betrachtete sie ihr Spiegelbild: Ihre schrägen Augen wirkten noch ein bisschen größer, die Frisur betonte ihre hohen Wangenknochen und ließ das Gesicht zart und ein bisschen exotisch erscheinen. Zwei Mädchen sahen herüber und begannen zu tuscheln. Alva sah die Friseurin fragend an. Die zeigte auf ein Plakat. «Sie halten dich für das Model dort.»
    Und tatsächlich erkannte sie eine gewisse Ähnlichkeit mit der jungen Frau, die überlebensgroß auf sie herablächelte. Ein merkwürdiges Gefühl beschlich sie, etwas wie eine Ahnung, die ihr vorgaukelte, das Mädchen auf dem Plakat wäre tatsächlich sie selbst. Alva schüttelte den Kopf, um diesen absurden Gedanken loszuwerden. Wieso sollte jemand Plakate von ihr aufhängen?
    Von dem Kompliment geschmeichelt gab sie der Frau aber doch ein großzügiges Trinkgeld, das sie sich eigentlich gar nicht leisten konnte. Ebenso wenig wie den teuren Friseurbesuch selbst. Sie würde sich einen Haushaltsplan machen müssen. Doch heute war ihr der Zustand ihres Kontos gleich und deshalb schleppte sie bald darauf schwer an den Tüten, die sie im Supermarkt mit ausgewählten Leckereien gefühlt hatte.
    Es war jetzt später Nachmittag, doch in der Wohnung herrschte immer noch Stille. Sie trug die beiden Pflanzen, die sie vor dem sicheren Tod im Supermarkt gerettet hatte, auf den Balkon und machte sich sofort an die Arbeit. Sobald ihre Hände in die schwarze Erde eintauchten, die ein unbekannter Vormieter in die Blumenkästen gefüllt hatte, entspannte sie sich. «Ihr werdet es gut bei mir haben!», versprach sie den traurigen Gewächsen, bevor ihr die unausgepackten Einkäufe wieder einfielen.
    Schnell beendete sie ihre Arbeit, lief in die Küche, füllte den Kühlschrank und beschloss, im größten Topf, den sie finden konnte, Spaghetti zu kochen, dazu ausreichend Tomatensoße, damit auch ihre Mitbewohner etwas zu essen haben würden, wenn sie später nach Hause kämen. Und weil es etwas zu feiern gab – wenn auch keinen neuen Job, so doch ihre neu gewonnene Freiheit –, gönnte sie sich ein Glas Wein.
    Ein bisschen benommen von dem ungewohnten Alkohol und furchtbar satt wollte sie gerade das Geschirr spülen, da läutete es an der Tür. Alva öffnete und ein Mann stand neben zwei großen Umzugskartons. «Sind Sie Alva...?», er versuchte den Nachnamen zu lesen.
    Die Kisten waren tatsächlich an Alva adressiert und sie unterbrach ihn aufgeregt. «Ja, das bin ich.» Eilig unterschrieb sie.
    «Sie sollten aber wirklich ihren Namen unten an die Tür machen. Nicht jeder wäre mit dem schweren Zeug bis in den ersten
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