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Das falsche Urteil - Roman

Das falsche Urteil - Roman

Titel: Das falsche Urteil - Roman
Autoren: H kan Nesser
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Dass dieser Jahrens etwas mit den Morden zu tun hatte. Den Verhavenmorden, meine ich. Sie hatten immer schon das Gefühl, wollten aber nichts sagen. Ja, das behaupten sie auf jeden Fall.«
    DeBries dachte nach.
    »Ja verdammt«, sagte er dann. »Und auf diese Weise hat er nun doch seine Strafe erhalten, meinst du?«
    »Kann schon sein«, sagte Rooth. »Aber wahrscheinlich haben wir es mit Verrückten zu tun, die sich wichtig machen wollen. Und wie auch immer, uns kann das nun wirklich egal sein.«
    DeBries schwieg einige Sekunden. Dann zuckte er mit den Schultern.
    »Richtig, der Fall ist ja eingestellt worden, wenn ich das richtig verstanden habe. Komische Geschichte ... finde ich zumindest. Aber wir haben ja auch sonst alle Hände voll zu tun.«
    »Mehr als nur die Hände«, sagte Rooth.

     
    »Darf man Platz nehmen?«, fragte Mahler und setzte sich auf den freien Stuhl. »Warum sitzt du eigentlich hier?«
    »Ich sitze, wo ich will«, erklärte Van Veeteren. »Ich bin krankgeschrieben, und das Wetter ist gar nicht schlecht. Ich schau gern zu, wie sich andere Leute in ihren Laufrädern abstrampeln ... und außerdem habe ich ein Buch, in dem ich blättern kann.«
    Mahler nickte verständnisvoll.
    »Ist vielleicht nicht das Richtige für Sonnenschein.«
    Er schaute über den Platz hinaus und winkte einer Kellnerin.
    »Zwei Dunkle«, sagte er.
    »Man dankt«, sagte Van Veeteren.
    Sie warteten auf das Bier, tranken einander zu und ließen sich zurücksinken.
    »Na, wie ist das gelaufen?«, fragte Mahler.
    »Was denn?«
    »Red keinen Unsinn«, sagte Mahler. »Ich hab dir schließlich ein Bier und eine Gedichtsammlung ausgegeben, zum Teufel.«
    Van Veeteren trank noch einen Schluck.
    »Schon wahr«, sagte er. »Und jetzt ist es jedenfalls vorbei.«
    »Er konnte also dem Druck nicht standhalten?«
    Der Kommissar dachte kurz nach.
    »Ganz recht«, sagte er dann. »Poetischer lässt sich das einfach nicht ausdrücken.«

XIII
19. Juni 1994

44
    Auf dem Friedhof von Kaustin standen Linden und Ulmen und vereinzelt auch Rosskastanien, deren ausufernde Wurzelsysteme dem Friedhofsgärtner Maertens, wenn er mit dem Spaten darauf stieß, immer wieder ein lautes Fluchen entlockten. An diesem Sommersonntag jedoch hatte er – wie die anderen, die das frisch geöffnete Familiengrab umstanden – allen Grund, anders zu denken. Den dichten Kronen, die während der schlichten Beisetzungszeremonie Schatten und zumindestens eine gewisse Kühlung schenkten, Dankbarkeit entgegenzubringen.
    Wenn sie unter der brennenden Sonne gestanden hätten, hätte es durchaus zu einer Ohnmacht kommen können.
    Sie waren nur zu siebt. Und drei waren beruflich anwesend, Maertens selber, Kantor Wolff und Pastor Kretsche. Die anderen waren Frau Hoegstraa, diese alte Schwester, der sicher auch nicht mehr viele Jahre blieben, und zwei Polizisten aus Maardam, die vor einigen Wochen hier herumgeschnüffelt hatten, wobei aber natürlich nichts herausgekommen war. So war es nun einmal. Leopold Verhaven war unter der Erde. Zumindest ein großer Teil von ihm; natürlich waren die fehlenden Körperteile nie gefunden worden. Sollten sie jemals auftauchen, könnten sie sie ja immer noch ins Grab stopfen ... manchmal konnte man sich fragen, was die Polizei eigentlich den ganzen Tag machte. Und wofür sie bezahlt wurde.

    Aber auch das war nun einmal so. Er hatte keine Lust, sie zu fragen. Wartete eigentlich nur darauf, dass Kretsche zum Ende kam, damit er die Schotten dicht machen und sich zu Hause im Fernsehen das Fußballländerspiel ansehen konnte.
    Der Pastor sprach über Unergründlichkeit. Über die alles überwindende Liebe und Gnade des Herrn. Und über Vergebung.
    Ja, was, zum Teufel, sollte er auch sonst sagen? Maertens seufzte und lehnte sich diskret an einen Ulmenstamm. Schloss die Augen und spürte einen leichten Wind, der jetzt über den Friedhof strich, er war kaum zu bemerken und schenkte auch keine Kühlung. Vor seinem inneren Auge sah er ein großes, beschlagenes Bierglas in seiner Hand vor dem Fernseher.
    Eija, wären wir da, dachte er und fragte sich, woher zum Henker ihm dieser Spruch gekommen war. War vielleicht aus der Bibel; in seinem Beruf war es unvermeidbar, dass er in dieser Hinsicht so einiges aufschnappte.
    Er öffnete die Augen und betrachtete die Gruppe. Frau Hoegstraa trug einen Trauerflor, sah verbissen aus und vergoss nicht eine Träne. Kretsche redete und redete, wie immer. Wolff schien auch fast zu schlafen. Der ältere Polizist
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