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Das falsche Urteil - Roman

Das falsche Urteil - Roman

Titel: Das falsche Urteil - Roman
Autoren: H kan Nesser
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ein. Jahrens drückte seine Zigarette aus und schaute wieder aufs Meer.
    »Bitte, sag mir doch, ob irgendein Detail meiner Rekonstruktion
nicht stimmt«, sagte Van Veeteren und ließ sich im Sessel zurücksinken.
    »Bisher also alles korrekt? Ja, das hatte ich mir schon gedacht«, stellte Van Veeteren zufrieden fest. »Vielleicht möchtest du jetzt weitererzählen? Wie du sie vergewaltigt und erwürgt hast ... oder war das andersherum?«
    »Ich werde Ihre Vorgesetzten über dieses Gespräch informieren«, sagte Jahrens nach einigen Sekunden. »Und zwar schon morgen früh.«
    »Sehr schön«, sagte Van Veeteren. »Noch einen Schluck Whisky?«
    Wortlos griff Jahrens zur Flasche und schenkte sich nach. Van Veeteren hob sein Glas, aber sein Gastgeber würdigte ihn keines Blickes. Sie tranken schweigend.
    »Nummer zwei«, sagte Van Veeteren dann. »Marlene Nietsch.«
    Jahrens hob die Hand.
    »Nein, danke«, sagte er. »Es reicht jetzt. Bitte, scheren Sie sich mit Ihren verdammten Einbildungen zum Teufel. Ich habe Wichtigeres zu tun als ...«
    »Kommt nicht in Frage«, fiel Van Veeteren ihm ins Wort. »Ich bleibe hier.«
    Jahrens schnaubte und sah zum ersten Mal ein wenig ratlos aus. Wird aber auch Zeit, dachte Van Veeteren.
    »Na gut. Entweder versprechen Sie mir, in spätestens einer halben Stunde von hier verschwunden zu sein oder ich hole die Polizei.«
    »Ich bin die Polizei«, teilte Van Veeteren freundlich mit. »Wäre es nicht besser, Sie holten einen Anwalt? Einen guten Anwalt ... Sie haben zwar trotzdem keine Chance, aber es ist immer ein besseres Gefühl, alles Menschenmögliche versucht zu haben, glauben Sie mir.«
    Jahrens steckte sich eine neue Zigarette an, schien aber das Telefon nicht anrühren zu wollen. Van Veeteren stand auf und schaute aufs Meer hinaus. Die Sonne war schon
vor einiger Zeit hinter dem Horizont versunken und blaue Dämmerung senkte sich über den Strand. Einige Minuten lang stützte er sich mit den Händen auf das niedrige Geländer und wartete auf irgendeine Bemerkung von Jahrens, die jedoch nicht erfolgte.
    Der saß einfach in seinem Korbsessel. Nippte an seinem Whisky und rauchte, und Van Veeterens Anwesenheit schien ihm nun wieder egal zu sein.
    Vielleicht hatte er sich ja niemals irgendwelche Sorgen gemacht. Nicht einmal für einen Moment.
    Also machen wir weiter, dachte Van Veeteren und setzte sich dem anderen gegenüber.
     
    Er goss die letzten Tropfen aus der Flasche und hielt sie über den Tisch.
    »Hält ja nicht lange«, sagte er und Jahrens lachte.
    Es war jetzt wirklich dunkel. Die kleine Lampe an der Balkonecke konnte ihr Licht nicht sehr weit leuchten lassen. Während der vergangenen halben Stunde war Arnold Jahrens zu einer mehr oder weniger bewegungslosen Kontur geworden. Zu einer dunklen Silhouette, deren Gesicht im Schatten lag, weshalb Van Veeteren nicht mehr sehen konnte, welche Wirkung seine Worte und Anstrengungen hatten. Wenn sie denn eine hatten.
    »Und Sie wollen also nicht erzählen, wo Sie seinen Kopf vergraben haben? Ist das nicht ein bisschen gemein, was meinen Sie? In Dantes Inferno würden Sie nicht sehr weit oben landen, das ist Ihnen doch bewusst?«
    Er war wieder zu der formelleren Anredeform zurückgekehrt; er wusste nicht so recht, warum, vielleicht hing es nur mit dem Alkohol und der Dunkelheit zusammen.
    Jahrens gab keine Antwort.
    »Wie wird Ihre Tochter reagieren, was glauben Sie?«
    »Worauf? Auf Ihre lächerlichen Unterstellungen?«
    »Lächerlich? Glauben Sie wirklich, dass sie lachen wird?«

    Jahrens lachte noch einmal, als wolle er wissen, ob in dieser Lage ein Lachen überhaupt angebracht sei.
    »Ihre Frau fand das jedenfalls nicht gerade witzig.«
    Jahrens entfuhr ein Schnauben. Aus dem ein ziemlicher Betrunkenheitsgrad herauszuhören war, fand Van Veeteren, und er beschloss sofort, auf dieses Urteil und diesen Umstand zu bauen. Jetzt, dachte er. Jetzt geht es aufs Ganze. Außerdem war er inzwischen auch selber alles andere als klar im Kopf; sie hatten zweifellos einiges gepichelt, und endlos viel Zeit blieb ihnen nicht mehr.
    »Möchten Sie das vielleicht herausfinden?«, fragte er.
    »Was denn?«
    »Wie Ihre Tochter auf das alles reagiert.«
    »Was, zum Teufel, soll das denn heißen?«
    Van Veeteren zog die kleine Nadel aus seinem Revers und hielt sie zwischen Daumen und Zeigefinger.
    »Wissen Sie, was das hier ist?«
    Jahrens schüttelte den Kopf.
    »Ein Sender. Wie Sie anfangs angenommen haben ...«
    »Spielt doch keine Rolle, zum
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