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Das erste Schwert

Titel: Das erste Schwert
Autoren: Anna Kashina
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zurückstürmte, auf der sie das Pferd und den Karren zurückgelassen hatten, um sich in die
     Or’hallas hinauszuwagen. Das braune Zugpferd fraß friedlich saftige Honigblumen. Der Karren sah unberührt aus.
    |24| Erle zwängte sich durch die Büsche am Straßenrand, hinaus ins Sonnenlicht. Ellah folgte ihm dichtauf und strubbelte sich gelben
     Pollen aus den zerzausten Zöpfen.
    »Hast du nicht etwas verloren, Skip?«, erkundigte Erle sich mit Unschuldsmiene.
    Skip schnappte sich die lederne Umhüllung, mit der Erle so betont lässig herumwedelte, schlug den seltsamen Gegenstand hastig
     darin ein und verstaute ihn tief in seiner Hosentasche.
    »Ich schlage vor, dass wir darüber in der Sumpfstadt kein Wort verlieren«, sagte Erle, als sie ihren Weg fortsetzten. »Nach
     allem, was wir wissen, könnte es gut möglich sein, dass die drei Mörder mittlerweile dort sind und schon im Gasthof herumschnüffeln.«
     
    Sie waren noch nicht weit gekommen, da mussten sie bereits wieder anhalten. Vor ihnen bog die Straße nach links, und plötzlich
     herrschte ringsumher nur mehr ein Tumult aus Hufschlag, Staub und zahllosen Geräuschen. Acht Priester auf Reitechsen brausten
     heran. Ein offener Karren rumpelte in ihrem Gefolge; eskortiert wurde er von mindestens einem Dutzend heiliger Wachen. Als
     die in wallende schwarze Kapuzenmäntel gehüllten Gestalten in Sicht kamen, umklammerte eine Grabeskälte Skips Herz. Zu ähnlich
     sahen diese Reiter den Mördern, die sie erst vor kurzem draußen in den Or’hallas beobachtet hatten.
    Schon der Gedanke allein war Blasphemie.
    Der Anführer der Priestergruppe hob in einer segnenden Geste die Hand. »Das Licht unseres Allgebieters Shal Addim sei mit
     euch, Kinder«, rief er ihnen im Vorbeireiten zu.
    Skip starrte ihn an wie einen Höllenboten. Täuschte er sich, oder bewegte sich die Reitechse des Mannes – ein übergroßes gelbes
     Monstrum mit einer zartrosa Färbung rings um die Ohren – plötzlich langsamer?
    |25| Burka schnaubte und schreckte zurück. Sie konnte Echsen nicht ausstehen. Skip legte dem Tier beruhigend die Hand auf den Hals.
    »Wir danken Euch, heiliger Bruder!«, antwortete Ellah mit der hellen Stimme eines guten Mädchens.
    Der Priester nickte. Die Kapuze rutschte ein wenig nach hinten und gab sein Gesicht frei. Jetzt erkannte ihn Skip. Es war
     Bruder Daniolos, der Prior der Sumpfstadt-Mission. Zweifellos der wichtigste Mann in den Waldlanden.
    Einfache Leute wie Erle, Ellah und er bekamen den Prior allenfalls aus der Ferne zu sehen, wenn er an hohen Feiertagen die
     Festlichkeiten beaufsichtigte. Was mochte geschehen sein, dass dieser wichtige Mann sich höchstpersönlich in den Sattel bemüht
     hatte?
    Du kennst die Antwort,
raunte eine boshafte Stimme in Skips Kopf.
Ein Bote war nach Eichenhain unterwegs, ein Bote für Bruder Nikolaos, ein Edelmann, der ein Päckchen bei sich trug, das wichtig
     genug war, um dafür zu morden.
    Skip fröstelte
.
Bruder Nikolaos war nicht wie andere Priester. Er war immer freundlich zu ihnen gewesen, fast wie ein Vater. Allein der Gedanke
     daran, der alte Mann könnte in eine Geschichte verstrickt sein, in der es um Edelleute, wilde Verfolgungsjagden und Mord ging,
     verwandelte Skips Herz in einen Klumpen. Plötzlich schien das kleine, in Leder eingeschlagene Ding in seiner Tasche ein ungeheueres
     Gewicht zu besitzen. Er dachte:
Wir sollten uns beeilen. Wir müssen nach Sumpfstadt, um unsere Waren zu holen.

|26| Die Sumpfstadt
    Die Sumpfstadt war an jener Stelle errichtet worden, wo der Fluss Elligar, nachdem er die Hecke erreichte, aus seinem breiten
     Bett ausbrach und sich in hundert winzigen Strömen in den Dunklen Pfuhl ergoss. Sie war der größte Handelsposten der Waldlande
     und zudem der letzte Ort, den man östlich der Hecke noch auf dem Wasserweg erreichen konnte. Für Skip, der die Haindörfer
     nie verlassen hatte, war die Sumpfstadt eine richtige Großstadt. Nicht weniger als hundert Häuser, allesamt durch breite Schwimmbrücken
     miteinander verbunden, erhoben sich auf hölzernen Plattformen und Pfahlkonstruktionen und klammerten sich an die viel zu kleinen
     Landzungen und Inseln, die so anders waren als der massive Grund und Boden, den in Eichenhain jedermann für selbstverständlich
     erachtete. Neben dem Gasthof gab es noch vier weitere Läden und sogar eine gepflasterte Straße, die zur Hain-Mission führte.
    Zum Gasthof von Sumpfstadt gehörten eine große Scheune und ein Stall; zu beiden
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